Anita Blake 06 - Tanz der Toten
erledigten jeder seine Aufgabe und gingen. Catherine bedachte mich mit einem tiefgründigen Lächeln. Ich wünschte, sie hätte recht. Früh nach Hause gehen und sich auf Richard stürzen, das schlug die Wahrheit um Längen. Monica beobachtete, wie wir die Party verließen. Mir war klar, dass sie und Robert Jean-Claude darüber berichten würden. Schön. Er wusste, dass ich mit Richard ausging. Ich hatte niemanden belogen. Monica arbeitete als Anwältin in Catherines Kanzlei - was an sich schon ein erschreckender Gedanke war -, ein legitimer Grund also, um eingeladen zu sein. Jean-Claude hatte das nicht arrangiert, aber ich mochte es nicht, bespitzelt zu werden, egal, wie es dazu kam.
Der Weg zum Auto war nervenaufreibend. Jeder Schatten war auf einmal ein potenzielles Versteck. Jedes Geräusch ein Schritt. Ich schaffte es, nicht die Waffe zu ziehen, aber meine Hand schmerzte davon. »Verdammter Mist«, sagte ich leise. Die Abgestumpftheit nutzte sich ab. Ich war nicht sicher, ob das eine Verbesserung darstellte.
»Was ist denn?«, fragte Richard, ohne mich anzusehen. Er blickte plötzlich prüfend in die Dunkelheit. Seine Nasenlöcher zitterten leicht, und ich begriff; dass er in den Wind schnupperte.
»Bin nur nervös. Ich sehe zwar niemanden, aber ich starre plötzlich überallhin.« »Ich rieche niemanden in unserer Nähe, aber er könnte in unserem Windschatten stehen. Die einzige Waffe, die ich rieche, ist deine.«
»Du kannst meine Pistole riechen?« Er nickte. »Du hast sie kürzlich gereinigt, ich rieche das Öl.«
Ich schüttelte belustigt den Kopf. »Du bist so stinknormal, da vergesse ich manchmal, dass dir einmal im Monat ein Fell wächst.« »Wenn man bedenkt, wie leicht du einen Lykanthropen erkennst, ist das glatt ein Kompliment. Glaubst du, dass ein Mörder aus dem Baum springt, wenn ich mal eben deine Hand nehme?«
Ich lächelte. »Im Augenblick sind wir wohl sicher.«
Er schloss die Finger um meine Hand, und mir lief ein Prickeln den Arm hinauf, als hätte er einen Nerv getroffen. Er rieb mit dem Daumen in kleinen Kreisen über meinen Handrücken und atmete tief durch. »Es tut beinahe gut zu wissen, dass dich diese Killersache auch nervös macht. Ich will nicht, dass du Angst hast, aber manchmal, wenn ich finde, dass du tapferer bist als ich, ist es schwer, dein Freund zu sein. Das klingt wie Machomist, oder?«
Ich sah ihn an. »Um mich herum gibt es eine Menge Machomist, Richard. Du weißt wenigstens, dass es Mist ist.«
»Darf dieser männliche Chauvi-Wolf dich küssen?«
»Jederzeit.« Er beugte sich zu mir herab, und ich stellte mich mit einer Hand an seine Brust gestützt auf die Zehenspitzen, um ihm entgegenzukommen. Wir konnten uns auch küssen, ohne dass ich mich auf die Zehenspitzen stellte, aber Richard bekam schnell einen steifen Hals.
Der Kuss war kürzer als sonst, weil ich dieses Kribbeln im Rücken hatte, zwischen den Schulterblättern. Ich wusste, es war Einbildung, aber ich fühlte mich draußen im Freien zu ungeschützt.
Richard spürte es und ließ mich los. Er ging zur Fahrerseite seines Wagens, öffnete die Tür und beugte sich hinein, um die andere zu entriegeln. Er kam nicht, um mir die Tür aufzuhalten. Er war klüger. Ich konnte mir meine Tür gut selbst öffnen.
Sein Wagen war ein alter Mustang Mach 1. Das wusste ich, weil Richard es mir erzählt hatte. Orangene Lackierung mit schwarzem Ralleystreifen. Die Sitze waren aus schwarzem Leder, aber so klein, dass wir Händchen halten konnten, wenn er die Gangschaltung nicht bediente.
Richard fuhr auf die 270 nach Süden. Der Freitagabendverkehr strömte mit funkelnden Lichtern um uns herum. Jeder war unterwegs, um sich ein schönes Wochenende zu machen. Ich fragte mich, wie viele einen Mörder auf den Fersen hatten. Einschließlich mir höchstens eine Handvoll.
»Du bist still«, meinte Richard. »Ja,« »Ich will nicht fragen, was dir durch den Kopf geht. Ich kann es mir denken.« Ich sah ihn an. Die Dunkelheit im Wagen hüllte uns ein. Autos bei Nacht sind eine eigene private Welt, still, dunkel, intim.
»Woher willst du wissen, dass ich mir nicht vorstelle, wie du ohne Klamotten aussiehst?« Er grinste mich an. »Du quälst mich.« Ich lächelte. »Entschuldigung. Keine sexuellen Anspielungen, bevor ich bereit bin, auf dich zu springen.«
»Die Regel hast du aufgestellt, nicht ich«, erwiderte Richard. »Ich bin schon ein großer Junge.
Weitere Kostenlose Bücher