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Anita Blake 05 - Bleich Stille

Anita Blake 05 - Bleich Stille

Titel: Anita Blake 05 - Bleich Stille
Autoren: Laurell K. Hamilton
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mich wieder bewegen konnte, hatte ich eine prima Aussicht auf den Boden.
     
    Ich arbeitete mich mit den Händen an seinem Rücken hoch, versuchte, möglichst viel Schwung zu holen, und ließ ihn meinen Unterkörper stützen. Doch bevor ich so weit war, trat er die Tür auf und warf mich auf den Boden, nicht gerade sacht. Er lehnte sich gegen die Tür und schloss ab.
     
    »Du musstest es dir unbedingt schwer machen, wie?«
     
    Ich kam auf die Beine und wich vor ihm zurück, was mich den Vampiren näher brachte. Keine Verbesserung. Ich wich in Richtung Theke zurück. Da musste eine Hintertür sein. »Ich kenne es nicht anders, Magnus.«
     
    Er holte tief Luft und stieß sich von der Tür ab. »Dann wird es ein langer Tag werden.«
     
    Ich legte eine Hand auf das glatte Holz der Theke. »Scheint so«, sagte ich. Die aufgeschnittene Zitrone und das Messer lagen gleich neben mir. Ich starrte zu Magnus hin, gab mir alle Mühe, nicht noch einmal zu dem Messer zu sehen. Bloß nicht seinen Blick darauf lenken. Was nicht halb so leicht ist, wie es sich anhört.
     
    Seine Augen huschten zu dem Messer. Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Tu das nicht, Anita.«
     
    Ich legte beide Hände auf die Theke und stemmte mich hinauf. Ich hörte ihn kommen, aber ich drehte mich nicht um. Niemals zurücksehen. Irgendjemand ist da immer, der näher kommt. Ich erwischte das Messer und rollte mich gleichzeitig über die Theke. Magnus' Gesicht tauchte zu schnell darüber auf. Ich war noch nicht bereit. Ich konnte nur mit dem Messer in der Hand zu ihm hochgucken. Wäre er nur ein bisschen langsamer gewesen, hätte ich ihn in den Hals gestochen, zumindest war es so geplant.
     
    Magnus hockte auf der Theke und sah zu mir herab. Seine wasserblauen Augen glitzerten. Licht und Farben spielten darin, reflektierten Dinge, die nicht da waren. Er blieb da oben, schaukelte leicht auf den Zehenballen, hielt mit einer Hand die Balance. Seine Haare waren nach vorn gefallen, hingen ihm in dicken Strähnen ins Gesicht. Er spielte wieder den Wilden wie neulich auf dem Grabhügel. Aber diesmal tat er nicht, als gehörte er zu den Guten. Ich rechnete damit, dass er auf mich sprang, aber er tat es nicht. Natürlich wollte er nicht mit mir kämpfen, er wollte mich nur von der Flucht abhalten.
     
    Ich warf einen Blick unter die Theke. Da gab es Schnapsflaschen, saubere Gläser, einen Kübel Eis, saubere Handtücher, Servietten. Nichts davon sah nützlich aus. Scheiße. Ich stand langsam auf, drückte mich mit dem Rücken an die Wand, so weit von Magnus entfernt, wie es ging. Ich fing an, zentimeterweise die Bar entlangzurücken, in Richtung Tür. Magnus kam seitlich in der Hocke mit und ließ die unbequeme Bewegung elegant aussehen.
     
    Er war schneller als ich und stärker, aber ich war bewaffnet. Das Messer war gute Qualität, ein Küchenmesser, kein Kampfmesser, aber ein gutes Messer ist ein gutes Messer. Es ist vielseitig. Ich musste mich zwingen, den Griff nicht zu fest zu halten, sondern entspannt. Ich würde hier rauskommen. Oh ja. Mein Blick huschte zu dem offenen Sarg von Serephina. Ich meinte, ich sähe sie atmen.
     
    Magnus sprang mich an. Sein Körper prallte gegen mich, und ich trieb ihm das Messer in den Bauch. Er stöhnte, und sein Gewicht brachte mich zu Fall. Ich stieß die Klinge bis zum Heft hinein. Er schloss die Faust um meine Hand und rollte sich von mir herunter. Das Messer nahm er mit.
     
    Ich kroch auf allen vieren um die Theke herum. Magnus wartete schon und riss mich mit einer Hand hoch. Sein Hemd war voller Blut. Er hielt mir das blutige Messer vors Gesicht. »Das tut weh«, sagte er. Er setzte mir die Schneide an den Hals. Es fühlte sich an, als wollte mein Puls der Klinge entgegenspringen. Magnus setzte sich rückwärts in Bewegung und zog mich mit sich.
     
    »Wohin gehen wir?«, fragte ich. »Du wirst schon sehen«, sagte er. Es gefiel mir nicht, dass er nichts verraten wollte.
     
    Er stieß mit den Füßen gegen Ellie. Wenn ich die Augen verdrehte, konnte ich hinter ihm Serephinas Sarg sehen. Mit einem Messer an der Kehle ist es schwer, den Kopf zu drehen. Er zog mich am Arm, aber ich ging nicht. Ich lehnte mich ein bisschen nach hinten, nur ein bisschen wegen des Messers, doch ich hatte mehr Angst vor Serephinas Sarg als vor irgendeiner Klinge.
     
    »Komm weiter, Anita.« »Erst wenn Sie mir sagen, was wir tun.« Ich redete sehr behutsam an dem Messer vorbei.
     
    Vor uns lag die reglose, knochenlose tote Ellie.
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