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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig
Autoren: Anne Golon
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Flut, ein Sturm trieb ihn zu der Frau, nach der er sich sehnte, eine überwältigende, blinde Gier, die verblüffte, wenn man sich angesichts dieses entfesselten Mannes der heiteren Beherrschtheit des Monarchen erinnerte.
Vor dem Bett schlug Angélique die Augen auf. Der König würde sich ihr bedenkenlos ausliefern, und sie fühlte sich stark, mütterlich und wissend genug, um ihn in ihren Armen zu empfangen und mit ihren Liebkosungen die unaussprechliche Qual dieses kraftvollen Körpers zu stillen. Aber diese spontane Regung erstarb alsbald. Alles in ihr verkrampfte sich, ihre weit aufgerissenen Augen starrten ins Dunkel.
»Das Gewitter!« murmelte sie. In der Ferne grollte der Donner. Der König sah ihren verstörten Blick.
»Warum fürchtet Ihr Euch?«
Doch er spürte in seinen Armen nur noch eine harte, widerspenstige Form. Sie entwand sich ihm und lief zum Fenster, presste ihre glühende Stirn gegen die kühlen Scheiben.
»Was ist nun wieder?« fragte er.
Seine Stimme bebte vor verhaltenem Zorn.
»Diesmal ist es nicht mehr Scham. Euer Zögern offenbart einen Zwiespalt, den ich seit langem spüre. Zwischen uns steht ein Mann!«
»Ja.«
»Wer ist es?«
Sie fuhr herum, plötzlich verwandelt, mit geballten Fäusten und funkelnden Augen.
»Joffrey de Peyrac, mein Gatte, den Ihr auf der Place de Grève bei lebendigem Leibe verbrennen ließet!«
Langsam hob Angélique die Hände zu ihrem Gesicht. Ihr Mund war halb geöffnet, sie schien nach Atem zu ringen.
»Joffrey de Peyrac«, wiederholte sie. »Was habt Ihr ihm angetan, diesem Sänger, diesem Genie, diesem großen hinkenden Narren, der Toulouse in seinen harmlosen Bann schlug? Wie könnte ich Toulouse, wie könnte ich ihn vergessen…!«
Sie verstummte, sah nur dies eine Bild, die riesenhafte, dunkelpurpurne, gelblich rote Blüte eines an einem Winterabend verlöschenden Scheiterhaufens. Vor ihr waren nur noch das Feuer und die Nacht. Ein jäher Schluchzer schüttelte sie, und ihr Blick verdüsterte sich.
»Sein Palais ward dem Erdboden gleichgemacht, sein Sohn hat keinen Namen mehr, seine Freunde haben ihn verleugnet, seine Feinde vergessen. Ihr habt ihm alles genommen... Nur eines werdet Ihr nicht haben: mich, seine Frau…«
Draußen hatte der Regen zu rinnen begonnen. Das Gewitter lastete noch immer auf der Natur – eine kurze, stürmische Nacht mitten am hellichten Tage.
»Vielleicht habt Ihr all das vergessen«, fuhr sie mit gedämpfter Stimme fort. »Was bedeutet schließlich ein Mensch für einen so mächtigen Monarchen wie Euch? Ein Staubkorn, dessen Asche in die Seine geweht wurde. Ich aber kann es nie und nimmer vergessen. Ich bin in den Louvre gegangen und habe Euch angefleht, doch Ihr habt mich zurückgestoßen. Ihr wusstet, dass er unschuldig war, aber Ihr wolltet seine Verurteilung, weil Ihr seinen Einfluss auf das Languedoc fürchtetet. Weil er reicher war als Ihr! Weil er nicht knechtisch zu Euren Füßen kroch. Ihr habt die Richter bestochen, damit sie ihn verdammten. Ihr habt den einzigen Zeugen ermorden lassen, der ihn hätte retten können. Ihr habt ihn foltern, habt ihn zugrunde gehen lassen. Und mich... mich und meine beiden Kinder habt Ihr der Verlassenheit und dem Elend ausgeliefert... Wie könnte ich all das vergessen!«
Sie weinte in kurzen Schluchzern, tränenlos, und im Geist erlebte sie noch einmal namenlose Schrecken, unvergessliche Kümmernisse. In ihrem prunkenden Kleid wirkte sie ebenso verstört und erbarmungswürdig wie damals die arme Marquise der Engel aus den Untergründen von Paris.
Der König stand ein paar Schritte von ihr entfernt wie vom Blitz getroffen. Die Minuten dehnten sich endlos. Reden? Schweigen? Weder Worte noch Schweigen vermochten die Vergangenheit zu tilgen. Sie richtete zwischen ihnen eine unübersteigbare Mauer auf. Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Fensterscheiben drangen, ließ der König den Blick über die Gärten schweifen. Mit gemessenen Schritten ging er zum Sessel, griff nach seinem Hut und setzte ihn auf. Dann wandte er sich zu Angélique.
»Kommt, Madame. Die Hofgesellschaft wartet gewiss auf uns.«
Da sie sich nicht rührte, wiederholte er nachdrücklicher: »Kommt. Wir wollen uns nicht unnötig verspäten. Wir haben schon zuviel gesagt.«
Die junge Frau schüttelte den Kopf.
»Nein, nicht zuviel. Einmal musste ich es sagen.«
Sie fühlte sich wie zerschlagen, aber sie mühte sich, die würdevolle Haltung des Königs nachzuahmen. Sie ging zum Spiegel und brachte ihr Haar und ihre Kleidung
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