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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig
Autoren: Anne Golon
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seine Grenzen überschreiten, ein toter Mann seid!«
Maurel zog sich zurück; hinter ihm schloss Bontemps die Tür.
Der König stand auf und verließ seinen Platz hinter dem Arbeitstisch.
»Angélique!«
Es klang wie der Schrei eines verwundeten, taumelnden Menschen. Sie lief zu ihm. Er drückte sie an seine Brust. Sie spürte das Gewicht der müden königlichen Stirn an ihrer Schulter.
»Angélique, mein Engel!«
»Ich bin da.«
»Diese Greuel«, murmelte er, »diese gemeinen, trügerischen Menschen!«
Und dabei wusste er nicht alles. Eines Tages würde er wissen. »Eines Tages werden wir den Schleier lüften«, hatte La Reynie gesagt. Dann würde er sich allein in einem Meer von Schande, von unfasslichen Verbrechen finden.
»Lasst mich nicht allein.«
»Ich bin da!«
»Wohin ich auch den Blick wende, es gibt niemand, dem ich Vertrauen schenken kann.«
»Ich bin da…«
Endlich schien er sie zu hören. Er hob den Kopf und sah ihr tief und fragend in die Augen.
»Ist es wahr? Angélique, Ihr werdet mich nicht mehr verlassen?«
»Nein.«
»Ihr werdet meine Freundin sein... werdet mir gehören?«
Sie nickte. Ganz langsam hob sie die Hand und strich sanft über sein müdes Gesicht.
»Ist es wahr?« wiederholte er hoffnungsvoll. »Ach, es ist wie…«
Er suchte nach einem Wort, um seinem Staunen Ausdruck zu verleihen; er sah den neuen Tag, der einen rosigen Schimmer auf die Vorhänge warf.
»Es ist wie die Morgenröte... Ein Pfand des Lebens, der Stärke... das Ihr mir nach dieser schrecklichen Nacht gebt, in der der Tod uns heimgesucht hat. Ach, mein Herz! Ihr werdet mein sein! Mein! Ich werde diesen Schatz besitzen…«
Er presste sie in heftiger Leidenschaft an sich. Sie spürte, wie seine beharrliche Kraft sich ihr mitteilte, und gleich ihm hatte sie die Gewissheit, dass ihr Bund sie der Welt gegenüber unbesiegbar machen würde. Am Ende eines langen Kampfes sahen sie das Problem sich lösen, und in ihre gemarterten Herzen kehrte plötzlich belebender Friede ein…
Bontemps musste mehrmals an die Tür klopfen.
»Sire, es ist Zeit.«
Angélique löste sich aus den Armen, die sie nicht freigeben wollten.
»Sire, es ist Zeit«, wiederholte sie.
»Ja. Ich muss wieder König werden. Aber ich fürchte, wenn ich Euch gehen lasse, werdet Ihr mir wieder entwischen.«
Sie schüttelte den Kopf mit einem traurigen und müden kleinen Lächeln. Die Strapazen dieser Nacht machten sich im Zittern ihrer Lider bemerkbar, und die leichte Verwirrung ihres Haars verlieh ihr das Aussehen einer erschöpften Liebenden. Der König wurde bleich.
»Ich liebe Euch«, sagte er mit dumpfer Stimme. »O mein Engel, ich liebe Euch, geht nicht mehr von mir!«
Nach der üblichen Zeremonie des königlichen Levers begab sich die Hofgesellschaft wie an jedem Morgen zur Messe des Königs. Dieser schritt mit ausdruckslosem Gesicht zu seinem Platz. Während Monsieur Bossuet gemessen die Kanzel bestieg, war ersticktes Schluchzen zu hören. In dem vergoldeten Licht, das durch die Fenster fiel, sah man sein kräftiges, rotes Gesicht und seine hohe Gestalt in Spitzenchorhemd und schwarzem Käppchen.
Er ließ eine gute Weile Stille herrschen, dann fiel seine Hand schwer herab, während seine mächtige Stimme zu den Gewölben der Hofkapelle aufstieg:
    »O unheilvolle Nacht! O Nacht des Grauens, in der plötzlich gleich einem Donnerschlag jene Kunde widerhallte: Madame liegt im Sterben! Madame ist verschieden!... Madame ist vom Morgen bis zum Abend vergangen wie das Gras. Am Morgen stand sie in Blüte, und in welcher Anmut, das wisst Ihr. Am Abend sahen wir sie verdorrt... Welche Plötzlichkeit! In neun Stunden ist das Werk vollbracht... O Eitelkeit der Eitelkeiten…«

Zweiundfünfzigstes Kapitel

    Inmitten der Schaluppen im Bassin verankert, zwischen zwei kleinen englischen Fahrzeugen, einer neapolitanischen Feluke und einer biskayischen Galeere, schaukelte das große Schiff wie ein Schmetterling auf dem grünen Teppich.
Es war eine mit kleinen bronzenen Kanonen bestückte Miniaturfregatte, deren mit Lilien, Muscheln und Meeresgöttern verzierter Rumpf golden glänzte. Die Taue waren aus rosa oder purpurner Seide, das Schanzkleid und die Behänge aus Damast und Brokat, mit goldenen und silbernen Fransen besetzt. An den Segeln und den blau und goldfarben bemalten Masten wehten die Wimpel, die Fahnen und Stander in einer heiteren, bunten Symphonie, und überall blinkten in Gold und Silber das Wappen und die Initialen des Königs.
Von diesem Kleinod, diesem
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