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Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges

Titel: Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
Autoren: Anne Golon
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eine Art Helm auf dem Kopf, der ihn wie einen Soldaten erscheinen ließ. Aber viele waren in farb- und formlose, zerschlissene Lumpen gekleidet. Im morgendlichen Nebel, der aus den Sümpfen aufstieg, hörte man ihre Rufe. Inzwischen waren es bloß noch ein gutes Dutzend Männer. Ein kleines Stück hinter dem Haus der Merlots blieben sie stehen, um sich gegenseitig ihre Beute zu zeigen. Ihre Gesten und Diskussionen verrieten, dass sie sie recht kümmerlich fanden: ein paar Laken und Taschentücher
aus den Wäschetruhen, Krüge, große Brote, Käselaibe. Aber einer von ihnen biss herzhaft in einen Schinken, den er am Knochen festhielt. Die gestohlenen Tiere waren schon fortgetrieben worden. Die letzten Plünderer packten ihre ärmlichen Beutestücke in zwei, drei Ballen und gingen davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Es dauerte lange, bis Angélique und Nicolas aus dem Schutz der Bäume hervorkamen. Die Sonne strahlte bereits am Himmel und ließ den Tau auf der Wiese funkeln, als sie sich zum Weiler hinabwagten, der inzwischen seltsam still dalag.
    Als sie sich dem Hof der Merlots näherten, begann ein Säugling zu schreien.
    »Das ist mein kleiner Bruder«, flüsterte Nicolas, »wenigstens er ist noch am Leben.«
    Da sie fürchteten, einer der Räuber könnte zurückgeblieben sein, schlichen sie lautlos auf den Hof. Sie fassten einander an der Hand und hielten nahezu bei jedem Schritt inne. Als Erstes stießen sie auf die Leiche des Vaters Merlot, der mit dem Gesicht in seinem Misthaufen lag. Nicolas beugte sich zu ihm hinab und versuchte, den Kopf seines Vaters anzuheben.
    »Sag, Papa, bist du tot?«
    Er richtete sich wieder auf.
    »Ich glaube, er ist tot. Sieh nur, wie weiß er aussieht, sonst ist er immer ganz rot im Gesicht.«
    Im Haus brüllte sein Bruder wie am Spieß. Er saß auf dem zerwühlten Bett und fuchtelte verzweifelt mit seinen kleinen Händchen. Nicolas rannte zu ihm und nahm ihn in die Arme.
    »Danke, Heilige Jungfrau, der Kleine hat nichts abbekommen.«
    Mit vor Entsetzen geweiteten Augen starrte Angélique Francine an. Kreidebleich und mit geschlossenen Augen lag das Mädchen auf dem Boden. Ihr Kleid war bis zum Bauch hochgeschoben, und Blut lief zwischen ihren Beinen herunter.

    »Nicolas«, wisperte Angélique mit erstickter Stimme, »was … was haben sie mit ihr gemacht?«
    Nicolas sah zu ihr hinüber, und ein schrecklicher Ausdruck ließ sein Gesicht mit einem Schlag furchtbar alt aussehen.
    »Diese verfluchten Dreckskerle, diese verfluchten...!«
    Brüsk hielt er Angélique den Säugling hin.
    »Nimm ihn.«
    Dann kniete er neben seiner Schwester nieder und zog ihr züchtig den zerrissenen Rock herunter.
    »Francine, ich bin es, Nicolas. Sag was. Du bist doch nicht tot, oder?«
    Aus dem nebenan liegenden Stall drang ein Stöhnen. Wimmernd und zusammengekrümmt tauchte ihre Mutter auf.
    »Bist du das, Nicolas? Ach, meine armen Kinder, meine armen Kinder! So ein Unglück! Sie haben den Esel und das Schwein mitgenommen und unsere kleine Geldreserve auch. Dabei habe ich dem Vater noch gesagt, er soll sie vergraben.«
    »Maman, tut dir etwas weh?«
    »Mit mir ist alles in Ordnung. Ich bin eine Frau, ich habe schon Schlimmeres durchgemacht. Aber Francine, die Ärmste, sie ist doch so sensibel. Womöglich haben sie sie mit ihrem Treiben noch umgebracht.«
    Weinend wiegte sie ihre Tochter in ihren dicken Armen.
    »Wo sind die anderen?«, fragte Nicolas.
    Nach langem Suchen entdeckten sie drei weitere Kinder, einen Jungen und zwei Mädchen, in der Brotkiste, wo sie sich zusammengekauert hatten, nachdem die Plünderer das Brot geraubt hatten und sich anschließend daranmachten, ihre Mutter und ihre Schwester zu schänden.
    Unterdessen kam ein Nachbar, um zu hören, wie es ihnen ergangen war. Die unglücklichen Bewohner des Weilers versammelten sich, um zusammenzuzählen, welches Leid über sie hereingebrochen war. Es gab nur zwei Tote zu beklagen: den
Vater Merlot und einen alten Mann, der ebenfalls versucht hatte, von seiner Muskete Gebrauch zu machen. Die anderen Bauern waren auf ihren Stühlen festgebunden und nur ein wenig mit Knüppeln bearbeitet worden. Keinem der Kinder war die Kehle durchgeschnitten worden, und einer der Bauern hatte es geschafft, seinen Kühen die Stalltür zu öffnen, woraufhin diese geflohen waren und zweifellos wiedergefunden werden würden. Aber so viel gute Wäsche und Kleidung hatten die Plünderer geraubt, so viel Zinngeschirr, das den Kamin geschmückt hatte, so
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