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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Susan Ee
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Rücken des Schneeweißen, mitten hinein in die frische Wunde.
    Der Weiße faucht schmerzerfüllt, doch er schreit nicht. Die anderen nutzen die Gelegenheit, nehmen wieder ihre Plätze ein und drücken ihn zu Boden.
    Der Nachtblaue lässt den abgetrennten Flügel fallen. Wie ein totes Tier schlägt er dumpf auf dem Asphalt auf.
    Der Schneeweiße hat einen wilden Gesichtsausdruck. Noch immer hat er Kampfgeist in sich, doch der sickert genauso schnell aus ihm heraus wie sein Blut, das seine Haut durchweicht und sein Haar verfilzt.
    Der Nachtblaue greift nach dem anderen Flügel und spreizt ihn mit Gewalt ab.
    »Wenn es nach mir ginge, würde ich dich laufen lassen«, sagt er. In seiner Stimme liegt genügend Bewunderung, um mich glauben zu machen, dass er es wirklich ernst meinen könnte. »Doch wir alle haben unsere Befehle.« Trotz seiner Bewunderung zeigt er kein Bedauern.
    Das Mondlicht spiegelt sich in der Klinge des Getigerten, die über dem Flügelgelenk schwebt.
    In der Erwartung eines zweiten blutigen Hiebs erschauere ich. Hinter mir entfährt Paige ein leises, mitleidiges Wimmern.
    Der Rostfarbene wendet plötzlich den Kopf und blickt direkt in unsere Richtung.
    Ich sitze noch immer zusammengekauert hinter dem Lastwagen und erstarre. Mein Herz setzt einen Schlag aus und beginnt dann dreimal so schnell zu pochen wie vorher.
    Der Rostfarbene steht auf und entfernt sich von dem Blutbad.
    Er kommt direkt auf uns zu.

4
    Mein Verstand macht vor Angst dicht. Das Einzige, an das ich denken kann, ist, den Engel abzulenken, bis Mom Paige weggeschoben hat – in Sicherheit.
    »Renn!«
    Das Gesicht meiner Mutter wird starr vor Schreck, ihre Augen sind weit aufgerissen. In ihrer Panik dreht sie sich um und läuft ohne Paige davon. Sie muss angenommen haben, ich würde den Rollstuhl schieben. Paige blickt mich an. Ihr Feengesicht wird von erschrockenen Augen beherrscht.
    Sie schwenkt herum und rollt so schnell sie kann hinter Mom her. Meine Schwester kann ihren Stuhl zwar selbst bewegen, aber natürlich nicht annähernd so schnell wie jemand, der sie schiebt.
    Ohne ein Ablenkungsmanöver wird keiner von uns lebend davonkommen. Da ich keine Zeit habe, die Vor- und Nachteile abzuwägen, treffe ich im Bruchteil einer Sekunde eine Entscheidung.
    Ich renne hinaus ins Ungeschützte, geradewegs auf den Rostfarbenen zu.
    Irgendwo im Hintergrund registriere ich undeutlich einen schmerzerfüllten Schrei. Sie schlagen ihm den zweiten Flügel ab. Wahrscheinlich ist es schon zu spät, doch ich habe die Stelle, an der das Schwert des Schneeweißen liegt, erreicht und keine Zeit mehr für einen anderen Plan.
    Also ziehe ich es dem Rostfarbenen förmlich unter den Füßen weg. Auf ein schweres Gewicht gefasst, packe ich es mit beiden Händen, aber das Schwert ist leicht wie eine Feder. Ich werfe es dem Schneeweißen zu.
    »Hey!«, schreie ich aus Leibeskräften.
    Beim Anblick des Schwerts, das über seinen Kopf hinwegzischt, duckt sich der Rostfarbene überrascht. Natürlich handelt es sich um einen verzweifelten und nicht durchdachten Schachzug meinerseits, vor allem da der Engel wahrscheinlich kurz davor ist zu verbluten. Doch das Schwert fliegt sehr viel besser als erwartet und landet – fast als wäre es geführt worden – mit dem Heft voran in der ausgestreckten rechten Hand des Schneeweißen.
    Ohne auch nur einen Moment innezuhalten, schwingt der flügellose Engel sein Schwert und richtet es gegen den Nachtblauen. Trotz seiner schweren Verletzungen agiert er blitzschnell und wütend. Mit einem Mal kann ich verstehen, weshalb ihm die anderen zahlenmäßig überlegen sein mussten, um ihn in die Ecke zu drängen.
    Die Klinge schlitzt den Bauch des Nachtblauen auf. Blut strömt aus ihm heraus und vermischt sich mit der purpurroten Lache auf dem Boden. Mit einem Satz ist der Getigerte bei seinem Boss und fängt ihn auf, bevor er fällt.
    Der Schneeweiße strauchelt, als er versucht, ohne seine Flügel das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Ströme von Blut fließen seinen Rücken hinab. Wieder gelingt es ihm, mit dem Schwert auszuholen. Er trifft den Getigerten, der mit dem Nachtblauen im Arm flieht, am Bein. Doch das hält die zwei nicht auf.
    Die anderen beiden, die zurückgewichen sind, als es hässlich wurde, hasten herbei, um den Nachtblauen und den Getigerten zu packen. Während sie mit den Verletzten davonrennen, breiten sie ihre kräftigen Flügel aus. Als sie in die Nacht fliegen, lassen sie eine auf die Erde herabtropfende
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