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Angela Merkel - Ein Irrtum

Angela Merkel - Ein Irrtum

Titel: Angela Merkel - Ein Irrtum
Autoren: Cora Stephan
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Wird es dann ernst und Stimmen fehlen, weil ein Abgeordneter zuletzt dann doch noch von seinem Gewissen oder einer anderen Instanz seiner Entscheidungsfindung Gebrauch gemacht hat, ist das Verrat, und man fahndet nach dem »Verräter«. So war es bei Heide Simonis, und so war es auch bei Andrea Ypsilanti. Beide Politikerinnen ließen nicht erkennen, dass sie neben ihren enttäuschten Hoffnungen auch noch anderes zu berücksichtigen vermochten. Was gilt schon die Freiheit, erst recht die eines Abgeordneten, scheinen manche Politiker zu denken, wenn es um höhere Werte geht, um die historische Notwendigkeit, um »die Sache«, mit der sie sich identisch glauben?
    Das Wahlsystem gibt den Parteien eine größere Macht, als ihnen zukommt – sie sollen ja lediglich »mitwirken« bei der politischen Willensbildung des Volkes. Das hat zur Folge, dass ein Konsument mehr Macht hat als ein Wähler. Er kriegt das Auto, das er bestellt hat, in einer Farbe und einer Ausstattung, über die er frei entschieden hat. Stimmt die Ware nicht, kann er sie zurückgeben. Wählt er aber sein Parlament, kauft er die Katze im Sack und darf sie, wenn sie kratzt, noch nicht einmal zurückschicken.
    Die Einzigen, die das Vernünftige tun könnten, nämlich das politische System dem Niveau einer aufgeklärten Bevölkerung anpassen, und zwar durch die Übernahme des Mehrheitswahlrechts unserer Nachbarn, sind die Abgeordneten.
Also die Parteien. Doch wer erwartet schon, dass die sich selbst entmachten?
    In der Großen Koalition 1966 bis 1969 hatte man versucht, das relative Mehrheitswahlrecht einzuführen. Vor allem die CDU wollte die Macht der FDP brechen, die in Koalitionsregierungen einen weit über ihre Wählerstimmen hinausgehenden Einfluss erhielt. Die SPD jedoch scherte aus. Aus Eigennutz. Bei der Wahl 1969 erhielten zwar CDU/CSU die Mehrheit der Stimmen, mithilfe der FDP aber konnte Willy Brandt Bundeskanzler werden. Die FDP wurde den Ruch der prinzipienlosen »Umfallerpartei« nicht mehr los.
    Gewiss – man kann die Zunahme der Nichtwähler auch als eine Art Normalisierung sehen. Die deutschen Musterknaben sind endlich nicht mehr tugendhafter als ihre Nachbarn. Nur die Spanier und Österreicher wählen eifriger als wir, die Amerikaner und Italiener beispielsweise haben einen Nichtwähleranteil von 43 beziehungsweise fast 60 Prozent. Auch sind die Nichtwähler im Osten Deutschlands besonders stark vertreten, wo sie sich womöglich daran erinnern, dass auch die Wahlen zur Volkskammer eine Farce waren.
    Ein klares Zeichen für wachsendes Missfallen sähe anders aus. Interessant wird es, wenn die Abgabe ungültiger Wahlzettel zunimmt. Wenn der Nichtwähler zum Wähler wird, der alle Parteien gleichermaßen für nicht wählbar erklärt. Dann hätten wir es tatsächlich mit einer neuen Protestpartei zu tun.

    Angela Merkel ist es endgültig gelungen, den Unterschied zwischen CDU und SPD unerheblich werden zu lassen. Noch hilft, dass wir in diesem Lande keinen Hang zu Volkstribunen haben. Dagegen schützt auch das jetzige Wahlrecht. Gegen den galoppierenden Vertrauensverlust aber schützt es nicht.
    Ohne Vertrauen aber wird es in der Eurokrise nicht gehen. Und ob die Deutschen sich das weiter so gelassen anschauen, was da auf sie zurollt, ist ungewiss. Schon zirkulieren Botschaften und Gerüchte, die sie aus ihrer Ruhe bringen könnten.
    Mich etwa beschäftigt die Frage, ob das stimmt, dass es einen »Währungskrieg« gibt, und zwar der USA gegen Europa, weil man verhindern will, dass Anleger von der schwächelnden Weltleitwährung Dollar in den starken Euro flüchten. Das könnte die massive Spekulation gegen jene Länder erklären, die seit Langem über ihre Verhältnisse gelebt haben. Gerücht? Oder Wahrheit?
    Und was soll eigentlich auf die Dauer mit den Staatsschulden geschehen, die diese und vorhergegangene Regierungen aufgehäuft haben? So viel Wachstum können wir gar nicht generieren, und so viel Sparhaushalt wird sich keine Regierung trauen. Spekuliert Angela Merkel auf Inflation – oder auf eine Währungsreform?
    Hieß es nicht vor Kurzem noch, die schnelle Reaktion der Regierung in der Bankenkrise zeuge vom Primat der Politik? Warum, zum Teufel, wirkt dann die Kanzlerin wie eine Getriebene?

    Und kann mir bitte einer erklären, wie Deutschland dasteht in der EU, die es mit so unvorstellbar viel Milliarden Euro retten soll? Tun wir es, gebückt zu Kreuze kriechend? Oder mit einer kämpferischen Frau an der Spitze, die sich nicht müde
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