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Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Titel: Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)
Autoren: Nikolaus Blome
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Arbeitslosigkeit längst hätten einstellen müssen. Immerhin ist Arbeitslosigkeit in allen Langzeit-Studien das mit weitem, weitem Abstand genannte »Problem Nummer 1« in Deutschland, nichts treibt die Deutschen dauerhaft so sehr um wie die Angst vor Jobverlust. Weil sich die »gelieferte« Job-Sicherheit über mehrere Jahre aber nicht in Zustimmung oder Wahlerfolge für ihre Regierungspartei übersetzte, hält Angela Merkel die Mehrheit der Deutschen spätestens jetzt irgendwie für ziemlich undankbar, mindestens für vergesslich. Tatsächlich korrelieren Wirtschaftswachstum und durchschnittliche Zufriedenheit in Deutschland laut einschlägigen Studien schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Die Deutschen werden im Schnitt immer wohlhabender, zufriedener werden sie nicht.
    Unbestreitbar, es wachsen Frust und Zweifel: Was heißt es also für eine Politikerin, die alles vom Ende her denkt, wenn das Ende, das Ergebnis, beim politischen Publikum nicht mehr allzu viel zählt? Was, wenn Führung nicht wegen guter Ergebnisse und guter Aussichten bestätigt wird, sondern wegen irgendeiner Haltung, Hauptsache Haltung? Was, wenn selbst messbarer Erfolg gar nicht mehr oder erst viel zu spät Vertrauen und Zustimmung generiert? Dann wäre die Politik, die ohnehin nicht viele verlässliche Gesetze kennt, um ein weiteres ärmer. Dann würde auch der Leit-Satz des Vaters von Angela Merkel nicht mehr gelten, den er in einem seiner ganz raren Interviews gesagt hat: »Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.«
    Ganz viele Politiker quer durch alle Parteien denken so über die »undankbaren« Deutschen. Aber manche denken auch ein wenig um, darunter Angela Merkel. Sie lernt dazu. Das fällt ihr leicht, weil sie über »die Deutschen« seit 1990 beständig zu lernen hatte, vornehmlich natürlich über die im Westen. Deren 68er-Verachtung für die Verhältnisse in der westdeutschen Demokratie hat ihr lange zu rätseln gegeben. Warum denn demonstrieren gegen Willy Brandt, habe sie sich auf der anderen Seite der Mauer gefragt, so schreibt ihre Biographin Evelyn Roll. Woher das Sehnen der Kaviar-Linken nach dem vermeintlich aufrichtigeren Leben in der DDR ? Warum war Helmut Schmidt wegen des Nato-Doppelbeschlusses in seiner eigenen Partei verhasster als Konrad Adenauer? Ganze Kämpfe, welche die Deutschen im Westen prägten und veränderten, hat sie sich im Nachhinein anlesen müssen: der Kampf um die Emanzipation, der Historikerstreit, der Öko-Traum, die Angst vor Atomtod und Waldsterben. Und sie hat lernen müssen, wie freiheitsvergessen viele Deutsche sind. Zumindest wenn man sie an der Freiheits-Sehnsucht misst, an der Menschen wie sie selbst im Osten gelitten haben.
    Dieses Nachlernen hat Angela Merkels Bild von den Deutschen geschmeidig gehalten. Und das muss es auch sein, denn die Deutschen sind inzwischen, laut allen Erhebungen, nicht mehr voll von German angst , sondern von German laessigkeit , wie der Deutschland-Korrespondent der New York Times einmal schrieb. Sie sind ohne große Aufregung durch die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit gegangen. Sie haben sich von Krisengeheul und mitunter hysterischen Prognosen nicht irremachen lassen, sondern sind unerwartet lebhaft auf politisch gesetzte Anreize angesprungen wie etwa auf die Abwrackprämie oder die Sparguthaben-Garantie. Die Deutschen blieben cool und haben eben nicht die Bankschalter gestürmt, was ihnen bestimmt halb Europa zugetraut hätte. Schon gar nicht haben sie links- oder rechtsextrem gewählt wie viele andere Nationen in Europa. Kurzum: »Man lernt das deutsche Volk von einer Seite kennen, die mich beruhigt«, wie ein sozialdemokratisches Regierungsmitglied schon 2009 sagte und Merkel es bestimmt unterschrieben hätte.
    Seitdem ließen sich die Deutschen in ihrer ganz großen Mehrheit auch nicht von der kombinierten Euro-Staatsschuldenkrise ins Bockshorn jagen. Selbst die Sparquote ist nicht nennenswert angestiegen, das verlässliche Thermometer des deutschen Angstfiebers. Nein, auch in der Eurokrise seit Anfang 2010 war kein wirkliches Beben in Volks Stimme oder Stimmung zu bemerken: ein bisschen Wut auf die Griechen und ihren hausgemachten Schlamassel, ja, vielleicht. Aber kein massenhaftes Abrücken vom Euro an sich, im Gegenteil: Die Zahl derer, die sich die D-Mark zurückwünschen, schrumpfte auch in der kombinierten Euro- und Staatsschuldenkrise weiter, noch dazu in ziemlich genau dem Tempo wie seit Einführung des Euro-Bargeldes Neujahr 2002. Selbst
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