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Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Titel: Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)
Autoren: Nikolaus Blome
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sich kaum aufgeregt, hat es hingenommen, den Wandel für irgendwie normal gehalten.
    Heißt: Reformen würde sie durchaus versuchen, in die Wege zu leiten – aber nur, wenn es wirklich nicht anders geht wie bei der Schuldenbremse, die nun im Grundgesetz steht, oder bei der Wehrpflicht, deren Ungerechtigkeit längst zum Himmel schrie. Und es muss ja auch nicht schiefgehen: Entgegen ihres Rufes, kollektiv reformfeige zu sein, haben die Deutschen in den letzten zwei Jahrzehnten eine ganze Menge mit sich machen lassen, angefangen von der Umwälzung ausnahmslos aller Lebensumstände in der ehemaligen DDR , über handfeste Kriegseinsätze der Bundeswehr bis hin zur Agenda 2010. Angela Merkel würde die Deutschen nur nie mehr vor den Kopf stoßen, wie sie selber und Gerhard Schröder es bei unterschiedlichen Gelegenheiten taten. Sie würde lieber den leichteren Weg gehen. Und die Sache einfach nicht so deutlich »Reformen« nennen.
    Denn der Wähler von heute ist für Angela Merkel alles in allem wie ein launischer Konsument. Er eilt gleichsam durch die Regale des Ladens, greift kurz entschlossen zu und verspricht sich von dem, was er mitnimmt, immer schnellere Befriedigung seiner Interessen. Der Kunde ist zugleich für die Politik immer weniger rational zu berechnen und lässt sich anders als früher auch von nachweislichen Erfolgen eines Beschlusses nicht automatisch beeindrucken. Die Kanzlerin ist zwar bestimmt eine der Letzten, die Dankbarkeit für eine gängige Währung im politischen Geschäft halten, zuletzt hat sie das im niedersächsischen Wahlkampf offen ausgesprochen: »Niemand wird für seine Bilanz gewählt. Dankbarkeit ist nicht das, was zur Wahl steht.« Ein ganzes Interview mit der Bunten musste sie vor der Wahl 2009 allein zum Wort »Dankbarkeit« führen – eines der sperrigsten Gespräche mit ihr, das je gedruckt wurde. Aber wer so sehr Politik über den Kopf macht wie Angela Merkel, den muss in seinem Bild von den Deutschen verstören, dass bestimmte rationale Gesetzmäßigkeiten inzwischen wie außer Kraft gesetzt scheinen.
    Merkels Mantra lautet: Wer Opposition macht, darf fordern, was er will. Der darf kritisieren, auch wenn er den beklagten Missstand selbst nicht beheben kann. Aber wer regiert, muss liefern, was er ankündigt. Was er nach menschlichem Ermessen nicht liefern kann, darf er nicht ankündigen. So erklärt sich Angela Merkel den Niedergang ihres aktuellen Koalitionspartners, der FDP : zu viel angekündigt, zu wenig tatsächlich geliefert. Das anhaltende Problem der FDP sieht sie nicht in mangelnder Durchsetzungsfähigkeit am Kabinettstisch, sondern in mangelnder Demut und Dienstfertigkeit nach außen. Die Meisterin des Machbaren hält mangelndes Augenmaß für die eine Sünde, die der Wähler nicht verzeiht. Auch das gehört zu ihrem Bild von den Deutschen. So erklärt sich übrigens auch ihr Urteil, das umstrittene Buch von Thilo Sarrazin »Deutschland schafft sich ab« sei »nicht hilfreich«. Ob gelesen oder nicht, das hat Merkel wörtlich gemeint. Unabhängig von den vulgär-biologistischen Passagen des Buches seien auch die Teile, in denen es um schockierende Fakten und Fragen zur Ausländer-Zuwanderung geht, »nicht hilfreich«, denn: Mit dieser Art von Auseinandersetzung lasse sich für eine Regierung keine Politik machen. Für Angela Merkel fordert der Autor zu viel, beklagt Missstände zu lauthals, als dass irgendeine Partei zur Zufriedenheit der Kunden entsprechende Abhilfe schaffen könnte. In dieser Logik ist sie eisern.
    Für die Kanzlerin heißt das folglich auch: Wenn ich etwas ankündige und es am Ende liefere, dann muss dieser Erfolg auch Vertrauen, Zustimmung und eine gewisse Zufriedenheit nach sich ziehen. Das galt in den Augen Merkels für Konjunkturpakete in der beginnenden Finanz- und Wirtschaftskrise. Das galt für Steuersenkungen, die zumindest nach Berechnung der schwarz-gelben Bundesregierung zum 1. 1. 2010 mehr als 20 Milliarden Euro an Entlastung brachten. Darüber, wie schnell das Paket in Vergessenheit geriet, kann sich die Kanzlerin bis heute aufregen. Einer ihrer Minister, der genauso dachte wie sie, zitierte sie dazu so: »Ab September desselben Jahres 2010 wurde wieder über Steuersenkungen geredet. Die Leute sind nicht dankbar. Ich bin hier nicht die Weihnachtsgeschenke-Verteilstelle.«
    Erst seit Anfang 2012 fährt Merkel jene guten Zustimmungswerte in Umfragen ein, die sich bei einer blendenden Wirtschaftslage und historisch niedriger
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