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Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2
Autoren: Alexander Dumas
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denMauern der Bastille abgerieben, und in solchem Anzug macht man keinen Besuch bei der Tochter eines in Ungnade gefallenen Ministers. Suchen Sie in Ihren Taschen und sehen Sie, ob Sie nicht ein paar Louis d'or darin finden.
    Ho! ho! sagte der Pächter, es scheint, Sie haben Ihre Börse in der Bastille gelassen.
    So verlangt es die Vorschrift des Gefängnisses, erwiderte Gilbert lächelnd; jeder Gegenstand von Wert wird in der Kanzlei niedergelegt.
    Und bleibt dort, sprach der Pächter.
    Und er öffnete seine große Hand, die etwa zwanzig Louis d'or enthielt, und setzte hinzu: Nehmen Sie, Doktor.
    Gilbert nahm zehn Louis d'or. Einige Minuten nachher hielt der Fiaker vor dem Laden eines Trödlers an. Das war damals noch der Gebrauch. Gilbert vertauschte seinen alten gegen einen neuen schwarzen Rock, wie ihn die Herren vom dritten Stand in der Nationalversammlung trugen,
    Ein Friseur in seiner Bude, ein Savoyard auf seinem Stühlchen vollendeten die Toilette des Doktors.
    Der Kutscher führte Gilbert über die äußeren Boulevards nach Saint-Ouen, und er stieg vor dem Hause des Herrn von Necker in dem Augenblick ab, als es sieben Uhr auf der Dagoberts-Kathedrale schlug.
    Um dieses Haus, wo es kurz zuvor noch von eifrigen Besuchen wimmelte, herrschte eine tiefe Stille, die nur die Ankunft des Fiakers von Gilbert unterbrach; und dennoch war es nicht jene Melancholie der verlassenen Schlösser, jene grämliche Traurigkeit der von der Ungnade getroffenen Häuser.
    Die geschlossenen Gitter, die verödeten Blumenbeete verkündigten wohl den Abgang der Gebieter; doch keine Spur von Schmerz oder allzu großer Eile.
    Überdies hatte ein ganzer Teil des Schlosses, der östliche Flügel, die Sommerläden offen behalten, und als Gilbert sich nach dieser Seite wandte, kam ein Lakai in der Livree des Herrn von Necker dem Besuch entgegen.
    Durch das Gitter entspann sich nun folgendes Gespräch:Mein Freund, befindet sich Herr von Necker nicht mehr im Schlosse?
    Nein, der Herr Baron ist mit der Frau Baronin vergangenen Sonnabend nach Brüssel abgereist.
    Aber Frau von Staël?
    Madame ist hier geblieben. Doch ich weiß nicht, ob Madame empfangen kann; es ist die Zeit ihrer Promenade.
    Ich bitte, erkundigen Sie sich, wo sie ist, und melden Sie ihr den Doktor Gilbert.
    Ich will mich erkundigen, ob Madame in ihren Zimmern ist. Ohne Zweifel wird sie den Herrn empfangen. Geht sie aber spazieren, so habe ich den Befehl, sie nicht in ihrer Promenade zu stören.
    Der Lakai öffnete das Gitter; Gilbert trat ein.
    Während der Lakai das Gitter wieder schloß, warf er einen forschenden Blick auf den Wagen, der den Doktor gebracht hatte, und auf die seltsamen Gestalten seiner zwei Reisegefährten.
    Dann entfernte er sich, den Kopf schüttelnd wie ein Mensch, bei dem der Verstand nicht ausreicht; der aber jeden andern Verstand herauszufordern scheint, da klar zu sehen, wo der seinige in der Finsternis geblieben ist.
    Gilbert blieb zurück und wartete allein.
    Nach fünf Minuten kam der Lakai zurück.
    Die Frau Baronin geht spazieren, sagte er.
    Und er verbeugte sich, um Gilbert den Abschied zu geben.
    Der Doktor aber hielt sich nicht für geschlagen und erwiderte:
    Mein Freund, ich bitte, wollen Sie Ihr Verbot ein wenig übertreten, mich der Frau Baronin melden und ihr sagen, ich sei der Freund des Herrn Marquis von Lafayette.
    Ein in die Hand des Lakais gedrückter Louisd'or besiegte die Bedenklichkeiten, die der vom Doktor ausgesprochene Name schon halb gehoben hatte.
    Treten Sie ein, mein Herr, sagte der Lakai.
    Gilbert folgte ihm. Doch statt ihn in das Haus eintreten zu lassen, führte er den Doktor in den Park.
    Hier ist die Lieblingsseite der Frau Baronin, sagte derLakai, Gilbert den Eingang zu einer Art von Labyrinth bezeichnend. Wollen Sie einen Augenblick hier warten.
    Zehn Minuten nachher vernahm man ein Geräusch im Blätterwerk, und eine große Frau von dreiundzwanzig bis vierundzwanzig Jahren, von mehr edlen, als anmutigen Formen, erschien vor den Augen von Gilbert.
    Sie schien erstaunt, als sie einen noch so jungen Mann gewahrte, wo sie ohne Zweifel einen Menschen von schon ziemlich reifem Alter erwartet hatte.
    Gilbert war in seinem Äußeren in der That merkwürdig genug, um bei einer Beobachterin von der Schärfe der Frau von Staël schon beim ersten Anblick Eindruck zu machen.
    Wenige Männer besaßen ein aus so reinen Linien gebildetes Gesicht, und diese Linien hatten durch die Übung eines gewaltigen Willens den Charakter
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