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Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2
Autoren: Alexander Dumas
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desselben?
    Der Knabe lächelte.
    Hast du es je versucht, dich ihr zu nähern?
    Ja.
    Ihr die Hand zu reichen?
    Dann verschwand sie.
    Und wer ist diese Frau deiner Ansicht nach, Sebastian?
    Mir scheint, es ist meine Mutter.
    Deine Mutter! rief Gilbert erbleichend.
    Und er drückte seine Hand auf sein Herz, als wollte er das Blut einer schmerzlichen Wunde stillen.
    Das ist ein Traum, und ich bin beinahe so verrückt als du, sprach er.
    Der Knabe schwieg und schaute mit nachdenkendem Auge seinen Vater an.
    Nun? fragte dieser.
    Nun! es kann möglicherweise ein Irrwahn sein. Doch die Wirklichkeit meines Traumes existiert, denn während der letzten Pfingsten führte man uns im Walde von Satory bei Versailles spazieren, und dort, wahrend ich seitwärts träumte ...
    Ist dir dieselbe Vision erschienen?
    Ja; doch diesmal in einem mit vier prächtigen Pferden bespannten Wagen ... doch diesmal sehr reell, sehr lebend. Ich wäre beinahe in Ohnmacht gefallen.
    Und welcher Eindruck ist dir von dieser neuen Erscheinung geblieben?
    Daß es nicht meine Mutter war, die ich im Traume erscheinen sah, denn diese Frau war dieselbe wie die meiner Erscheinung; aber meine Mutter ist tot.
    Gilbert stand auf und fuhr mit seiner Hand über seine Stirne. Eine seltsame Blendung hatte sich seiner bemächtigt.
    Der Knabe bemerkte seine Unruhe und erschrak über seine Blässe.
    Ah! sagte er, sehen Sie, daß ich unrecht gehabt habe, Ihnen alle diese Thorheiten zu erzählen.
    Nein, mein Kind, nein; im Gegenteil, sprich mir oft hiervon, sprich davon, so oft du mich siehst, und wir werden dich zu heilen suchen.
    Sebastian schüttelte den Kopf. Mich heilen ... und warum? sagte er. Ich habe mich an diesen Traum gewöhnt; er ist ein Teil meines Lebens geworden; ich liebe die Vision, obgleich sie mich flieht, obgleich es mir manchmal vorkommt, als stieße sie mich zurück. Heilen Sie mich nicht, mein Vater. Sie können abermals mich verlassen, abermals reisen, nach Amerika zurückkehren. Habe ich diese Vision, so bin ich doch nicht so allein.
    Wohl denn, murmelte der Doktor.
    Und er drückte Sebastian an seine Brust und sprach:
    Auf Wiedersehen, mein Kind; ich hoffe, daß wir uns nicht verlassen werden; denn wenn ich reise, nun! so werde ich es diesmal so einrichten, daß du mit mir kommst.
    War meine Mutter schön? fragte der Knabe.
    Oh! ja, sehr schön, antwortete der Doktor mit erstickter Stimme.
    Und sie liebte Sie ebensosehr, als ich Sie liebe?
    Sebastian! Sebastian! sprich nimmer von deiner Mutter, rief der Doktor.
    Und er drückte seine Lippen zum letztenmal auf die Stirne des Knaben und eilte dann aus dem Garten weg.
    Statt ihm zu folgen, sank der Knabe düster und niedergeschlagen auf seine Bank zurück.
    Im Hofe fand Gilbert Billot und Pitou wieder, die sichvollkommen gestärkt hatten und dem Abbé Berardier die einzelnen Umstände von der Einnahme der Bastille erzählten.
    Nachdem er dem Vorsteher aufs neue Sorgfalt in der Behandlung von Sebastian empfohlen, stieg er mit seinen zwei Gefährten wieder in den Fiaker.

Frau von Staël.
    Als Gilbert im Fiaker seinen Platz neben Billot und Pitou gegenüber wieder eingenommen hatte, war er bleich, und ein Schweißtropfen perlte an der Wurzel von jedem seiner Haare.
    Doch es lag nicht im Charakter dieses Mannes, unter der Macht irgend einer Gemütsbewegung gebeugt zu bleiben. Er warf sich in die Ecke des Wagens zurück, drückte seine beiden Hände an seine Stirne, als hätte er die Gedanken darin zusammenpressen wollen, ließ, nachdem er einen Augenblick unbeweglich gewesen, die Hände wieder fallen und zeigte, statt eines verstörten Gesichtes, eine vollkommen ruhige Physiognomie.
    Sie sagten also, sprach er dann, Sie sagten, mein lieber Herr Billot, der König habe dem Herrn Baron von Necker seinen Abschied gegeben?
    Ja, Herr Doktor.
    Und die Unruhen in Paris rühren von dieser Ungnade her?
    Sie fügten bei, Herr von Necker habe sogleich Paris verlassen?
    Er erhielt sein Entlassungsdekret, als er eben zu Mittag speiste; eine Stunde nachher war er unterwegs nach Brüssel.
    Wo er sein soll ... Hörten Sie nicht sagen, er habe unterwegs angehalten?
    Doch, in Saint-Ouen, um von seiner Tochter, Frau von Staël, Abschied zu nehmen.
    Ist Frau von Staël mit ihm abgereist?
    Wie ich sagen hörte, ist er mit seiner Frau allein abgereist.
    Kutscher, rief Gilbert, halten Sie bei dem ersten besten Schneider an.
    Wollen Sie die Kleider wechseln? fragte Billot.
    Jawohl. Dieser Rock hat sich ein wenig zu stark an
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