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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman
Autoren: Tamara McKinley
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Whisky brachte sie und Aurelia bald wieder auf den Damm. Sie saßen gemeinsam warm eingehüllt auf dem verschlissenen Sofa und schauten dem Regen vor dem Fenster zu, als das Geräusch eines geplagten Motors an ihr Ohr drang. Sie traten hinaus auf die Veranda und spähten in die Dunkelheit. »Wer zum Teufel ist das?« Aurelia raffte hastig einen Mantel an sich. »Was für ein verrückter Augenblick für einen Besuch.«
    Der Geländewagen kam knirschend zum Stehen, und die Reifen verspritzten Schlamm. Die Scheibenwischer hatten hart zu arbeiten, um den Sturzregen zu bewältigen, der auf der Windschutzscheibe herabflutete, und die Plane über der Ladefläche des Wagens bog sich unter der Last eines Sees, der sich daraufgebildet hatte. Die Fahrertür öffnete sich knarrend, und der Besucher kletterte heraus.
    »Father Reilly?« Ellie zog die alte Decke fester um sich. Eisige Vorahnungen ließen sie zittern. Der Priester kam immer nur mit schlechten Neuigkeiten. »Was ist los?«, fragte sie scharf.
    Er trat auf die Veranda. Die schlammbespritzte Soutane klebte feucht an seinen Waden. »Ich glaube, der Regen wartet, bis ich nach Warratah komme«, sagte er mit seinem irischen Akzent. »Für die alte Arthritis ist das die Hölle.«
    Ellie reichte ihm wie betäubt die Hand. Wenn er schlechte Nachrichten brachte, wollte sie sie hören und nicht erst höflich Smalltalk halten. Da hörte sie, wie die Wagentür auf der anderen Seite zugeschlagen wurde. Hörte das Platschen, mit dem jemand durch den Schlamm auf die Veranda zu gelaufen kam. Hörte Schritte auf den Stufen.
    »Schätze, das war der Augenblick, in dem ich gekommen bin.« Die tiefe Stimme in der Tür ließ sie herumfahren.
    »Dad«, riefen die Mädchen wie aus einem Mund und stürzten ihm entgegen, um ihn zu begrüßen.
    »Tag, Darling«, sagte Ellie, nachdem er sich schließlich von den Mädchen befreit hatte und auf sie zu kam. »Ich wusste, dass du es noch rechtzeitig schaffst.«
    Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und setzte sich auf die Armlehne ihres Sessels. »Ich war sehr traurig, als ich das mit Aurelia hörte«, sagte er leise. »Sie war eine wunderbare Lady.«
    »Mum hat uns gerade erzählt, wie ihr zusammengefunden habt«, sagte Claire mit einer Schüchternheit, die Ellie anrührend und ungewöhnlich fand.
    Ellie schaute zu ihm auf. In seinem dunklen Haar waren jetzt graue Fäden, und tief eingegrabene Falten umgaben Mund- und Augenwinkel wie Spinnweben – aber er sah immer noch besser aus als jeder Mann, den sie je gekannt hatte. Sie sah die Fragein seinem Blick. »Sie kennen die ganze Geschichte«, sagte sie. »Ich wollte ihnen eben erzählen, wie du mich in dieser dunklen Regennacht umgeworfen hast.«
    Er ließ sich zu ihr in den Sessel fallen und drückte sie an sich. »Dann bring’s zu Ende. Für Happy Ends hatte Aurelia immer was übrig.«
    Ellie lächelte. »Ich weiß noch so genau, wie du in dieser Nacht ausgesehen hast. Du trugst keinen Hut, und das Haar klebte dir vom Regen am Kopf.« Sie strich mit dem Finger über sein Stoppelkinn. »Du hattest sogar den gleichen Sechs-Uhr-Schatten wie jetzt – aber damals ließ er nur umso deutlicher erkennen, wie blass du warst und wie krank du gewesen warst.«
    »Und ich hab dich gefragt, ob du einem verdammten Idioten verzeihen kannst«, sagte Joe leise. »Wie in Trance bist du auf mich zugekommen und hast mich angeschaut. Du musst gesehen haben, wie sehr ich dich liebte, denn du hast Ja gesagt.«
    Stumm sahen sie einander in die Augen, in die Erinnerung versunken. Seine Lippen hatten ihre gesucht, und sie hatten sich geküsst, und einer hatte die Süße des anderen gekostet, die sie beide über die Jahre nicht vergessen hatten, und durch die elektrisierende Berührung hindurch hatten sie die Macht ihrer Liebe gespürt. Ellie hatte das Gefühl gehabt, den Sirenengesang der Hoffnung zu hören, der ihn am Leben erhalten hatte, sodass er zu ihr hatte zurückkehren können. So lange hatte sie auf diesen Augenblick gewartet, dass sie sich jetzt, als er gekommen war, sehnlich wünschte, er möge nie enden.
    Ein Gekicher riss sie aus ihren stummen Erinnerungen, und beide wurden rot, als sie merkten, dass ihre Töchter das alles ziemlich komisch fanden. »Und dann brach die Hölle los«, sagte Ellie, und sie strich sich den zerknautschten Rock glatt und richtete den Blick noch einmal in die Vergangenheit. »Der Schmerz kam ohne Vorwarnung. Stark, schnell und schneidend wie ein Schlag mit der
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