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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman
Autoren: Tamara McKinley
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aber er hatte meine Mutter nicht dazu bringen wollen, ihn aus Mitleid zu erhören, und deshalb hatte er das verschwiegen. Seamus war auch nicht mehr da, und so gab es niemanden, dem er Jarrah hinterlassen konnte. Er hatte Aurelia in Betracht gezogen, aber er wusste, dass sie und Jack andere Pläne hatten, und als er hörte, dass Charlie und ich heiraten wollten, beschloss er, Charlie das, was er für Seamus zu tun versucht hatte, zu vergelten.« Sie seufzte. »Der arme Mickey. Er glaubte die perfekte Lösung gefunden zu haben.«
    »Er hat Jarrah Charlie vermacht?« Leanne wurde blass, und sie schaute ihre Schwester an. »Aber sie sind doch beide vor Claires Geburt gestorben? Wieso hast du dann nicht geerbt?«
    Ellie starrte über den Sarg hinweg in die flackernden Schatten. »Dadurch, dass er Jarrah besaß, hatte er Gelegenheit, sich an mir zu rächen, weil ich ihn nicht liebte, und an Aurelia, weil sie ihm misstraut hatte. Er wusste, dass unsere Ehe eine Farce sein würde. Und er wusste, dass er an seiner Kriegsverletzung sterben würde. Es sollte seine letzte Rache sein für all die Kränkungen und Verletzungen, die er erlitten zu haben glaubte.« Sie schaute die Mädchen an und begriff, dass sie ihnen nicht erzählt hatte, was Jack an jenem Tag im Krankenhaus enthüllt hatte.
    Claire war blass, als Ellie ihnen von Charlies Kriegserlebnissen berichtet hatte. »Dann war er also kein wirklich schlechter Mensch?«, fragte sie leise und hoffnungsvoll.
    Mit einem Lächeln verbarg Ellie, was sie in Wahrheit dachte. »Nein, Darling. Niemand ist durch und durch schlecht. Er war nur verwirrt und verbittert, und er schlug zu, ohne wirklich zu begreifen, welchen Schaden er mit seinem Vermächtnis vielleicht anrichten würde.« Sie beobachtete ihre Tochter und wusste, dass diese Notlüge sie ein wenig trösten würde.
    »Ist er ins Gefängnis gekommen?« Claire biss sich auf die Lippe, und ihre Augen blickten furchtsam.
    Ellie schüttelte den Kopf. »Er kam in einem Staubsturm irgendwo draußen in den Territorys um. Sein Leichnam wurde irgendwann gefunden und mit Hilfe des Ordens in seiner Tasche identifiziert. Er hatte sonst niemanden; deshalb waren wir einverstanden, ihn auf Jarrah zu beerdigen.« Sie schwieg einen Augenblick lang und dachte an die schlichte Zeremonie auf dem stillen Friedhof. Es war eine bewegende Heimkehr gewesen – eine, die niemandem willkommen gewesen war.
    »Charlie setzte kurz nach Mickeys Tod ein Testament auf, und nachdem sein Leichnam identifiziert worden war, konnte sein Anwalt es in vollem Umfang bekannt geben. Wir wussten schon, dass Mickey ihm Jarrah hinterlassen hatte, aber der Anwalt teilte uns mit, dass Charlie die Farm treuhänderisch seinem ungeborenen Kind vermacht hatte – dir, Claire –, und sie sollte dir an deinem vierundzwanzigsten Geburtstag übereignet werden. Und bei deinem Tod wird sie an deine Kinder fallen. Ich sollte nichts davon bekommen und Aurelia auch nicht. Das war sein letzter Akt des Aufbegehrens.«
    Claire seufzte tief. »Es ist nicht mehr wichtig«, sagte sie und nahm Leannes Hand. »Ich werde einen Anwalt veranlassen, die Treuhänderschaft zu widerrufen. Wenn ich das nicht kann, werde ich selbst eine Verfügung treffen und die ganze Sache auch für Leannes Kinder, nicht nur für meine, treuhänderischverwalten lassen. Leanne wird lebenslanges Nutzungsrecht für Jarrah bekommen, das auch an die nächste Generation weitergegeben werden soll.« Sie lächelte müde. »Falls es eine gibt – und falls sie sich an Jarrah binden lassen will. Ich werde dafür sorgen, dass sie sich frei entscheiden können.«
    »Das willst du für mich tun trotz allem, was ich gesagt habe?«
    »Natürlich. Du bist meine Schwester.«
    »Aber geht so etwas denn?« Ein Hoffnungsfunke glomm in Leannes Augen. »Ich dachte, solche Treuhandverhältnisse sind in Stein gemeißelt.«
    »Die Gesetze ändern sich dauernd, und wenn dieses Treuhandvermächtnis widerrufen werden kann, gibt es keinen Grund, es nicht zu tun.« Sie legte Leanne einen Arm um die Schultern und drückte sie an sich. »So oder so, wir werden uns nicht mehr streiten.«
    Die verzierte Uhr schlug fünf, und die ersten Lichtstrahlen drangen zwischen den Vorhängen ins Zimmer. Die lange Nachtwache war fast vorüber.
    »Dad muss weiter draußen gewesen sein, als wir dachten«, sagte Leanne. »Sonst wäre er inzwischen hier.«
    Ellie schaute auf die Uhr und sah überrascht, wie schnell die Zeit in dieser stillen, fast lautlosen Nacht
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