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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman
Autoren: Tamara McKinley
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konnte nur ein paar Schritt weit sehen, und der Regen fiel unablässig wie ein grauer Vorhang.
    Der angeschwollene Fluss strömte reißend durch die tiefe Rinne, die sich durch das Weideland schlängelte. Er toste über die niedrigen Dämme hinweg, die man angelegt hatte, um das Wasser in der Trockenheit zu führen. Weiter hinten ergoss er sich dann in den Six Mile Lake; dieser See würde sich über die Ebene ausbreiten und Inseln von nassem Gras bilden.
    »Treibt sie auf dieser Seite zusammen, und bringt sie über den Fluss, ehe die Dämme brechen«, schrie Aurelia. »Dann verlegen wir sie in Richtung Blackman’s Ridge auf höheres Gelände.«
    Ellie knallte mit der Peitsche und gab ihrem Pferd die Sporen. Die Bewegungen des galoppierenden Pferdes unter ihr waren unerträglich, und sie musste sich in die Steigbügel stellen. Aurelia hat Recht, gestand sie sich ein, in meinem Zustand bin ich für solche Kapriolen nicht mehr geeignet. Aber jetzt ist es zu spät.
    Die Rinder versuchten, den sie bedrängenden Hunden und den entschlossenen Reitern zu entkommen. Als sie merkten, dass sie keine Alternative hatten, fügten sie sich widerstrebend und machten sich schließlich daran, den Fluss an seiner schmalsten Stelle zu durchqueren.
    Ellie blieb am Ufer und trieb die widerspenstigeren Tiere voran. Der Regen troff von ihrem Hut in den Kragen, und die Zügel wurden glitschig in ihrer Hand. Das Baby strampelte heftig in ihrem Bauch, als wolle es sich beklagen, dass man so kein ungeborenes Kind behandelt. Sie tat ihr Bestes, um den tiefen Schmerz in ihrem Kreuz zu ignorieren, der sich allmählich über den Unterleib ausbreitete. Vom Stehen in den Steigbügeln taten ihr die Beine weh, und ihre Kräfte schwanden. Das ungewohnte, holprige Reiten forderte nach so vielen Wochen des erzwungenen Müßiggangs allmählich seinen Tribut, aber sie war entschlossen, die Arbeit zu Ende zu bringen.
    Sie folgte den Nachzüglern durch den reißenden Strom. Das Wasser reichte ihrem Pferd fast bis unter den Bauch. Das Tier schnaubte und wieherte. »Na los, du Mistkerl, beweg dich!«, schrie Ellie. »Es ist nur Wasser, verdammt!« Sie trieb das Pferd weiter und richtete sich in den Steigbügeln hoch auf. Das Wasser spülte über ihre Stiefel und wirbelte um ihre schmerzenden Oberschenkel. Der Regen prasselte so heftig herab, dass sie die brüllenden Rinder, die neben ihr schwammen, und die Hunde auf ihren Rücken, die nach ihren Ohren schnappten, um sie in Bewegung zu halten, kaum noch sehen konnte.
    Ellie stieß dem Pferd die Fersen in die Flanken, als sie endlich das andere Ufer erreicht hatten. Sie trieb es die steile Böschung hinauf und verlagerte ihr Gewicht auf seinem Rücken nach vorn, um ihm zu helfen. Das Tier glitt aus, bäumte sich auf und warf den Kopf zurück. Ellie klammerte sich fest, um nicht aus dem Sattel zu fallen, und ihre Muskeln brannten vor Anstrengung. Sie war durchnässt und zitterte so stark, dass sie die Zügel kaum noch halten konnte, während das Pferd sich unter ihr mühte, durch den Schlamm nach oben zu kommen. Mit machtvollem Schwung reckte das Tier den Hals und die müden Läufe und erreichte endlich die halbwegs sichere Graskante.
    Ellie blieb einen Moment sitzen, um zu Atem zu kommen;das Pferd arbeitete angestrengt. Der Schmerz, der sie wie ein Ring umschlossen hatte, ließ nach, und das Baby hatte aufgehört zu strampeln, aber jetzt schwitzte sie trotz der Kälte des Regens und ihrer nassen Kleider. Wahrscheinlich tat ihnen beiden diese Arbeit nicht gut, aber wenigstens war es besser, als auf der Farm herumzusitzen und fett und faul zu werden.
    »Alles in Ordnung?« Aurelia erschien aus dem Dunkel.
    »Ja«, sagte sie. »Bringen wir sie hier weg.«
    Die Rinder ließen sich auf die höher gelegene Weide treiben, und als der düstere Tag schließlich der Nacht wich, machten sich die nassen und müden Männer und Frauen auf den Heimweg. Die Jungbullen waren in Sicherheit, aber wenn dieser Regen anhalten sollte, würde ein neuerlicher Auftrieb nötig werden, um auch die weiter nördlich grasenden Kühe und Kälber auf höheres Gelände zu bringen.
    Ellie war erschöpft, aber sie tat ihr Bestes, um es vor Aurelia zu verbergen. Sie streifte die nassen Kleider und die schlammverschmierten Stiefel ab, und bald darauf war sie in ein warmes Handtuch und einen alten Pullover gehüllt, die Füße in einer Schüssel mit heißem Wasser, das Wang Lee aus der Küche gebracht hatte. Starker, süßer Tee mit einem Schuss
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