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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman
Autoren: Tamara McKinley
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schlug er vor. »Es ist zu weit, um noch hinzufahren. Außerdem – ich weiß, es ist selbstsüchtig – möchte ich gern noch ein Weilchen länger mit dir zusammen sein.«
    Claire schüttelte den Kopf. »Ich will sie sehen. Mit ihnen reden. Das Telefon ist zu unpersönlich.«
    »Dann fliege ich dich hin«, sagte er entschlossen. »Bei deinem Zustand kann ich nicht verantworten, dich den weiten Weg fahren zu lassen.«
    Sie schaute ihn an, sah den Schalk in seinen Augen und Mundwinkeln. »Ich kenne dich kaum«, sagte sie leise. »Wir haben uns vor nicht mal einer Woche kennen gelernt, aber irgendwie ist es, als ob   …«
    Er küsste sie so sanft, dass ihr Puls zu rasen begann. »Als ob wir uns immer schon kennen würden«, sagte er. »Ja, mir kommt es auch so vor.«
    Eine Stunde später landeten sie auf Jarrah, und sofort wussten sie, dass etwas nicht stimmte. Die seltsame Stille auf dem Hof fand ihren Widerhall bei den Aborigine-Frauen, die um ihr Feuer saßen. Ihre Gesichter und ihre Haare waren mit weißer Erde bedeckt. Jemand war gestorben.
    Hastig kletterten sie aus dem Flugzeug und rannten zum Haus. Alle Vorhänge waren geschlossen. Claire bekam einen trockenen Mund, und Angst stieg in ihr auf. »Mum?«, rief sie in der Tür.
    Leanne kam ihnen in der Diele entgegen. »Es ist Tante Aurelia«, sagte sie mit einem kurzen Blick auf Matt und legte den Arm um ihre Schwester. »Sie hat uns verlassen, Claire   …«
    »Aber sie kann nicht   …« Claire verstummte. Aurelia war alt, und allem Anschein zum Trotz hatte sie unter Arthritis und Herzbeschwerden gelitten. Ihre Zeit war gekommen, wie sie für sie alle kommen würde. Aber dass die Nachricht von ihrem Tod so kurz nach allem anderen kommen musste, brachte sie doch ins Wanken. Aurelia war immer ein Fels der Kraft gewesen, nicht nur für Claire, sondern für sie alle. Es fiel schwer, sich ein Leben auf Warratah ohne sie vorzustellen. »Wie hat Mum es aufgenommen?« Sie löste sich aus der Umarmung ihrer Schwester.
    »Tapfer wie immer«, sagte Leanne. »Aber es muss ihr schlecht gehen. Aurelia hat ihr alles bedeutet.«
    »Kommst du zurecht, Claire?« Matt stand im Halbdunkel der Diele und sah sie besorgt an.
    Sie nickte. »Flieg jetzt lieber nach Hause«, sagte sie. »Ich schaff’s schon.« Sie lächelte matt und küsste ihn auf die Wange. »Und danke für heute.«
    Matt umarmte sie und ging. Claire nahm den Hut ab und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Es war heiß draußen, aber auch im Haus wurde es wärmer, und der beinahe süße Geruch des Todes war bereits anwesend. »Ist jemand Dad holen gegangen?«, fragte sie.
    Leanne nickte. »Ich hab einen der Boys losgeschickt. Er erwartet uns dann auf Warratah.« Sie zögerte, und ihre grünen Augen blickten besorgt. »Es ist mir egal, ob wir verschiedene Väter haben«, platzte sie dann heraus. »Du bist meine Schwester, und es tut mir Leid, dass ich ein solches Biest gewesen bin.«
    Claire schluchzte auf, als sie einander umarmten. »Ich liebe dich auch«, sagte sie. »Und mach dir keine Sorgen wegen Jarrah. Ich habe mir eine Möglichkeit ausgedacht, wie du es behalten kannst.« Sie schauten einander an und lächelten. Das Band zwischen ihnen war stark und unzerstörbar, trotz ihrer stürmischen Vergangenheit. Nichts würde daran etwas ändern.
    Das Wohnzimmer lag fast im Dunkeln; das einzige Licht kam von den Kerzen auf dem Kaminsims. Schatten tanzten an Wänden und Decke und ließen Glas und Kupfer und Ellies Tränen glänzen. Sie blickte auf, als die Mädchen hereinkamen, und sah den Schmerz in ihren Augen. »Ich habe darauf gewartet, dass du zurückkommst, Claire«, flüsterte sie. »Ich bin froh, dass du da bist.«
    Claire küsste ihre Mutter auf die tränennasse Wange. »Lass uns nach Hause fahren«, sagte sie leise.
    Angel landete das Flugzeug, als die langen Schatten über Warratah krochen. Die Vögel sammelten sich und schwirrten in bunten Wolken über den Bäumen, ehe sie sich zum Schlafen niederließen. Kleine Busch-Wallabys hüpften aus dem Dickicht, um am Wasserloch zu trinken. Wieder war ein glutheißer Tag vorüber, und Warratah war schläfrig. Die Gebäude standen golden im letzten Licht, und schleichende Schatten ließen die rote Erde des Hofes weich erscheinen.
    Als die Frauen aus dem Wagen stiegen, liefen ihnen die Aborigines von Warratah und die drei Männer entgegen, die zurückgeblieben waren, um während des Jungbullenauftriebs die Farm zu versorgen. Mit feierlicher Sorgfalt hoben sie
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