Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anastasya (German Edition)

Anastasya (German Edition)

Titel: Anastasya (German Edition)
Autoren: Kerstin Mitterer
Vom Netzwerk:
zu verbrennen. Ungefähr fünf Minuten hatten wir Zeit, den Flammen zu entfliehen, dann war es aus. „Außerdem müssen wir erst noch einmal zu Jared. Er hat um meinen Rat gebeten, Liljana und er haben sich gestritten, dieses Mal ziemlich heftig und er hat jetzt Angst, sie zu verlieren. Sie hat ihn nämlich rausgeworfen. Und er will, dass du auch mitkommst und mit ihr redest“
    Jared war D aniels bester Freund seit  geraumer Zeit. Sie kannten sich seit über 300 Jahren. Und Liljana war seine Freundin, seit vier Jahren. Ich kannte sie viel länger. Sie war einmal eine gute Freundin für mich gewesen. Ich hatte früher jeden Tag mit ihr verbracht, sie war im Nebenort aufgewachsen und zwischen uns lagen nur wenige Kilometer – kein großes Hindernis, wenn man mit viel Glück sogar einen Geparden Überholen konnte.
    Aber sie war ziemlich sauer auf mich, weil ich eines morgens auf einmal nicht mehr da war und niemand wusste, wo ich war. Von  meinem Vorhaben hatte ich niemandem erzählt. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass meine Familie davon erfuhr. Und als ich sie vor vier Jahren wieder traf, als ich mit Daniel und Jared unterwegs war… Liebe und Verzeihung.
    Naja, ihre Bezi ehung war schon immer komisch. Sie stritten mindestens zehn Mal am Tag. Manchmal machte ich mich mit Daniel darüber lustig, wir stritten nämlich nie, und wenn dann nur solange, bis einer anfing, irgendwie Humor in die Sache zu bringen.
    „Na gut“, stimmte ich schließlich zu.
    „Brav“, lobte er mich und küsste meine Stirn. Ich schüttelte enttäuscht den Kopf. Ja genau, brav! „Morgen Abend machen wir uns auf den Weg“, erklärte er.
    Ich nickte.
    Er nahm meine Hand und ging Richtung Schlafzimmer. „Kommst du jetzt ins Bett?“, bat er mich.
    Ich nickte erneut und folgte ihm. Ich fühlte mich wie ein lebloser Körper. Im Grunde war ich nicht mehr, aber ich kam mir zum ersten Mal nicht mehr lebendig vor. Erst in diesem Moment wurde mir klar, was für ein unglaubliches Glück ich hatte. Was ich gerade gemacht hatte und was ich hätte tun können, bzw. was alles passieren hätte können.
    Dann wurde mir bewusst, dass ich mit meiner Familie echt die A-Karte gezogen hatte. Von den zweien meiner fünf älteren Brüder, die noch lebten war Petr irgendwo ganz im Norden Amerikas und Andrej trieb sich irgendwo in London herum, angeblich. Aber Adam wusste nicht, dass es die beiden gab. Ich hatte auch nichts das Gefühl, dass er das wissen sollte… War ja schlimm genug, dass er mir auf die Nerven ging.
    „Morgen Abend gehen wir jagen “, beschloss Daniel irgendwann. Er war minutenlang neben mir gelegen, hatte kein Wort gesagt und an die Decke gestarrt, als ob da oben Antworten auf seine Fragen stünden.
    „Schon wieder?“, er war doch gerade heute…
    „Mit wir meine ich hauptsächlich dich“, erklärte er. Aha. Okay. Wenn er meinte. Ich könnte sowieso mal wieder einen Schluck vertragen. Ich konnte immer einen Schluck vertragen. Irgendwie war ich nie satt.
    Ihn amüsierte das, mir kam das äußerst komisch vor, e ine innere Leere, ein Loch, das niemals ausgefüllt werden konnte.
    Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas brauchte, das mir nur dieser Ort geben konnte.
    Ich versuchte, auf andere Gedanken zu kommen, aber ich konnte mich nicht wirklich ablenken und es vergessen. Hätte ich geschlafen, hätte ich mich am nächsten Morgen sicher nicht mehr daran erinnert, aber ich lag den Rest der Nacht mit weit aufgerissenen Augen da. Daniel ebenfalls. Nur starrte er mich an, nicht die Decke. Ich beobachtete eine Fliege, wie sie verwirrt hin und her flog, einen Ausweg suchte und es aber nicht schaffte. Irgendwann gab sie es auf. Ich gab ebenfalls auf. Ich konnte den Gedanken, was mich in meine Heimat zog, nicht abwimmeln. Ich konnte nicht damit abschließen, dass es keine dunkle Macht gab, denn dann hätte ich meine Existenz verleugnet. Außerdem gab es sicher irgendetwas anderes außer uns, es war mir nur noch nicht begegnet. Werwölfe gab es auch, die hielten sich aber von uns fern. Ziemlich klug von ihnen. Ich hatte erst einmal einen gesehen, und er war sofort geflohen. Ich konnte mir aber vorstellen, dass sie im Rudel um einiges mutiger waren.
     
    Den darauffolgenden Vormittag verbrachte ich damit, mir die Fingernägel anzumalen. Das dauerte gut zwei Stunden, weil ich total untalentiert war und das so gut wie nie machte. Und wenn ich mich vermalte wischte ich mit einem Taschentuch darüber, anstatt gleich wieder alles zu entfernen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher