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Anansi Boys

Anansi Boys

Titel: Anansi Boys
Autoren: Neil Gaiman
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falls
    sie je Heimweh nach London hat, lässt sie sich jedenfalls nichts anmerken. Rosies M u tter dagegen ver m isst London sehr und t u t dies auch b e i jeder Gelegenheit kund, doch wertet sie jeden Vorschlag, d a ss sie dann doch vielleicht in die Heimat zurückk e hren m öge, als hartherzigen Versuch, sie von ihren noch ungeborenen (und, das sei bei der Gelegenheit gesagt, auch noch nic h t e m pfangenen) Enkelkindern zu trennen.
    Nichts würde diesem Autor größeres Vergnügen bereiten, als der geschät z ten Leserschaft zu versichern, dass Rosies Mutter, nachdem sie a u s dem Tal der Todesschatten zurückgekehrt war, zu einer g a nz neuen Persönlichkeit gereift sei, einer fröhlichen Fr a u, die für jeden ein freundliches Wort hat und deren neu entdeckte Lust am Essen nur übertroffen wird von ihrer L u st am Leben und al l e m , was es zu bie t en hat. Aber ach, der Respekt für die Wahrheit gebietet vollkom m e ne Aufrichtigkeit, und die Wahrheit ist die, dass Rosies Mutter, als sie aus dem Krankenhaus kam, ganz die Alte war, ebenso argwöhnisch und unnachsichtig wie eh und je, wenn auch weitaus gebrechlicher als zuvor, und außerdem hatte sie es sich angewöhnt, beim Schlafen das Licht anzulasse n .
    Sie verkündete, dass sie ihre Wohnung in London verkaufen und dor t h in – an wel c hem Flecken der Welt es auch sei ziehen würde, wo Spider und Rosie wohnten, nur um ihren Enkelkindern nahe zu sein; und n a chdem einige Zeit verstrichen war, begann sie gezielte Bemerkungen über das Ausbleiben dieser Enkelkind e r zu mac h en, sowie auch über die Quantität und Motilität der Spid e r’schen Spermatozoen, über die Häufigkeit d e r geschlechtlichen Begegnungen zwischen Sp i d er und Rosie und die dabei in Anwendung ko m menden Stellungen und darüber, wie relativ kostengüns t ig und unko m p liziert eine In vitro- E m pfängnis sei. Dies ging so weit, dass Spider ernsthaft zu erwägen begann, nicht me hr m it Rosie ins Bett zu g e hen, einfach, u m Rosies Mutter zu ärgern. Er erwog dies etwa elf Sekunden lang an einem Nac h mit t ag, als Rosies Mu tter ihnen Fotokopien eines Zeitschriftenartikels überreichte, aus dem hervorging, dass Rosie nach dem Sex eine halbe Stunde lang auf dem Kopf stehen soll t e; und als er am Abend Rosie von d i esen Gedanken erzählte, lachte sie und versicherte i h m , dass ihre Mutter keinen Zugang zu ihrem Schlafzimmer habe und dass sie für nichts und nie m anden gewillt sei, nach dem Sex auf dem Kopf zu stehe n .
    Mrs. Noah hat eine Wohnung in Willia m stown, in d e r Nähe von Rosies und Sp i d ers Haus, und zweimal die Woche kom m t eine von Callyanne Higglers vielen Nichten, um nach dem Rechten zu schauen; sie pu t zt die Wohnung, staubt das Glasobst ab (das Wachsobst sch m ilzt bei den Tem p erat u r en, die a u f der Insel herrschen), kocht ein bisschen was und stellt das Essen in den Kühlschrank, und manchmal isst Rosies Mutter es und ma nch m al auch nicht.
     
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    CHARLIE IST jetzt von Beruf S ä nger, und er hat v i el von seiner Weichheit verloren. Er ist ein schlanker Mann geworden, dessen Ma r k enzeic h en die Fil z hüte sind. Er hat viele verschiedene Filzhüte, in verschiedenen Farben, sein Lieblingshut aber ist grün.
    Charlie hat einen Sohn. Er heißt Marcus; er ist viereinhalb und besitzt jene tiefe Ernsthaftigkeit, über die auf der ganzen Welt nur kleine K i nder und Berggorillas verfügen.
    Keiner sagt mehr »Fat Cha r lie« zu Charlie, und ehrlich gesagt, manchmal fehlt es ihm sogar ein bisschen.
    Es war im Sommer, früh am Morgen, draußen war es schon hel l . Es ka m e n auch schon Geräusche aus dem Nebenzimmer. Charlie ließ Daisy schlafen. Er stieg leise aus dem Rett, nahm sich ein T-Shirt und Shorts und g i ng nach nebenan, wo er seinen Sohn nackt auf der Erde sitzen und mit seiner kleinen Holzeis e nbahn spielen sah. Gemeinsam schlüpften sie in ihre T-Shirt s , Shorts und Latschen, Charlie setzte noch einen Hut auf, und dann gingen s i e hinaus zum Strand.
    »Daddy?«, sagte der Junge. Se i n e Stirn lag in Falten, er schien über etwas nachzugrübeln.
    »Ja, Marcus?«
    »Wer war der kürzeste Präsident?«
    »Du me inst, von der Körpergröße her?«
    »Nein. In, nach Tagen. Wer war der Kürzeste?«
    »Harrison. Er hat sich bei der A m tseinführungszere m onie eine Lungenentzündung g e holt und ist daran gestorben. Er war vierzig und e in paar Tage lang Präsident, und den größten Teil seiner A m tszeit hat er
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