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Anansi Boys

Anansi Boys

Titel: Anansi Boys
Autoren: Neil Gaiman
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Zähnen und in der oberen Magenregion. Sobald si c h in einer Fernsehsendung Entwick l ungen auch nur anbahnten, die unter U m ständen peinli c h werden konnten, sprang Fat Charlie sofort auf und schalt e te den Apparat ab. Falls das nicht ang i ng, weil zum Beispiel andere Personen anwesend waren, verließ er das Z i mmer unter einem Vorwand und wartete ab, bis er si c h er sein konnte, dass die pein l ichkeitsträchtige Situation vorbei war.
    Fat Charlie wohnte in Südlondon. Im Alter von zehn Jahren war er mit e i nem ame r i k anischen Akzent hier angekommen, für den er gnadenlos verspottet wurde, sodass er alles daransetzte, ihn loszu w erden, die weichen Konsonanten und breiten Rs a u szumerzen sowie den korrek t en und strategisch sinnvo l len Gebrauch des Wortes innit zu lernen. Im Alter von sechzehn dann w a r es ihm endgül t ig gelungen, seinen amerikanischen Akzent abzulegen, genau zu der Zeit, als seine Schulfreunde entdeckten, dass sie unbedingt so k l ingen m ü ssten, als kämen sie direkt aus der härtesten Hood. Bald klangen sie alle m it Ausnahme von Fat Charlie wie jemand, der so k l ingen wollte, wie Fat Charlie geredet hatte, als er nach E ngland gekommen war. abgesehen davon, dass er nie m als der a rtige Ausdrücke in der Öffentlichkeit hätte gebrauchen können, ohne sich eine deftige Ohrfeige von seiner Mama einzulangen.
    Es kam al l e s auf den richtigen Tonfall an.
    Sobald d i e Beschä m ung über die Umstände des Verscheidens seines Vaters nac h ließ, blieb Fat C h arlie nur noch das Gefühl innerer Leere.
    »Ich habe keine Familie mehr«, sagte er, fast verdrossen, zu Rosie.
    »Du hast m i ch«, sagte sie. Darauf begann Fat Charlie zu lächeln. »Und du hast me ine Mama«, fügte sie h i nzu, worauf das Lächeln ab r upt erstarrte. Sie küsste ihn auf die Wange.
    »Du könn t est über Nacht ble i ben«, schlug er vor. »Mich trösten und so.«
    »Könnte ich«, bestätigte sie. »Werde ich aber nicht tun.« Rosie hatte nicht die Absicht, mit Fat Charlie zu schlafen, bevor sie verheiratet waren. Sie sagte, es sei ihre Entscheidung, und sie h a tte sie get r offen, als sie fünfzehn war; nicht dass sie Fat Charlie dam a ls schon gekannt hätte, aber sie hatte sieb eben so entsc h ieden. Also u m ar m t e sie ihn noch einmal. Ausgiebig. Und sie sagte: »Du m u sst deinen Frieden machen mit deinem Vater, weißt du.« U nd dann ging sie nach Hause.
    Er hatte eine ruhelose Nacht, manchmal schlief er, dann wachte er auf und grübelte, d a nn schlief er wieder ein.
    Bei Sonnenaufgang stand er auf. Sobald die Leute in ihren Büros waren, wollte er s e ine Reisea g entur anrufen und sich nach Trauerfalltarifen f ü r Flüge nach Florida erkundigen, und dann würde er mit der Grahame-Coats-Agentur telefonieren und m itteilen, dass er sich infolge eines Todesfalls in d e r Fa m ilie ein p aar Tage freinehmen m ü sse, und jawohl, er sei sich klar darüber, dass dies von seinen Krankentagen respektive von sein e m Urlaub abginge. Vorerst aber war er froh, dass d i e Welt noch ganz still war.
    Er ging durch den Flur zu dem winzigen Gästezimmer im hinteren Teil des Hauses u n d blickte hinaus in den Garten. Der m o rgendliche Chorgesang h a tte begonnen, und er konnte A m seln erkennen, kle i ne, in den Hecken hüpfende Spatzen u nd eine e i nzelne Drossel m it fleckiger Brust, die sich in den Zweigen eines nahen Baumes zu schaffen machte. Fat Charlie fand, dass eine Welt, in der d i e Vögel am Morgen singen, eine nor ma le Welt sei, eine vernünft i ge Welt, und er hatte nichts dag e gen, ein Teil dieser Welt zu sein.
    Später, als Vögel etwas war e n, vor dem man sich fürchten musste, sah Fat Charlie in diesem Morgen, wenn er daran zurückdachte, noch i m mer etwas Gutes und Schönes, freilich aber auch den Aus g angspunkt von all dem. was folgte. Es war der Mo me nt, bevor der Wahnsinn anfing, und die Angst.

KAPIT E L
ZWEI
    —————
    IN DEM ES
    HAUPTSÄCHLICH
    DA R UM GE H T,
    WAS NACH EINER
    BEERDIGUNG
    GESCHIEHT
    —————
     
    FAT CHARLIE hastete keuchend durch den Ehrengarten der Letzten Ruhe. Er blinzelte in die floridianische Sonne. Schwitzflecken breiteten sich auf seinem Anzug aus, angefangen bei den Achseln und dem Brustkorb. Sch w eiß begann ihm beim Laufen übers Gesicht zu s trömen.
    De r Ehrengarte n d e r Letzte n Ruh e sa h t a tsächli c h au s wie ei n Garten , ei n seh r seltsa m e r Garte n all e rdings , i n de m alle Blume n künstlic h ware n un d au
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