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Analog 5

Analog 5

Titel: Analog 5
Autoren: H. J. Alpers
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sehr ruhig, „machen Sie sich bitte klar, daß Ihr Scheitern beim Suchen einer geeigneten Lösung, etwas über Ihre Eignung für Ihren eigenen Job aussagt.“
    Sherrill schwieg betroffen.
    „Haben wir uns verstanden?“
    „Ich fürchte, ja“, erwiderte Richard und stapfte hinaus.
     
    Es war schon nach drei, als Sherrill in sein Büro zurückkehrte, und alle anderen Angestellten waren bereits nach Hause gegangen. Nur einer war noch da: Dee. Er wartete vor Richards Tür.
    „Ich habe doch gesagt: morgen“, sagte Richard knapp.
    „Bitte!“
    Sherrill seufzte. „Was ist denn los?“
    „Ich weiß, daß ich mich sehr ungeschickt angestellt habe. Aber niemand erklärt mir etwas oder hilft mir.“ Das Programm des Stimmgebers enthielt keine Wiedergabemöglichkeiten für Gefühle, doch die Wortwahl verdeutlichte die Gefühle auch so. „Ich dachte … vielleicht … wenn einmal jemand mit mir spräche. Ich dachte, Sie könnten derjenige sein.“
    „Warum lesen Sie nicht einfach die Gedanken der Leute?“ versetzte Sherrill unfreundlich.
    „Das habe ich versucht, aber sie verschließen sich, und außerdem ist mir ihre Sprache noch immer fremd …“
    Sherrill seufzte erneut. „Kommen Sie herein.“
     
    Noch lange nachdem Dee gegangen war, saß Sherrill an seinem Schreibtisch, die Füße hochgelegt und die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Wie in Trance starrte er auf die Bürowand.
    Sein Geist wanderte von den Vorfahren des Vizepräsidenten über Einsprüche gegen Entscheidungen des Solargerichtshofes bis zu Heilmethoden für geteilte Boötianer und kam immer wieder auf zwei Wörter zurück: „außergewöhnliche Fähigkeiten.“ Endlich, die künstliche Sonne in der Landschaft hinter ihm ging gerade unter, begann eine Idee vor seinem inneren Auge Gestalt anzunehmen.
    Er sprang auf die Füße und raste wie ein Hetzhund von Eridani zur Rechtsabteilung hinüber. Mit zitternden Fingern gab er eine Frage in den Computer ein.
    Als er die Antwort in den Händen hielt, hätte man seine „Ja, ja, ja!“ -Rufe im ganzen menschenleeren Gebäude hören können. Er schien eine Lösung gefunden zu haben.
     
    „Sind Sie denn sicher, daß Sie sich richtig entschieden haben?“ fragte Dee.
    „Ganz sicher! So ist es für alle Beteiligten das beste“, sagte Sherrill. „Sind Sie fertig?“ fragte er die Frau, die sich über die Konsole beugte.
    „Ja, gerade eben“, erwiderte die Technikerin.
    „Okay, Dee. Das Gerät nimmt jetzt Anweisungen von Ihrem Stimmgeber auf. Sie können aber auch, wenn es geheim bleiben soll, direkt Informationen eingeben. Die allgemeinen Richtlinien habe ich Ihnen gegeben, und für die Einzelfälle können Sie besondere Anweisungen einholen. Ist noch etwas unklar?“
    „Nein“, antwortete Dee. „Sie haben mich anders behandelt als alle anderen. Sie haben sich vergewissert, ob ich Sie wirklich verstanden habe. Diese Aufgabe ist mir nun wirklich klar.“
    „Schön“, sagte Sherrill, „und viel Glück.“
    Dee rollte hinter den Schreibtisch. „Ich danke Ihnen.“
    Während er die Tür schloß, stellte Sherrill befriedigt fest, daß das Namensschild bereits ausgewechselt worden war.
    Er ging geradewegs zum Büro des Vizepräsidenten, ließ sich nicht anmelden, stürmte hinein und schaltete ohne Vorwarnung das Schwebefeld aus. Der erschreckte Vizepräsident fand sich auf dem Teppich hingestreckt wieder und starrte zu Sherrill hinauf.
    „Es hat sich eine ‚sinnvolle Aufgabe’ gefunden“, verkündete Sherrill.
    „Hm … gut“, knurrte der Vizepräsident, der sich empört den Ellbogen rieb. „Worin besteht sie?“
    „Ich habe gekündigt. Bevor ich ging, habe ich Dee als meinen Nachfolger eingestellt: als Personalchef für irdische und außerirdische Arbeitskräfte.“
    „Was?“
    „Es ist die ideale Lösung, wie Sie selbst gleich zugeben werden. Ich habe mir die Gesetzestexte angeschaut und festgestellt, daß Telepathen eine Lücke in der Gesetzgebung über die Gleichbehandlung von Einzustellenden aufstoßen. Es gibt keine Bestimmung dagegen, daß man etwas über die Intelligenz, die Erfahrung oder die Fähigkeiten der Bewerber in Erfahrung bringt, man darf sie nur nicht danach fragen. Dee braucht sie nicht danach zu fragen; er braucht auch nicht herumzuraten, ob ein Bewerber für einen bestimmten Job geeignet sein wird oder ob er sich in der Position wohlfühlen wird. Er hat es alles im Kopf, und die Untersuchungsbehörde kann nichts nachweisen, selbst wenn sich ein Bewerber beschwert.
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