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Analog 2

Analog 2

Titel: Analog 2
Autoren: H. J. Alpers
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Plastik beschichtet, türkisfarbene Schalttafel, transparente Schutzabdeckung. (Ja, ich weiß, keiner sagt „plastikbeschichtet“. Wie gewöhnlich bin ich nur vorsichtig. Ich hatte einmal einen Freund, der dafür belangt wurde, weil er einen geschützten Branchennamen für ein Zellophan band benutzte. Wenn er mit einem S-Wort nicht ungestraft davonkam, bin ich nicht gewillt, ein F-Wort zu riskieren.) Außer einem AN/AUS-Schalter und einem Auslöseknopf auf der erhöhten Plattform, auf die die Gegenstände gelegt werden, die man schneiden will, waren keine weiteren Verzierungen an dem Modell. Ich habe bereits an Hunderten von ihnen gearbeitet, und ich sah sofort, was hier nicht stimmte – das dachte ich zumindest. Etwas Ähnliches war mir schon früher begegnet, nichts Besonderes, nur ein Unfall.
    In dem Ding lag eine tote Maus.
    Ich stöhnte vor Verärgerung. Das hätte die Dame ohne großes Theater selbst erledigen können. Ehrlich, ich hatte noch von niemandem gehört, daß er Angst vor Mäusen hat, besonders nicht vor toten. Aber früher oder später lernt ein Kundendienstler nicht nur alle Seltsamkeiten, sondern auch alle Klischeevorstellungen kennen.
    Zugegeben, der Anblick war ein wenig scheußlich. Eine tote Maus ist eine Sache für sich, aber sauber in der Mitte zertrennt? Das kann einen schon aus der Ruhe bringen, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Besonders vor dem Frühstück.
    Alles, was ich tun konnte, war, die Sauerei wegzuwischen und die Maschine zu testen. Ich warf das hintere Ende des Tieres in den Mülleimer und wischte mit einem Schwamm das Blut ab. Es war sonnenklar, wie dies passieren konnte. Die Maschine war so konzipiert, daß sie aus Sicherheitsgründen nach dreißig Sekunden automatisch ausschaltete, falls sie nicht mehr benötigt wurde. Man mußte den Knopf auf der Plattform drücken, um den Schnitt auszuführen, mit dem jener Teil der Möhre – oder was auch immer –, der über die Aktionsoberfläche ragte, ein gewisses Stück in der Zeit vorausgeschickt wurde. Es war ein Sensorknopf, den man wiederholt und schnell drücken konnte. Mrs. Frantic hatte offensichtlich die Maschine eingeschaltet und sie danach vergessen. Oder sie ließ die Maschine sich selbst wieder ausschalten. Nur – das tat sie nicht. Die Automatik funktionierte nicht. Eine Maus war in der Nacht über die Anrichte gekrochen, hatte den Bedienungsknopf ausgelöst und – zack! Daraufhin schaltete sich die Maschine aus, wie es sich gehört. Dies war mir anhand der Position des Schalters klar.
    Trotzdem vergewisserte ich mich, bevor ich meine Hände zu nahe an das Ding heranbrachte. Ich führte den Schwamm über den Rand der Plattform und drückte den Knopf. Nichts. Okay, es war sicher. Jetzt konnte ich den Apparat zerlegen. Aber zunächst mußte ich den anderen Teil der Maus entfernen. Ich reichte unter die Anrichte, um den Plastikbehälter zu entfernen, und machte mich auf den Anblick der Kopfhälfte des Tieres gefaßt. Der Anblick blieb aus.
    Der Behälter war leer.
    Jetzt klinkte es wirklich bei mir aus. Also, da war eine Frau, deren Hysterie mir am Telefon fast das Herz hatte stocken lassen, die aber dennoch gelassen genug gewesen war, den halben Aufputz selber zu erledigen. Und außerdem hatte sie noch eine neue Plastikfolie eingelegt.
    Ich ging in den anderen Raum. „Hallo, entschuldigen Sie. Haben Sie die vordere Hälfte der Maus selbst entfernt?“ Sie sah aus, als ob die bloße Erwähnung sie zum Erbrechen bringen würde.
    „Mit Sicherheit nicht. Ich habe nicht einmal hineingeschaut. Warum, glauben Sie, habe ich Sie wohl gerufen?“
    „Na schön, wer hat es dann getan?“
    „Niemand. Wie meinen Sie das? Soweit ich weiß, ist sie immer noch da drinnen. Ich meine, so muß es doch sein – oder etwa nicht?“
    Ich nickte. „Ja, so ist es – soweit ich weiß.“ Ich ging zurück in die Küche, ein wenig verwirrt.
    Wie ich schon sagte, ich glaubte, bereits alles gesehen zu haben. Einmal sah ich sogar einen Wellensittich, der seine Schwanzfedern in einem dieser Dinger verloren hatte. Aber die Federn waren in dem Behälter, genau dort, wo sie hingehörten. Dieser Behälter war so leer, wie nur irgend etwas leer sein kann. Ich beschloß, die Maschine zu testen, bevor ich sie auseinandernahm. Ich stellte keine Spekulationen über die Gründe an, sondern ging daran, nach ihnen zu suchen. Sehr wissenschaftlich. Es war ein recht schwieriges Unterfangen, da ich nicht die leiseste Ahnung hatte, was hier passiert
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