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Analog 08

Analog 08

Titel: Analog 08
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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folgenden Sätze langsam und deutlich.“
    „Dazu haben wir keine Zeit …“ Der Mann verschwand jedoch, und eine Reihe von Wörtern erschienen auf dem Schirm.
    Ich mußte das gesamte Ritual hinter mich bringen: „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage …“
    Nach weiteren Prozedurdetails konnte ich endlich mit Tobias Mooneys Sekretärin sprechen.
    „Es tut mir leid, Mr. Brisando, aber Mr. Mooney ist heute morgen draußen auf der Prozeßplattform. Kann Mr. Edmunds Ihnen vielleicht weiterhelfen …?“
    Mein Herz sank. „Ist mein Vorgesetzter, Mr. Stevens, vielleicht zufällig da?“
    „Ich glaube, Mr. Stevens ist mit Mr. Mooney zur Plattform hinausgefahren. Dort soll eine kleine Feier stattfinden, glaube ich …“
    „Hören Sie genau zu“, sagte ich. „Es ist unbedingt notwendig, daß ich zu der Plattform hinauskomme, bevor der Probelauf beginnt. Ich bin mit Mr. Mooneys Nichte am Raketenflugplatz, aber wir haben den Raketenbus von heute morgen verpaßt. Können Sie uns ein Transportmittel beschaffen?“
    „Sicher. Ich rufe sofort den Pilotenraum dort an. Gehen Sie zu Tor C, und identifizieren Sie sich.“ Sie schaltete mit einem warmen Lächeln darüber ab, daß sie eine Möglichkeit bekam, ihre Tüchtigkeit zu demonstrieren.
    Als wir Tor C erreichten, sagte man uns, wir sollten einige Minuten lang warten. Keiner von uns hatte Lust dazu, sich hinzusetzen.
    „Mr. Brisando! Freut mich, Sie wiederzusehen!“ Zu meinem Erstaunen war es Casey, der sich mit einem Zahnstocher in den Zähnen herumbohrte. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, als er unseren abgerissenen Zustand bemerkte. „Sieht so aus, als hätten Sie eine schlimme Nacht hinter sich.“
     
    In dem Pteroflieger blieb uns Zeit, uns in der herrlichen Toilette etwas zu säubern. Ich öffnete die Bar und goß uns zwei handfeste Drinks ein.
    „Danke“, sagte Doris, nahm das Glas in beide Hände und trank einen tiefen Schluck daraus.
    Ich ließ mich in einen der weichen Drehstühle fallen und stellte mein Glas auf den riesigen Holztisch. „Was ist dein Onkel für ein Mensch, Doris?“
    „Du meinst, ob er Dir glauben wird?“
    „Wieviel ist ihm emotionell an dem Gelingen des Projekts gelegen?“
    Doris dachte einen Moment lang nach. „Genug, um die Wahrheit zu bestreiten, bis es zu spät ist, fürchte ich.“
    Ich stützte meine Ellbogen auf den Schirm, in dem Casey uns an diesem bedeckten Tag die Wolkendecke zeigte. „Dann muß ich mit Mark Lassiter sprechen. Ich halte ihn für einen guten Ingenieur und außerdem für einen Realisten. Er wird mir zuhören.“
    „Wird er aber den Probelauf unterbrechen, wenn Onkel Tobias ihm befiehlt, damit weiterzumachen?“
    Durch eine kleine Lücke in den watteähnlichen Kumuluswolken glänzte das Meer im Morgenlicht. Angeblich soll ich gut im Lesen von Charakteren sein, dachte ich. Das ist ein Teil meiner Ausbildung und ein Teil meines Berufs. Mark Lassiter war offensichtlich intelligent und tüchtig, aber auch er war an dem Projekt emotional beteiligt. In seinem Fall war das nicht nur persönlicher Ehrgeiz; es war ein bestimmter Stolz auf seinen Beruf. Die Prozeßplattform war sein Kind – ich hatte das aus seinem Gesicht und seinem Tonfall abgelesen. Außerdem war er ein Angestellter der Gesellschaft, obwohl es schwer abzuschätzen war, wie tief das ging.
    „Mario?“
    Ich antwortete mit einem unterdrückten Grunzen.
    „Du träumst wohl. Ich habe dich gerade gefragt, ob Mark Lassiter den Befehl meines Onkels ignorieren und den Probelauf aufhalten würde.“
    Ich sah auf die Wolken auf dem Schirm. „Nein, das würde er nicht.“
     
    „Sie scherzen wohl!“ Mark Lassiters Gesicht war rot, und das kam nicht nur von dem Seewind, der auf dem Landeplatz der Plattform um unsere Ohren pfiff.
    Wir drei standen einen Augenblick lang da, während ich meine Worte nach der ersten Überraschung einsinken ließ. Dann sah ich ihm fest ins Auge. „Ich meine es tödlich ernst, Mark. Sie müssen den Probelauf heute aufgeben.“
    Blonde Haarsträhnen wehten um den Rand seines Schutzhelms. „Als der Pilot gemeldet hat, daß Sie heute morgen kommen würden, hatte ich keine Ahnung …“
    „Hören Sie“, sagte ich, „können wir uns irgendwo drinnen unterhalten?“
    „Sicher, in meinem Büro … aber hören Sie, ich möchte Ihnen gleich von Anfang an klarmachen, daß die Anlage bereits in Betrieb ist …“
    Doris schnappte erschreckt nach Luft.
    Ich spürte, wie mein Adrenalinspiegel gewaltig anstieg.
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