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Analog 08

Analog 08

Titel: Analog 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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die Hände einer der Wachen mich bei den Hüften packten. Instinktiv trat ich zurück, so fest ich konnte, und traf etwas Festes. Ich hörte ein Grunzen. Ich fuhr herum und stieß mit meinem Kopf gegen die Brust des Eingeborenen, der Doris festhielt. Zu meiner Verblüffung krümmte er sich zusammen. „Doris, schnell!“ rief ich, und wir rannten auf die Dunkelheit der Bäume zu.
    Die Ereignisse der nächsten Minuten waren ein Alptraum von vermischten Bildern. Zweige und Schlingpflanzen schlugen uns in das Gesicht, während wir atemlos durch die Finsternis rannten. Ich stolperte und fiel, und mein Mund war voller Dreck und Blut. Ich kämpfte gegen ein Stolpern an und riß an den Knoten, die immer noch meine Hände auf den Rücken fesselten. Doris rief: „Hierher!“ Hinter uns ertönten Rufe, und der Wald war voller Lichter. Der weiße Schal von Doris tauchte vor mir in der Dunkelheit auf. Ich fiel wieder hin. „Mario, steh auf! Schnell!“ Aus einem Bau in der Erde sahen mich zwei leuchtende Tieraugen an. „Mario, bitte!“ Ich stand auf und rannte los, brach durch Büsche, Dornen rissen an meinen Armen. Schwärze. Das weiße Tuch war verschwunden. Ich rannte durch eine Baumreihe, fiel, und warmer Schlamm glitt durch meine Finger, als ich zu rutschen begann. Das Flußufer. Doris. Das Boot. Seine Positionslichter brannten noch, und es wartete brav auf uns.
    Doris kletterte hastig die zweistufige Leiter hoch. Als ich wieder auf die Füße kam, sammelten sich zwischen den Bäumen über uns Lichter. Als ich die Leiter erreichte, schlug zu meinen Füßen etwas in den Schlamm ein. Ein kurzer, spitzer Stock, wahrscheinlich vergiftet. Dann war ich an Bord und ließ mich instinktiv auf das Deck fallen.
    Doris drückte mir einen Messergriff in die Hand, als ich dort auf dem Bauch ausgestreckt lag. „Halt das fest“, sagte sie und rieb ungeschickt mit ihren Fesseln an der Klinge hin und her. Sekunden später waren wir beide frei.
    Sie kletterte gerade die Leiter zu der Kontrollkabine hoch, als der erste Eingeborene über die Reling des Bootes stieg. Er stockte kurz und sah mich aus seinen großen Augen an. In seiner Hand trug er einen Holzspeer.
    Dann warf er den Speer mit einer Bewegung, die zu schnell war, um ihr mit dem Auge folgen zu können. Er fiel Zentimeter von mir entfernt klappernd auf das Deck. Der Motor erwachte heulend zum Leben.
    Ich sah auf das Messer, das ich noch immer in der Hand hielt. Der Eingeborene kletterte mit zitterndem Schnurrbart über die Reling. Vielleicht hatte er genausoviel Angst wie ich. Ich lief auf ihn zu, brüllte so laut ich konnte, und zeigte ihm mein Messer. In der Dunkelheit sah ich, wie seine Augen sich vor Angst weiteten, aber er kletterte weiter.
    Ein Bein hatte er bereits über die Reling geschwungen. Ich schlug ihm mit der Faust ins Gesicht – ein Schwinger in seine Schnauze, der durch den Messergriff in meiner Hand zusätzliche Wucht bekam. Er stürzte in den Schlamm zurück.
    Doris ließ den Motor mit voller Kraft im Rückwärtsgang laufen, und nach einigen Rucken und Kratzern am Boden waren wir aus der Untiefe heraus. Der Kanal war zu eng, um das Boot zu wenden; irgendwie mußte sie es schaffen, die kurvenreiche Strecke rückwärts hinter sich zu bringen, und das in völliger Dunkelheit.
    Vom dunklen Flußufer über uns fielen flackernde Lichtstrahlen auf uns herab. Wyntaraag-Worte gellten durch die Nacht. Die kurzen Holzspeere zischten um uns durch die Luft, prallten aber zum größten Teil von dem elastischen Rumpf ab. Einer fiel in meiner Nähe auf das Deck, und mir wurde endlich klar, daß ich mich besser in die Kabine zurückziehen sollte.
    Ich kauerte jedoch weiter auf dem Deck, spürte unsere Rückwärtsbewegung und hörte die Schreie und Rufe, die langsam hinter uns verklangen. Einmal stießen wir mit etwas zusammen, und das Deck neigte sich in einem bedrohlichen Winkel, aber wir richteten uns schnell wieder auf. Ich holte tief Luft, stand auf und sah mich um. Die Fackeln waren in einiger Entfernung als kleine Gruppe auszumachen. Das Flußufer wurde offensichtlich an irgendeinem Punkt hinter uns undurchdringlich und hielt die Eingeborenen davon ab, uns zu folgen.
    Erleichterung und Erschöpfung überfielen mich zur gleichen Zeit. Auch die Schmerzen in meinen Beinen meldeten sich, die von meinen Stürzen blutüberströmt waren. Meine Knöchel schmerzten von dem Schlag, den ich geführt hatte. Das war seit der dritten Klasse das erste Mal gewesen, daß ich jemanden

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