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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar
Autoren: Christopher Coake
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vor ihm weggelaufen war. Sie würde ihn aber doch nicht anrufen, oder? Der Gedanke war absurd, und dennoch ertappte er sich dabei, wie er ihn unbehaglich hin und her wälzte.
    Das Klappern des Schlüssels im Schloss ließ ihn zusammenfahren. Allison kam herein, dick in ihren Mantel gemummelt, beide Arme voller Einkaufstüten. »Brrr«, sagte sie und schauderte theatralisch. Dann sah sie Mark oben an der Treppe stehen, und ihr Gesicht leuchtete auf.
    Mark steckte das Handy in die Hosentasche. Seine Finger streiften die schmale, warme Rundung des Rings.
    Und das war der Grund, warum seine Entscheidung richtig war, warum die fremde Frau nicht zählte, seine Zweifel nicht zählten: weil vor ihm Allie stand und rief: »Du bist ja schon da!« Weil Allie die Stufen zu ihm heraufgeeilt kam, seine Allie, lächelnd und mit ausgestreckten Armen, und ihn küsste, ihn aufnahm .

VIER
    Sie schliefen höchstens ein paar Stunden.
    »Und du bist dir ganz sicher?«, wiederholte Mark nachts um eins, als Allie nackt auf ihm saß. »Sag’s mir noch mal.«
    »Absolut«, sagte Allie. Sie starrte ihm in die Augen, beugte sich vor, nahm seine Lippe zwischen die Zähne, grub ihm die Nägel in die Schultern. Wenn er sich konzentrierte, spürte er an seinem Bizeps die schmale Kante des Rings an ihrem Finger. Sie presste ihr Becken an seines. »Absolut.«
    Um halb drei stand Allie auf und klapperte unten in der Küche herum; von Sex bekam sie immer Appetit. Mark lag schläfrig auf dem Bauch. Er war verlobt – aber selbst jetzt klangen die Worte in seinem Kopf noch unwirklich, wie die unsinnige Hoffnung eines Kindes. Seine Gedanken wanderten zurück zu dem fragwürdigen Auftakt ihrer Beziehung: ein One-Night-Stand in einem Hotelzimmer in New Jersey, als sie sich keine sechs Stunden kannten. Dafür hatten sie es weit gebracht.
    Vor zehn Jahren war er ein verheirateter Mann gewesen, Vater eines vierjährigen Sohnes. Wenn ein Zeitreisender dem Mark Fife von damals verraten hätte, wo er ein Jahrzehnt später stehen würde – was zwischen ihm und seiner Zukunft lag –, hätte er sich womöglich die Pulsadern aufgeschlitzt.
    Allie kehrte ins Schlafzimmer zurück, in den Händen ein Glas Wasser für ihn und für sich einen Wein. Sie brachte einen scharfen Duft nach Sex und Schweiß mit, der sich angenehm mit dem Bukett des Weins mischte. Sie setzte sich neben ihn; er küsste ihr trockenes Knie.
    Sie nahm einen Schluck, sagte dann: »Mich stört es nicht, wenn du auch was trinkst, wirklich.«
    Ihm fiel wieder ein, wie nah dran er gestern in der Kneipe gewesen war, ein Bier zu bestellen. Alle Gefahr, in der er sich dadurch gefühlt hatte, schien jetzt vertrieben – ein für alle Mal gebannt. Er war in seinem neuen Leben angekommen. Ein Schlückchen Wein konnte ihm nichts anhaben. »Aber nur Wein, was anderes gibt’s für mich nicht«, sagte er. »Abgemacht?«
    Er hatte ihr nie viel von seiner Trinkerei erzählt – nur dass er sich nicht mochte, wenn er betrunken war, was auf jeden Fall stimmte. Dass er zu lange Zeit zu oft betrunken gewesen war.
    Allie sah ihn forschend an. »Okay.«
    Er nippte aus ihrem Glas. Es war ein guter Roter – Allison hatte ein Faible für Wein –, und er schauderte fast vor Wohlbehagen. »Und, was schmecke ich?«, fragte er.
    »Wein«, sagte sie mit einem Achselzucken. »Merlot. Ich gehöre nicht zu diesen Leuten.«
    Er lachte. »Lüg nicht.«
    »Außerdem sollst du es dir nicht sagen lassen. Du musst selber schmecken.«
    Er nippte noch einmal.
    »Boysenbeere«, sagte er.
    »Und du sollst dir auch nicht irgendwelchen Scheiß ausdenken.«
    »Eichenfass?«
    Sie nahm ihm das Glas aus der Hand. »Wir gehen mal zu einer Weinprobe.«
    »In Ordnung.«
    Sie lehnte den Kopf an seine Brust. »Ich hab Ja gesagt.«
    »Ich weiß. Gott sei Dank.«
    »Ich hab mir sehr gewünscht, dass du fragst«, sagte sie. »Und ich wollte Ja gesagt haben, bevor ich dich auch ein paar Sachen frage. Ich wollte, dass du weißt, dass ich das hier will, mehr als alles auf der Welt.«
    Jetzt, wo seine Anspannung gerade wich, wurde sie ernst. »Was denn fragen?«
    »Na ja … machen wir eine Hochzeitsfeier?«
    Beschämt wurde ihm klar, dass er dazu keinerlei Meinung hatte. Er hatte sich Gedanken über den Antrag gemacht, über ihr Leben miteinander – aber eine Feier?
    »Du entscheidest.«
    Sie wandte ihm das Gesicht zu. »Ich hätte schon gern eine.«
    Jetzt hatte Mark eine Meinung: dass nämlich seine letzte Hochzeitsfeier ihn an den Rand des
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