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Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Titel: Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)
Autoren: Geert Mak
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Text »Hey Ba Be Re Bop« aufzuführen. Der Kommentar der Tageszeitung De Gelderlander: »Maßlos muss die Leere des Herzens sein, aus dem der Hang zu höheren Werten als Negergekeuch gewichen ist.« Aber das Publikum, das nichts gewöhnt ist, ist begeistert: Amerika!
    Das Jahr 1960 bildete den Höhepunkt dieses sirrenden, lichtblauen Jahrzehnts. Das durchschnittliche Jahreseinkommen betrug nun in Amerika 5000 Dollar, ein neues Haus kostete 12 500 Dollar, ein Auto 2600 Dollar, ein Paar Schuhe 13 Dollar, ein Liter Benzin 6,7 Cent.
    Die Heckflossen des neuen Cadillac Eldorado waren die größten und schärfsten, die es je gegeben hatte. Im April wurde der erste Wettersatellit ins All geschossen. Auf den Philippinen versuchte die japanische Regierung vergeblich, die letzten beiden japanischen Soldaten aus dem Urwald zu locken. Man konnte sie nicht davon überzeugen, dass der Krieg vorbei war. Xerox brachte den ersten kommerziellen Fotokopierer auf den Markt. Chubby Checker machte einen neuen Tanzstil populär, den Twist. Frank Sinatra sang in dem kleinen Film Music for Smokers Only mit einer Zigarette in der Hand und nahm nach jeder Zeile einen Zug: » I get no kick from champagne …«
    National Airlines war die erste Fluggesellschaft, die mit Düsenflugzeugen von New York nach Miami flog, in nicht einmal drei Stunden, für 55 Dollar. Der Bau des Interstate Highway System, des größten Autobahnnetzes der Welt, war bereits seit vier Jahren in vollem Gang.
    Die Baumwollpflückmaschine hatte den Süden übernommen. Die Entwicklung der Klimaanlage machte es möglich, sogar in Wüstengebieten Suburbs aus dem Boden zu stampfen. Das Land zog in die Stadt, die übervollen Innenstädte siedelten in die rasengesäumten Straßen der Außenbezirke um, der schwarze Süden zog zu den Fabriken des Nordens.
    Am 9. Mai – Muttertag – wurde bekannt gegeben, dass die erste Antibabypille, Enovid, für sicher erklärt worden war und auf den Markt gebracht werden durfte. Der Stammvater der Pille, Dr. John Rock, jubelte, der zügellose Paarungstrieb der Menschheit bleibe nun endlich folgenlos: »Zur Zeit ist die größte Gefahr für den Weltfrieden und einen angemessenen Lebensstandard nicht die Atomenergie, sondern die sexuelle Energie.« Der Kalte Krieg war nach dem Abschuss eines amerikanischen U-2-Spionageflugzeugs in aller Schärfe wiederaufgenommen worden. Der Kriegsheld Dwight D. Eisenhower war noch immer Präsident, es war sein letztes Amtsjahr. Der Wahlkampf war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem einfachen Jungen Richard Nixon und dem Reiche-Leute-Kind John F. Kennedy. 1960 ist das Jahr, in dem diese Geschichte beginnt.
    2
    Diese Geschichte ist der Bericht über zwei Reisen, die eine fand im Jahr 1960 statt, die andere 2010. Die Augen, die Amerika 1960 betrachteten, waren die des Schriftstellers John Steinbeck und seines Hundes Charley. Zusammen fuhren sie in einem grünen GMC -Truck durchs Land. Dem Wagen hatte Steinbeck den Namen »Rosinante« gegeben – nach dem Pferd Don Quichottes –, denn seine Freunde waren der Ansicht, jener habe eine vergleichbare Expedition unternommen: Ein alter verwirrter Ritter macht sich allein auf den Weg, um das Land von bösen, gefährlichen Windmühlen zu befreien. Die Augen im Jahr 2010 sind meine.
    John Steinbeck war 1960 ein recht großer, ergrauter Mann von achtundfünfzig Jahren. Sein Gesicht trug, wie er selbst schrieb, die Spuren der Zeit: Narben, Runzeln, Falten. Er hatte einen Schnurr- und einen Kinnbart und trug am liebsten Arbeitskleidung: halbhohe Wellington-Gummistiefel, eine khakifarbene Baumwollhose, eine Jagdjacke sowie eine ausgeblichene Mütze der englischen Marine. Die hatte er während des Krieges vom Kapitän eines Torpedobootes bekommen, das kurze Zeit später selbst torpediert wurde. Die Überbleibsel des Krieges waren immer noch Teil von Steinbecks alltäglichem Leben, wie für viele andere auch.
    Er war mit Elaine Anderson verheiratet, einer vornehmen Dame aus Texas, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Lady Bird Johnson hatte, der Frau des einflussreichen Senators und späteren Präsidenten. Die Damen waren gut befreundet, und als Lady Bird zu einer öffentlichen Person wurde, kaufte Elaine sogar regelmäßig für sie Kleider, weil sie beide exakt die gleiche Figur hatten. Die Steinbecks lebten die meiste Zeit in Sag Harbor, einem alten Fischerhafen an der Ostküste zwischen den Krokodilkiefern von Long Island, zwei Stunden östlich von New York.
    Sag Harbor war
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