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Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Titel: Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)
Autoren: Geert Mak
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Labore der Universitäten verdiente. Ricketts eigenes Laboratorium war das Zentrum eines regen sozialen Lebens, mit vielen Freunden und vor allem vielen Freundinnen, und mit enormen Mengen billigen Alkohols. Rickett wurde der Freund seines Lebens, der ältere Bruder, der ihn lehrte, sich selbst zu akzeptieren, mit all seinen Ansprüchen und Unzulänglichkeiten.
    In diesen Jahren arbeitete Steinbeck an einer Reihe von Romanen, die weltweit berühmt werden sollten, bis in den Ostblock hinein: Tortilla Flat (1935; dt. 1943), Of Mice and Men (1937; Von Mäusen und Menschen , 1940), The Red Pony (1938; Der rote Pony , 1945), Cannery Row (1945; Die Straße der Ölsardinen , 1946) – mit seinem Freund Ed Ricketts in der romantischen Rolle des »Doc« – und The Pearl (1947; Die Perle , 1949). Die Geschichten spielten meist in Kalifornien, und immer handelten sie von einfachen Leuten, von mühsam erworbenem Glück, vom Schicksal, von der Zähigkeit der Überlebenden.
    Er hatte ein gutes Gespür für Titel. The Grapes of Wrath (1939; Früchte des Zorns , 1940) – über die große Not der Menschen, die in den dreißiger Jahren durch die große Dürre im Mittleren Westen von ihrem Land vertrieben wurden – und East of Eden (1952; Jenseits von Eden , 1953) – ein fast biblisches Drama über den Kampf zwischen zwei Brüdern, das mehr oder weniger auf seiner eigenen Familiengeschichte in Salinas basiert – wurden Klassiker.
    Vor allem der Roman Früchte des Zorns hatte eine weitreichende Wirkung. Seine Beschreibung der Entbehrungen, die die Betroffenen aus der sogenannten Dust Bowl zu erleiden hatten, und der Art und Weise, wie ihre Landsleute sie ausbeuteten, wurde in der rechten Presse scharf angegriffen. In der Gegend, wo Steinbeck aufgewachsen war, durfte er sich jahrelang nicht blicken lassen. Gleichzeitig konnte niemand die gnadenlose Botschaft dieses Buches leugnen. Der Theaterautor Arthur Miller sagte über den Roman, die Joads – die Protagonisten – seien realistischer dargestellt, als es die eigenen Nachbarn sein könnten, und ihr Leidensweg symbolisiere eine Epoche. Die Art, wie Steinbeck der Erniedrigung der amerikanischen Armen Gestalt gebe, sei seine größte Leistung, mit der er für einen kurzen Moment dem dezidierten Unwillen der Amerikaner, der Realität ins Auge zu sehen, getrotzt habe.
    Für Literaturhistoriker ist das Werk Steinbecks ein wichtiges Glied in der amerikanischen Erzähltradition, in der das Leben der einfachen Leute zentral steht, eine Kette, die mit Mark Twain und Walt Whitman beginnt und auch heute noch fortgeführt wird. Steinbeck lehnte es konsequent ab, sich an den literarischen Moden des Understatements und der untergründigen Geschichten zu beteiligen. Aus einem Dialog musste das Leben nur so hervorsprudeln. Er war und blieb ein Erzähler. »Steinbecks Genie«, schrieb E. L. Doctorow, »bestand darin, dass er es verstand, eine Geschichte aus dem Riesenchaos und dem fast allgemeinen Elend im Amerika der dreißiger Jahre zu machen.«
    John Steinbeck war dreimal verheiratet. Zuerst mit seiner Jugendliebe Carol, danach mit der gescheiterten Schauspielerin Gwyn, mit der er während des Kriegs eine tumultreiche Ehe führte. Das Paar hatte zwei Söhne, Thomas und John junior In dieser Zeit fuhr John regelmäßig als Korrespondent der New York Herald Tribune an die europäischen Fronten, und gegen Ende ihrer Ehe quälte Gwyn ihn immer wieder mit dem »Geständnis«, dass John junior nicht sein wirklicher Sohn sei. Diese Problematik wurde sogar zum Hauptthema des Theaterstücks Burning Bright (1950; Die wilde Flamme , 1952). Dass dies Unsinn war und die Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn in späteren Jahren nur allzu deutlich werden sollte, konnte Steinbeck damals noch nicht wissen.
    Er sah die Jungen regelmäßig, verbrachte lange Urlaube mit ihnen, doch irgendwie blieb das Verhältnis zwischen Vater und Söhnen schwierig, eng und distanziert zugleich. Steinbeck selbst schrieb einem Freund einmal, es gebe zum Glück eine tiefe, wortlose Liebe, die von beiden Seiten durch die Barrikade durchsickere.
    Bei der Scheidung – er war Mitte vierzig – verstand Gwyn es, ihn nach allen Regeln der Kunst auszunehmen. Arm und verbittert zog er sich in das alte Familienhäuschen in Pacific Grove zurück. Männer und Frauen sollten einander aus dem Weg gehen, meinte er in jener Zeit, außer im Bett, dem einzigen Ort, »wo der natürliche Hass, den sie füreinander empfinden«, nicht so evident sei.
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