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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm
Autoren: Hanna Molden
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und lebte seit Jahren in einer festen Beziehung mit dem Theaterregisseur Ludwig Berger. Wenn Freunde oder Bekannte sich über das Paar mokierten, geriet Amelie in Rage. Sie kenne keine bessere Ehe, verteidigte sie die beiden hitzig.
    Ulis und ihre Freundschaft hatte vor acht Jahren begonnen. Damals war Amelie in einem Altwarenladen beschäftigt gewesen und hatte Uli bei der Suche nach einer möglichst kitschigen, möglichst billigen, möglichst lebensgroßen Nackten unterstützt, die er für eine Bühnendekoration brauchte. Sie hatten in völliger Eintracht so lange gustiert und gelacht, bis sie gefunden hatten, was er suchte: ein scheußliches gipsernes Weib, das sie später scherzhaft die Muse ihrer Freundschaft nannten. Eine Freundschaft, die Uli, wenn man ihn darauf ansprach, als Liebe auf den ersten Blick bezeichnete.
    »Ich bin okay.« Amelie machte sich von Uli los, trug Kanari und Frosch zum Regal zurück und rückte eine Weile an ihnen herum. Als sie sich dem Freund neuerlich zuwandte, blies sie die Luft aus und lachte. »Ja, doch, ich bin wieder okay. Erzähl mir was aus der weiten Welt.«
    »Weder weit noch groß, mein Liebling«, grinste Uli. »Falls du es vergessen haben solltest – ich komme aus Zürich.«
    Etliche Wochen war er mit Ludwig in der Schweiz gewesen. Ludwig hatte als Gastregisseur am Zürcher Schauspielhaus inszeniert, und Uli war für das Bühnenbild engagiert worden. In der Branche galten Berger & Hahn längst als erfolgreicher Package-Deal.
    »Das Leben war teuer, das Essen fett, die Arbeit ein Tschoch, die Premiere rauschend, die Kritiken lausig.« Uli hatte sich auf Amelies Schreibtischsessel niedergelassen und hielt eine Zigarettenpackung in die Höhe. »Darf ich?« Amelie nickte. Versonnen sah sie dem Rauch nach, der von der Zigarette aufstieg, forschend betrachtete der Freund die Freundin, eine Weile schwiegen beide. »Also, was ist los mit dir, wo drückt der Schuh?«, fragte Uli schließlich.
    Amelie machte ein paar unentschlossene Schritte, dann hockte sie sich vor Uli auf die Schreibtischplatte und ließ die Beine baumeln. »Ich warte, Madame.«
    Sie streckte ihm ein Bein entgegen, die labbrige schwarze Leinenhose rutschte zurück und gab den Blick auf eine schlanke Fessel und einen durch kein Hühnerauge verunzierten schmalen Fuß in einer breiten schwarzen Gesundheitssandale frei. »Der Schuh kann nicht drücken, weil er keiner ist.«
    Uli haschte nach dem Fuß, hielt ihn fest und betrachtete Amelies Schuhwerk mit einer Grimasse. »Igitt, was Scheußlicheres hast du nicht gefunden?« Er ließ den Fuß fallen, die Ferse bumste gegen das Holz, Amelie begann wieder mit den Beinen zu baumeln.
    »Du kennst doch mein Credo: Morgengymnastik, Müsli, Mummus.« Mummu leitete sich von dem Begriff Vermummung ab und war die von ihrem Vetter Lorenz geprägte Bezeichnung für Amelies hauptsächlich auf Bequemlichkeit ausgerichtete und daher schlotternde Garderobe.
    Uli verzog sein hübsches Gesicht und mimte Ekel. »Grauenhaft. Eine Frau wie du…« Unvermittelt kam er auf seine Frage von vorhin zurück. »Also, mein Täubchen, wenn’s der Schuh nicht ist, was ist es dann?«
    Amelie hörte auf, mit den Beinen zu pendeln. Sie versuchte, Ulis helles Haar zu zausen, das sich seines perfekten Schnitts wegen nicht zausen ließ. Sie hopste von der Tischplatte und lupfte die Schultern.
    »Gar nix ist. Ich habe einfach einen schlechten Tag.« Sie überlegte ein paar Augenblicke, ehe sie hinzufügte: »Ich bin rastlos und unzufrieden.« Uli schwieg. »Draußen ist es so schön, ich wollte raus aus dem Laden…Ich wollte mit Hermann Boot fahren, zum Heustadlwasser wollte ich…« Sie brach ab, weil sie sich anhörte wie ein weinerliches Kind.
    »Und er fuhr natürlich nicht, der unsensible Tropf!«, fauchte Uli. Als Amelie schwieg, schlug er mit der flachen Hand auf den Tisch. »Seit Jahren predige ich, dass dieser Cherusker zu dir passt wie die Faust aufs Auge.«
    »Cherusker« hatte Uli den aus Nordrhein-Westfalen stammenden und in Wien hängen gebliebenen Hermann, bald nachdem er ihn kennen gelernt hatte, genannt. »Wieso Cherusker«, hatte sie verständnislos gefragt, und Uli hatte gegrinst. »Ami, du Banause! Hermann der Cherusker, Germanenfürst rund um das Jahr Null, Varusschlacht und so.« Beschämt hatte Amelie im Lexikon nachgelesen und Oberwasser gekriegt: Der als Hermann bekannte Schlachtenschläger habe in Wahrheit Armin geheißen. Wurscht, meinte Uli, auf Hermann Söhnke, den Mann von
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