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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm
Autoren: Hanna Molden
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eingeht, und Sohn Richard. Ein brillanter junger Mensch, der Jura studiert, es rasch zum Syndikus des Bankiers von Fechter bringt und dessen Tochter Gabriele heiratet.
    »Den Rest der Seifenoper kennst du«, schloss Daniel.
    Amelie war regungslos dagesessen. »Toll«, seufzte sie schließlich hingerissen. »Was sagt deine Tochter zu der Familiensaga?«
    Daniel schnippte ein paar Brösel vom Tisch. »Anna hat sich nie für die österreichische Partie interessiert.« Er kniff die Augen zusammen, sah an Amelie vorbei in den Raum und lächelte, als wäre es über sich selbst. »Als ich jung war, hatte ich vor, einen Sohn zu zeugen, ihn August zu nennen und ihm die Geschichte so zu erzählen, wie sie mir mein Vater erzählt hat.«
    »Und?«
    Die Frage war Amelie herausgerutscht. Daniel zuckte bloß die Achseln und schien froh zu sein, dass das Gespräch durch die heranrauschende Kellnerbrigade unterbrochen wurde, die den Tafelspitz servierte.
    Amelie wusste, dass sie schwanger war, noch ehe ihre Regel zum ersten Mal ausblieb. Die Vorstellung, von Daniel ein Kind zu erwarten, erfüllte sie mit nichts als Glück, es schien ihr die einzig richtige, logische Folge ihrer Beziehung zu diesem Mann. Sagen würde sie es ihm erst, wenn sie sicher war. Sie machte sich keine Gedanken darüber, wie er es aufnehmen würde.
    Anfang Februar hatte sie Gewissheit. Sie war beim Gynäkologen gewesen, er hatte ihr versichert, alles sei bestens. Seiner Berechnung nach würde das Baby Anfang Oktober kommen, und er hatte sie dazu beglückwünscht.
    Amelie verließ die Ordination wie auf Wolken. Sie hatte Lilo Platzer versprochen, im Laden vorbeizukommen und sich anzusehen, wie’s dort jetzt aussah. Daniel wollte sie von Lilo abholen und mit ihr ins Salettl gehen.
    Seit Leopold Bartenberg wieder da war, hatte sie nicht mehr bei Daniel übernachtet. Es sei ihr peinlich, sagte sie. »Unsinn«, fand Daniel, Leopold sei ein weltoffener Mensch, er betrete den ersten Stock nie ohne ausdrückliche Einladung, er werde Amelies Kommen und Gehen nicht einmal bemerken. »Schwachsinn«, konterte Amelie, Leopold sei weder blöd noch blind, und sie denke nicht daran, ihre Aura der altmodischen Frau aufs Spiel zu setzen. Gummibanddiskussionen, die für gewöhnlich damit endeten, dass Daniel sie die Hühnerleiter zum Hängeboden hinaufschubste und erklärte, heute tue er es hier definitiv zum letzten Mal.
    Auf dem Weg in die Josefstadt lachte Amelie vor sich hin. Sie hatte beide Hände über dem Bauch gefaltet und sprach zu ihrer Mitte. »Willkommen, kleiner Mensch, willkommen.«
    Im Laden angekommen, heuchelte sie Interesse für Lilos Innovationen. Immer wieder schielte sie mit einem Auge zur Tür, bis Lilo schließlich mit spitzer Stimme fragte, ob Amelie auf etwas Bestimmtes warte.
    »Ja, auf ihn«, strahlte Amelie und deutete mit dem Finger auf Daniel, der just in diesem Augenblick vor der Auslage stehen blieb.
    Anstandshalber blieben sie noch eine Weile. Daniel verwickelte Lilo in ein Gespräch über die Chancen selbstständiger Goldschmiede, Amelie merkte wohl, dass er seinen Charme spielen ließ und Lilo darauf abfuhr, sie wandte kein Auge von ihm.
    »Wenn ich nur wüsste, an wen Sie mich erinnern?«, überlegte sie kokett lächelnd.
    »An wen schon, Gérard Depardieu natürlich«, brummelte Amelie und freute sich diebisch, als Lilo »Bingo!« rief, weil sie wusste, dass Daniel daraufhin Reißaus nehmen würde, er konnte den Ausdruck nicht ausstehen.
    »Zu mir oder zu dir«, versuchte er sein Glück, sobald sie auf der Gasse standen.
    »Weder noch, gehen wir zum Wirt, ich hab einen Bärenhunger.« Amelie schob ihre Hand in seine Manteltasche und dirigierte ihn zu ihrem Lieblingsgasthaus. Es lag unmittelbar neben dem Wiener Landesgericht, weshalb man hier stets Richter oder Rechtsanwälte antraf. Für Daniel ein Grund, das Lokal trotz seiner guten Küche mit innerem Vorbehalt zu besuchen.
    »Zwei, ich sehe zwei, sie haben schon gegrüßt«, sagte er düster, sobald sie in einer der kleinen Nischen saßen.
    Amelie schien ihm nicht zuzuhören. Sie hatte den Kopf an die Holzwand der Nische gelehnt und starrte mit abwesendem Lächeln vor sich hin.
    »Liebling, was ist los mit dir?«
    Sie fuhr fort zu lächeln.
    »Warum hältst du dir den Bauch, tut dir etwas weh?«
    Sie lächelte. »Nein, ich bin schwanger.«
    Daniel lehnte sich ebenfalls zurück. Langsam, ganz langsam. Dabei sah er Amelie unverwandt an. Und dann begann er zu lachen. Er lachte, wie Amelie noch
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