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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx
Autoren: Elizabeth Peters
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kleine, geschmeidige Gestalt geschlängelt hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite vernahm man den ohrenbetäubenden Lärm einer handfesten Auseinandersetzung. Dann drehte Emerson sich geradewegs zu mir um.
    »Amelia«, schrie er. »Um Gottes willen, zieh dir was an!«
    »Emerson«, erwiderte ich mit der gleichen Inbrunst. »Paß auf!«
    Emerson duckte sich, als eine schwere Silberschale sprichwörtlich um Haaresbreite an seinem zerzausten Haupt vorbeisauste und gegen die Tür knallte. Die Katze Bastet stürzte sich auf Sethos. Ihr lautes, kratzendes Schnurren vermischte sich mit dem Scheppern des auf den Marmorboden polternden Wurfgeschosses. Sethos schwankte, als ihm die Katze – die, wie ich sicherlich bereits erwähnt habe, ein sehr großes und kräftiges Tier war – begeistert um die Beine strich. Hastig sprang er fort, und die Katze Bastet, darüber zutiefst beleidigt, stürzte sich auf den Tisch und das gefüllte Huhn.
    Nach einem vorsichtig taxierenden Blick, ob Sethos keine weiteren Waffen zur Hand hatte, sah Emerson mich erneut an. »Hat er dir etwas angetan, Peabody? Hat er es gewagt … Hat er … Gütiger Himmel, Peabody, dich in diesem skandalösen Aufzug zu sehen erfüllt mich mit Vermutungen, die ich kaum …«
    »Sei unbesorgt, Emerson! Er hat nicht … Er war nicht …«
    »Ah!« Emerson straffte seinen Oberkörper, was seinem besten Hemd den Rest gab. Er schob die zerfetzten Hemdsärmel zurück und spannte seine Oberarmmuskulatur an. »In diesem Fall«, sagte er, »werde ich ihm nur ein Bein ausreißen.«
    Er stürzte sich auf Sethos, der sich ihm mit leicht angewinkelten Armen so geschmeidig wie eine Katze entwand.
    »Emerson«, sagte ich.
    »Bitte, lenke mich nicht ab, Peabody.«
    »Er ist unbewaffnet. Dein Krummsäbel …«
    »Krummsäbel? Oh.« Emerson starrte irritiert auf die Waffe. »Ich habe sie dem Burschen da draußen abgenommen«, erklärte er. »Habe noch nie einen Menschen mit einem derart harten Schädel gesehen. Er war nicht kleinzukriegen. Trotzdem hoffe ich, daß sie ihn mittlerweile überwältigt haben.«
    Tatsächlich war das Poltern hinter der Tür verstummt. »Du bist also nicht allein gekommen?« fragte ich.
    »Natürlich nicht. Ramses …«
    »Emerson!«
    »Und eine Abordnung von Polizeibeamten.« Sein Blick wanderte zu Sethos. »Ihre unheilvolle Karriere ist beendet, Sie Schweinehund. Aber ich werde Sie erst der Polizei ausliefern, wenn ich mit Ihnen fertig bin. Auf diese Genugtuung habe ich so lange gewartet, daß ich denke, ich habe sie mir verdient.«
    Sethos richtete sich zu seiner vollen Länge auf. Er war nicht so groß und auch nicht so durchtrainiert wie Emerson, trotzdem gaben die beiden ein beeindruckendes Paar ab, wie sie sich in gegenseitiger Feindseligkeit musterten.
    »Gut, Professor«, sagte er mit leiser, verhaltener Stimme. »Auch ich erwarte mir Genugtuung, denn ich habe ebenfalls auf eine Konfrontation mit Ihnen gehofft. Geben Sie mir den anderen Krummsäbel, und wir werden wie richtige Männer um sie kämpfen.«
    »Emerson«, rief ich leicht bestürzt, denn ich kannte das Temperament meines Gatten nur zu gut. »Emerson, du weißt doch gar nicht, wie man damit umgeht!«
    »Nein, weiß ich auch nicht«, gab Emerson zu. »Aber dir ist doch klar, Peabody, daß es so schwierig nicht sein kann – immer wieder aufeinander losgehen und dann …«
    »Emerson, ich bestehe darauf … Nein, nein, mein geliebter Emerson … Ich bitte dich, ich flehe dich an …«
    Ein erfreutes Lächeln glitt über Emersons Gesicht. »Nun, Peabody, wenn du es so siehst …« Und zu meinem Entsetzen warf er den Dolch von sich. Mit einem melodiösen Geräusch schlitterte er über den spiegelglatten Marmor. Noch ehe er allerdings den Boden berührte, bewegte sich Sethos – zwar nicht auf diesen Säbel zu, sondern auf den anderen, den Emerson an der Tür fallen gelassen hatte. Er schnappte ihn vom Boden und wirbelte zu Emerson herum.
    »Nun, Professor, wird unser Kampf ebenbürtiger«, schnaubte er. »Ich verstehe zwar etwas vom Boxen, aber ich habe nicht das Bedürfnis, mit Ihnen in den Ring zu steigen. Heben Sie den Säbel auf – so viel Zeit lasse ich Ihnen.«
    Emerson zuckte die Schultern. »Er würde mir nicht viel nutzen«, bemerkte er. »Allerdings …« Und mit einer katzenhaften Geschmeidigkeit, die er manchmal an den Tag legte, schnappte er nach der Weinkaraffe und zertrümmerte sie an der Tischkante. Bastet, die zwischenzeitlich das ganze Hähnchen verspeist hatte,
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