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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx
Autoren: Elizabeth Peters
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protestierte lauthals miauend. Die Karaffe zerschellte, der Tisch brach zusammen, und überall verteilt lagen Essensreste und Glasscherben. Wie ein Kometenschweif glitzerte der Kristallstaub in der Luft.
    Emerson riß die Seidendecke von dem Sofa und wickelte diese um seinen linken Arm. »Also dann«, sagte er. »Kommen Sie schon, Sie Bas … – verzeih mir, Peabody – Sie Halunke.«
    In atemlosem Schweigen umkreisten sie sich. Sethos stieß zu. Mit einer raschen Drehung seines Körpers durchbrach Emerson die Deckung des anderen Mannes und zielte mit der zerbrochenen Karaffe auf dessen Gesicht. Sethos wich zurück. Sein nächster Hieb war eine zischende Bewegung von links nach rechts. Emerson konterte und streifte Sethos’ Oberarm. Die Klinge surrte an ihm vorbei. Sethos ging erneut in Deckung und lieferte Emerson damit die Gelegenheit, das Silbertablett an sich zu reißen. Er benutzte es als provisorischen Schild. Mit dessen Hilfe ging er in die Offensive, wehrte den Säbel jedesmal ab und stieß mit der Karaffe zu.
    Meiner Meinung nach gibt es keine plausible Entschuldigung für Gewaltanwendung. Sie ist die letzte Zuflucht für Menschen und Nationen, die zu dumm sind, ihre Differenzen auf anderem Wege beizulegen. Der Anblick von zwei Kämpfern, die sich regelrecht zu Brei prügeln, beunruhigt mich. Die Vorstellung, daß kleinen Jungen beigebracht wird, »wie Männer zu kämpfen«, finde ich widerlich und abstoßend. Verabscheute ich deshalb den blutigen Kampf, der zwischen diesen beiden klugen und fähigen Männern tobte?
    Nein.
    Der Anblick von Emersons Muskulatur, die sich unter seiner bronzefarbenen Haut hervorhob, das verschlagene Grinsen, das seine makellosen, weißen Zähne freigab, die Kraft und Anmut seiner Bewegungen – das alles setzte eine nie gekannte Wildheit in meinem Inneren frei. Mein Atem ging stoßweise, meine Wangen brannten wie Feuer. Für Sekundenbruchteile war ich nicht die zivilisierte, beherrschte Frau, sondern ein primitives weibliches Wesen, das in seiner Hütte darauf lauerte, wie zwei tollkühne, männliche Bestien um sie kämpften.
    Das war eine überaus merkwürdige und interessante Erfahrung.
    Ein hinterhältiger Hieb und ein umgehender Nachstoß stießen das provisorische Schild beiseite. Sethos’ Klinge bohrte sich tief in Emersons Arm. Dieser schrie wohl eher aus Wut als aus Schmerz auf und schnellte vor. Lediglich Sethos’ augenblickliches Drehen des Kopfes bewahrte ihm sein Augenlicht; das Glas hatte tiefe Einschnitte auf seiner Wange hinterlassen. Verletzt und schmerzgepeinigt ließen die beiden Widersacher voneinander ab. Sie bluteten und schwitzten und funkelten sich an.
    »Das ist doch lächerlich!« schrie ich.
    Keiner der beiden Männer schenkte mir auch nur die geringste Beachtung, doch mein Zustand vorübergehender Geistesabwesenheit endete beim Anblick von Emersons blutender Wunde abrupt. Männlicher Stolz ist ja gut und schön, und ich hoffte auch, daß Emerson seinen Spaß hatte, aber ich wollte verflucht sein, wenn ich tatenlos zusah, wie er sich in seine Einzelteile zerlegen ließ, nur um die Genugtuung zu haben, daß er zu meiner Ehrenrettung gestorben war.
    Ich rannte auf die Tür zu. Emerson ließ den Blick nicht von Sethos, nahm mich jedoch wahr. »Peabody«, stöhnte er. »Wenn du … diese Tür … öffnest, … werde ich … werde ich … uffz!« Ich hörte, wie Sethos’ Klinge das Silbertablett streifte. Ich schnappte mir den Krummsäbel, den Emerson fortgeworfen hatte, und wandte mich zu einer eingehenden Überprüfung der Lage um.
    Diese war alles andere als zufriedenstellend. Gerade als ich mich umdrehte, surrte der alles entscheidende Hieb durch die Luft. Zu spät, dachte ich aufgebracht – zu spät, um Hilfe von draußen zu holen, sogar zu spät, um zu meinem zusammenbrechenden Gatten zu eilen und mit der Waffe in der Hand an seiner Seite zu verweilen! Sethos’ Klinge streifte das Tablett erneut und schlug es Emerson aus der Hand. Als der Säbel für Sekundenbruchteile bewegungslos in der Luft hing, ließ Emerson den Stumpf der Karaffe fallen und packte den Arm seines Gegners mit beiden Händen.
    Wie angewurzelt standen sich die beiden gegenüber. Sethos’ Versuch, seinen Arm zu befreien, und Emersons Bemühungen, diesen unbeirrt festzuhalten, sorgten für ein vorübergehendes Gleichgewicht ihrer Kräfte. Langsam senkte sich Sethos’ Arm. Der Säbel zitterte in seiner Hand. Schweißperlen bildeten sich auf Emersons Stirn. Die rosafarbene
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