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Ameisenroman

Ameisenroman

Titel: Ameisenroman
Autoren: E. O. Wilson
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weiter.
    Die Bahn, die er zurücklegte, war alles andere als gerade – es war ein Zickzack-Hürdenlauf. Immer wieder mussteRaff durch Sumpflöcher waten oder sich um sie herumarbeiten, und seine Füße blieben in dem zähen, klebrigen Morast stecken. Er musste über brettartige Zypressenwurzeln und umgestürzte Stämme klettern; er hatte nicht mehr genügend Kraft, über diese Hindernisse hinwegzusetzen und dennoch seinen Vorsprung zu vergrößern.
    Endlich aber hatte er es bis zu Frogmans Haus geschafft. Weil er vermutete, dass schon der kleinste Halt eine Kugel in seinem Rücken bedeutete, nahm er, ohne zu stoppen, den Weg von dem primitiven Steg hinauf und durch die Vordertür. Frogman hatte Raff offenbar kommen hören und stand an der Tür zum Hinterzimmer. Er sah etwa so aus, wie Raff ihn in Erinnerung hatte, nur dass sein Bart jetzt lang und ergraut war. Er trug an den Knien abgeschnittene Jeans und ein schmutziges weißes T-Shirt mit den fünf ineinander verwobenen olympischen Ringen und der verblassten Aufschrift ATLANTA 1996. Stocksteif stand er da und erwartete Raff.
    «Bitte», keuchte Raff, «können Sie mir helfen? Mir sind ein paar Männer auf den Fersen, sie jagen mich, und sie haben Waffen und erschießen mich gleich.»
    Frogman musterte ihn mit kalter Distanz. Er zeigte auf eine Toilette an einer Seite des kurzen Flurs. Durch die offene Tür konnte Raff sehen, dass der Raum halb mit Werkzeug, Lumpen und Angelsachen gefüllt war.
    «Rein da, Tür zu, und Ruhe.»
    Keine zwei Minuten später schnauften Rainey und Sunky durch die Tür, und Rainey wandte sich atemlos an Frogman: «Wir sind Polizeibeamte. Wir jagen einen Flüchtigen, der gerade hier reingelaufen ist. Unser Vorgesetzter wird auch gleich hier sein.»
    Frogman gab keine Antwort.
    Alle standen ganz ruhig da, und drei Minuten später kam Wayne LeBow, schweißgebadet und nach Luft ringend.
    «Chef», erklärte Rainey dem Prediger, «ich habe dem Gentleman hier schon erklärt, dass wir Polizisten und einem Flüchtigen auf der Spur sind.»
    «Ganz richtig», keuchte LeBow, ohne nur eine Sekunde zu zögern. «Landespolizei. Der Mann, hinter dem wir her sind, hat eine Tankstelle überfallen und den Tankwart erschossen. Er ist hier entlanggelaufen. Haben Sie ihn gesehen? Können Sie uns helfen?»
    «Haben Sie Ihre Ausweise?», fragte Frogman.
    «Die haben wir flussaufwärts im Wagen. Wir haben es sehr eilig. Können Sie uns helfen?» LeBow sah, wie Rainey ihm zunickte. Sie wussten, dass Raff im Haus war.
    «Klar kann ich», sagte Frogman. Er ging zurück in den Flur und holte eine Pumpgun von einem Regal. Dann wandte er sich der Toilette zu und sagte laut: «Komm raus hier, kleiner Pisser.»
    Raff reagierte nicht, und diesmal bellte Frogman sein Kommando: «Komm jetzt raus, oder ich setze eine Ladung Schrot durch diese Tür, hinter der du dich versteckst.»
    Raff trat heraus, die Hände in einer Geste der Ergebenheit leicht erhoben. Er war völlig verschreckt und vor Erschöpfung nur halb bei Bewusstsein. Er stand unter Schock und war so ausgelaugt, dass er die Szene vor seinen Augen kaum erfassen konnte.
    Frogman stand ihm gegenüber, die Pumpgun im Anschlag. LeBow und die beiden anderen standen dicht hinter ihm. Rainey und Sunky hatten ihre Pistolen wieder in ihre Gürtel gesteckt und strichen ihre Hemden glatt. IhreKleider waren wie die von Raff mit Schlamm bespritzt und stellenweise zerrissen.
    Frogman drehte leicht den Kopf und sagte: «Einer von euch geht runter und schaut, ob wer auf dem Fluss ist, und dann ruft er es rauf.»
    Rainey sah auf Sunky und wies mit dem Daumen über die Schulter auf den Fluss hinunter. Der Jüngere, jetzt ohne Hut, ging durch die Tür.
    Eine Minute später rief Sunky: «Die Luft ist rein!»
    Daraufhin schwenkte Frogman sein Gewehr herum und schoss Bo Rainey in die Brust. Der Körper des Schlägers klappte wie ein Taschenmesser zusammen, und er fiel rückwärts, die Beine gestreckt und die Arme nach außen gerissen. Der Knall betäubte Raff beinahe. Raineys Körper prallte einmal vom Boden ab, während ein Gemenge aus Blut und Knochensplittern um ihn herum den Boden bespritzte.
    Wayne LeBow wollte sich abwenden, aber Frogman repetierte die Pumpgun und schoss noch einmal; er traf ihn links am Bauch, so dass er herumwirbelte. Ein abgerissenes Stück Darm schnellte heraus und landete in einer Blutpfütze neben ihm. LeBow stürzte auf das Gesicht.
    Beim ersten Schuss hatte Sunky seine Waffe gezogen und rannte den Weg
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