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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern
Autoren: Jack Womack
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haben. Mama und Boob habe ich nichts davon erzählt, was wir im Park gesehen haben, weil Mama sich immer so aufregt, wenn sie so was hört. Und Boob führt sich auf, wenn ich etwas zu sehen bekomme und sie nicht, so daß ich lieber den Mund halte. Das hat Boob nun davon.
     

24. Februar
    Pappi ist in Los Angeles. Morgen kommt er heim. Mama hat gesagt, er habe gestern nacht angerufen, als wir schon schliefen. Ich fragte, was er erzählt habe, und sie meinte, er klänge glücklich. Vom Scheck hat sie nichts gesagt. Ob er ihn hat oder nicht. Jede Wette, daß nicht.
    Es regnet draußen, also habe ich meine Hausaufgaben bereits heute früh gemacht und nicht, wie sonst, abends. Ich muß Silas Marner lesen, aber es ist so furchtbar. Pappi nennt es Silas Mariner, weil er findet, daß George Eliot es unter Wasser geschrieben haben muß. Wenn uns die Dudley nur mündlich und stichprobenartig ausfragt, komme ich zurecht, aber trotzdem wünschte ich mir andere Lektüre in der Schule. Heute nacht lese ich noch einmal Leben unter Wilden von Shirley Jackson. Mir gefällt es so gut, daß ich es bereits ein dutzendmal gelesen habe. Alles dreht sich um eine verrückte Familie. Als wenn ich mich damit nicht auskennen würde! Pappi behauptet, er kenne Leute, die wiederum die Menschen in dem Buch gekannt haben, und die seien noch viel verrückter gewesen als im Buch. Die hätte ich gerne getroffen! Was für Spaß wir zusammen gehabt hätten …
    Boob schlich wieder mit einer dieser dummen Gazetten herum und wollte wissen, ob ich den Burschen auf dem Cover süß fände. Gegenfrage: »Findest du ihn denn süß?«
    »Er ist süß süß süß«, antwortete sie. »Da ist ein Bild von ihm, wie er auf einem Pferd reitet. Er könnte mich mitnehmen.«
    »Du würdest runterfallen«, beschied ich sie. »Verschwinde, Boob.«
    Während des Abendessens sahen wir fern. Mama hatte Chinesisch bestellt. Ich hasse Nudeln. Es liefen die Nachrichten, und die Fernsehleute redeten über die Unruhen in Miami. Sie haben wie immer keine Ahnung; nie verstehen sie, was vorgeht, aber trotzdem scheinen sie felsenfest der Überzeugung zu sein, alles zu wissen. Hoffentlich kommen die Unruhen nicht zu uns.
     

25. Februar
    Heute nachmittag war Pappi zurück, noch bevor wir aus der Schule kamen. Als wir zur Tür hereingingen, war er gerade in seinem Arbeitszimmer und erledigte Anrufe. Mama sagte: »Sie haben die alte Daumen-nach-unten-Nummer abgezogen, Kinder.« Das sollte wohl heißen, daß sie seine Idee nicht gekauft haben. Also wird es wohl härter werden, als wir das gewohnt sind, weil ich weiß, wie sicher er sich mit diesem Abschluß war. Außerdem weiß ich, daß in letzter Zeit mehr Rechnungen als üblich in der Post waren, und Pappis Steuerberater war vorige Woche auch da, um mit ihm über die Steuern zu reden. All das regt Mama und ihn diesmal viel stärker auf als sonst. Als Pappi fertig war mit Telefonieren, ging er auf der 86. Straße etwas spazieren. Während er weg war, fragten Boob und ich Mama, ob wir in der Klemme säßen.
    »Neinneinnein, meine Lieben«, sagte sie, aber mir war klar, daß sie um den heißen Brei herumreden wollte. Das sehe ich immer ihrem Gesichtsausdruck an. »Michael ist zwar süß, aber auch ein alter Verschwender. Sind wir wohl beide, aber was soll man machen. Er muß sich etwas Neues einfallen lassen, aber weiß noch nicht, was. Dabei streichen bereits die Wölfe ums Haus.«
    Boob ging nachsehen. »Nichts zu sehen«, sagte sie. Mama lachte.
    Ich fragte: »Warum spart Pappi nicht mehr?«
    »Ach, Engelchen, das würden wir gerne, aber die Preise steigen und steigen. In Zeiten wie diesen klettern sie Woche um Woche, der Teufel weiß wie hoch. New York ist schon unter besseren Umständen kein besonders einfacher Platz zum Leben.«
    »Ich wollte nirgendwo sonst wohnen«, verkündete ich.
    »Nein, Süße, wir auch nicht, aber trotzdem bedeutet in New York zu leben eine Menge Geld auszugeben, das normalerweise nicht anfiele.«
    »Außer man ist so einer wie Pappi?«
    »Wir werden alle darüber nachdenken müssen, was wir tun können«, sagte Mama. »Wir brauchen einen Aktionsplan. Dabei kann es eine Weile etwas haarig werden hier bei uns, aber nicht für immer und ewig, ihr Lieben.«
    »Wie lang etwa?« fragte Boob.
    »Nicht lang«, so Mama.
    Dann kam Pappi heim und mußte gleich den Chinesen anrufen, weil Mama durch das Gespräch mit uns abgelenkt worden war und vergessen hatte, etwas zum Abendessen zu richten. Meiner Meinung nach
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