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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern
Autoren: Jack Womack
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Man hat feste Determinanten, historische Bücher meist sogar ein festes Personal, und deswegen kommen solche Bücher sehr oft einfach nicht vom Boden weg. Dann verhauen sich die Schreiber irgendwo, irgendwas stimmt nicht, und schon hat das Buch jeden Zauber verloren. Da tut man sich bei alternativen Vergangenheiten schon mal leichter. Andererseits: Macht man es sich nicht zu leicht? Gut, gehen wir fünfzig Jahre zurück und verändern wir was. Aber kommt mehr dabei heraus als eben die kuriose Veränderung? Erwächst den Hauptpersonen aus der veränderten Situation tatsächlich etwas von Bedeutung? Mit möglichen oder tatsächlichen historischen Hintergründen ist lange noch nicht die Einsicht in den historischen Prozeß verbunden. Spielt man nicht bloß herum? Die Chance, daß man bloß herumdaddelt und nichts weiter, bleibt sehr groß. Ich sehe zwar die Verlockung, will ihr aber über den Dryco-Zyklus hinaus nicht erliegen.
    Da gibt es außerdem noch ein Problem, das meiner Ansicht nach in all diesen Zeitreisegeschichten, ob Film, ob Buch, übersehen worden ist, nämlich die Vorstellung, die man von der zeitreisenden Person hat, die durch ihre Reise eventuell die Geschichte verändert. Mir kommt das immer wie chronologische Masturbation vor, so etwas völlig Sinnloses. Wenn jemand in der Zeit zurückreisen würde, ins viktorianische Zeitalter vielleicht, oder in die Zeit der Aufklärung, dann erschiene ihm diese Welt so fremd, daß er gleich zum Mars hätte fliegen können. Eine Flut nicht gerade angenehmer Eindrücke würde über diesen Reisenden hereinbrechen. Nicht anders bei Besuchern aus der Vergangenheit: Es existierte einfach nicht einmal ansatzweise eine Basis für Verständigung. Deswegen ergeht es den handelnden Personen in ›Elvissey‹ und ›Terraplane‹ so verwirrend schlecht: Sie haben Verständnisprobleme, nicht so sehr auf Grund der Sprache, der einzelnen Wörter, sondern wegen der fremden Art zu denken. In ›Terraplane‹ hat Wanda nicht den blassesten Schimmer, wo dieser Jake eigentlich herkommen könnte, warum er und sein Partner so normal erscheinen und doch so mörderisch sind. Da arbeiten sich zwei Sorten Verstand aneinander ab und finden keinen Weg der Verständigung. Als Beispiel fällt mir nur ein Philosoph ein, der sehr detailgenau bestimmt Aspekte seiner Forschungsrichtung einem beliebigen Physiker näherbringen möchte. Den einen oder anderen Gedanken wird der Gegenüber schon verstehen können, aber dreiviertel der Zeit verlaufen die Kommunikationsstränge nicht parallel, sondern stellen sich quer. Das eigentliche Anliegen des Philosophen ist so einfach nicht kommunikabel.
     
    F: Ihrem Schreiben haftet etwas urtümlich Amerikanisches an, als würden Sie es schaffen, verschiedene Aspekte unserer Zivilisation – viele böse, wenige gute – zu vergrößern und besser lesbar zu machen. Behindert das die Rezeption in England?
     
    A: Schwer zu sagen, außer, daß ich bis vor kurzem eher in Großbritannien beachtet wurde und nicht hierzulande. Dann wollten die Briten eine Weile nichts mehr von mir wissen, dann wieder doch – ›Let's Put the Future behind Us‹ ist dort noch vor Veröffentlichung breit durch die Presse gegangen, etwas, das hier noch nie mit einem Buch von mir passiert ist. Wahrscheinlich nehmen die Briten dieses spezifisch Amerikanische sogar stärker wahr als wir, weil sie von außen beobachten. Dann schätzen sie besonders die sprachliche Präzision meiner Bücher, über die wir weiter oben schon geredet haben. Im Gegensatz zu vielen hiesigen Autoren ist mir diese Präzision ein natürliches Bedürfnis.
    Das von Ihnen als ›urtümlich amerikanisch‹ bezeichnete Etwas meiner Bücher mag vielleicht eine gewisse Neigung zur Übertreibung und Überzeichnung sein, die dem amerikanischen Wesen ja nicht fremd ist und die ich gerne für ernste wie auch erheiternde Zwecke einsetze. Mal kommt das bei den Briten an, mal verstehen sie nur Bahnhof. Es gibt aber auch amerikanische Leser, die mich als sehr britischen SF-Schreiber bezeichnen.
     
    F: Stimmt, Ihre Sprache klingt irgendwie nicht amerikanisch. Das liegt an der Genauigkeit, die man heute in der amerikanischen Literatur so häufig nicht mehr findet, weil eine Art ›Arbeiterklassen-Snobismus‹ dem grammatikalisch richtigen Satz gegenüber gerade in Mode ist. Aber die Personen und die Situationen, in die sie geraten …
     
    A: … sind durch und durch amerikanisch. Sie sind wild, gefährlich außer Kontrolle geraten.
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