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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern
Autoren: Jack Womack
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hinein und wendet die Gewalt, durch die sich meine männlichen Figuren in ihrem Umfeld äußern, gegen sich, gegen ihr Innerstes. So wie viele Frauen. Der Mann läßt es heraus; die Frau internalisiert es. In ›Heathern‹ habe ich versucht, dieses Reaktionsschema dadurch herauszuarbeiten, daß die Gewalt sehr oft nur aus den Augenwinkeln heraus wahrgenommen wird. Sobald etwas Blutrünstiges passiert, wendet Joanna die Augen ab.
    Damit müssen sich meine Charaktere alle auseinandersetzen: Wie gehe ich mit der Gewalt um mich herum und mit der Gewalt in mir um? In ›Elvissey‹ treffen wir John, Wächter bei Dryco und Ehemann von Iz. Eine der neuen Regeln zu Zeiten der ›Wiedergutwerdung‹ ist »Du sollst nicht töten!«, was den Wachen extrem schwerfällt und viele Schulungen und starke Drogen verlangt. In der guten, alten Zeit konnten sie ihre Gewalttätigkeit jederzeit voll ausleben. Nun müssen sie diesen Drang zur Gewalt internalisieren. Die Folge dieser Verdrängung ist Selbstmord. Mit diesem Dilemma sehen sich meine Figuren konfrontiert: Gutes zu tun bringt sie um. Warum also leben? Sie finden unterschiedliche Antworten darauf.
    Zur Zeit schreibe ich an der sechsten und letzten Folge. GROVE bringt in den USA die ersten vier Bände wieder heraus, also werden 1998, bei Erscheinen des letzten Romans, alle sechs verfügbar sein und können nacheinander oder durcheinander gelesen werden. Allerdings steht der Titel für das sechste Buch noch nicht fest. Heute fühle ich mich sicherer, kann mit dem Material, mit all den verschiedenen Stimmen umgehen, die im Jetzt angesiedelt sind. Das war zu Beginn meiner Arbeit anders, als ich mich wohler fühlte, wenn ich meinen Stoff zwanzig Jahre in der Zukunft plazieren konnte. Ich werde wohl zukünftig bei Büchern bleiben, die Hier und Heute spielen, höchstens zwei Jahre in der Zukunft.
     
    F: Ihr zeitgenössischer Roman ›Let's Put the Future behind Us‹, der in Rußland spielt, sollte doch eigentlich ›Picnic in a Graveyard‹ heißen?
     
    A: Stimmt. Ursprünglich hieß eines der Unterkapitel ›Let's Put the Future behind Us‹. Meinem Lektor bei GROVE/ ATLANTIC MONTHLY gefiel das dann besser als mein Arbeitstitel.
    Das Buch spielt im heutigen Rußland, genauer in Moskau. Der Ich-Erzähler heißt Max Borodin und ist ein Moskowiter Geschäftsmann, früher Parteimitglied. Der Roman dreht sich um seine Verstrickung in verschiedene neue Unternehmungen, die er oder sein Bruder angeleiert haben. Dieser Bruder will einen russischen Vergnügungspark mit dem Namen ›Sowietland‹ errichten, wo man bei einem Besuch die glorreichen alten Zeiten des Marxismus/Leninismus nachempfinden kann, falls man sie als Person verpaßt hat oder sie vermissen sollte. Der Bruder hält das für eine todsichere Touristenfalle, in der man den Westmenschen das Geld aus der Nase ziehen kann.
    Max selber ist Eigner einer kleinen Privatbank und der ›Universal Manufacturing Company‹, seinem eigentlichen Hauptgeschäft. Dieser Firmenname ist natürlich eine Hommage an Charles Fort: So heißt eine Gesellschaft, für die die Hauptpersonen in Forts Buch ›The Outcast Manufacturers‹ arbeiten. Dieser Name ähnelt stark jenen furchtbar allgemein gehaltenen Firmennamen, die russische Geschäftsleute in echt bevorzugen. In Rußland habe ich Visitenkarten gesehen, auf denen stand als Berufsvermerk ›Geschäfte jeder Art‹. Die ›Universal Manufacturing Company‹ allerdings ist spezialisiert auf falsche Dokumente für jedermann. Die Beschäftigten waren früher alle beim KGB. Einer frisiert gerade Dokumente, die mit Kim Philby zu tun haben, ein anderer fälscht etwas in Sachen Lee Harvey Oswald. Fragen werden nicht gestellt, nur falsche Dokumente, frei nach dem Motto: »Von uns kriegt jeder, was er will – stets zu Diensten.«
    Nun benötigt der Ehemann von Max' Geliebter einen Stapel frischer Papiere und ein paar rückwirkende Fälschungsvorgänge in den Archiven, um ein großes Geschäft einfädeln zu können. Max wird peu à peu in diesen Deal hineingezogen, obwohl er eigentlich nichts damit zu tun haben will, da die Sache ihm viel zu riskant erscheint. Dazu kommen Schwierigkeiten mit Frau und Geliebter und so fort. Da das Buch im heutigen Rußland spielt, ist es weit mehr Science Fiction als jedes meiner früheren Bücher.
     
    F: Einige Leser werden wissen, daß Sie sich eine Weile in Moskau aufgehalten haben.
     
    A: Ich war 1992 eine Woche lang in Moskau und habe zusammen mit William Gibson
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