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Amber Rain

Amber Rain

Titel: Amber Rain
Autoren: Felicity La Forgia
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wegnehmen. Auch wenn es eine andere Art Bühne ist.
    Sie werden mich um sie beneiden.
    Mit einem Knall fällt die Tür hinter mir zu. In mir brodelt es. Und das ist kein Schauspiel. Amber Rain tut niemals das, was sie tun soll. Amber Rain braucht eine Lektion. Sie wird sie b e kommen. Vor den Augen von vierhundert Zuschauern. Mein Blut singt, als ich mir vorstelle, wie der Flogger auf ihre gefe s selten Beine niedersaust, auf ihren Bauch, ihren herrlichen Hi n tern. Wie ich mit den Bambusstäbchen ihre Fußsohlen bearbe i ten werde. Wie ich sie in die Seile hängen werde und sie ei n fach nur ansehe, während sie geknebelt ist und nicht einmal flehen kann, erlöst zu werden.
    Und vielleicht, ja, vielleicht lasse ich sie vor all den Menschen kommen.
    Die Bühne ist bereits leer. Die letzte Szene ging offensich t lich schneller zu Ende als geplant. Ob etwas passiert ist, das zum Abbruch führte, ist schwer zu sagen. Der gut gefüllte Z u schauerraum surrt vor Erwartungsfreude. Ich bemühe mich nicht, mich zu verbergen. Ein paar Leute erkennen mich. Ma n che wispern. Offenbar geht ein Gerücht um, dass ich nicht pe r formen werde. Mein Aufzug scheint das zu bestätigen. So leger kleiden sich Rigger normalerweise nicht. Dabei ist der Flogger in meiner Gesäßtasche ja nun Beweis genug, dass ich nicht zum Spaß hier bin.
    Ich erklimme die Bühne. Ein Gestell ist aufgebaut, das en t fernt an einen zweibeinigen Galgen erinnert, komplett mit e i nem ganzen Arrangement an Schlaufen und Ringen sowohl in den Säulen als auch dem Querbalken. Ich prüfe die Stabilität des Gestells, ergreife den Jutesack, den jemand für mich hier deponiert hat, und schütte meine Seile wahllos auf den Boden. Ein Raunen geht durch die Menge. Ich schaue zur Uhr. Alles ist vorbereitet für Amber Rains großen Auftritt. Ich trete in den Hintergrund der Bühne und nehme die Haltung ein, die ich zuletzt in der Garderobe eingenommen hatte. Ich warte. Amber Rain weiß, dass ich Unpünktlichkeit nicht schätze. E t was in mir freut sich darauf, dass sie vielleicht so vor Erwa r tungsfreude vibriert, dass sie nicht warten kann und zu früh kommt. Das ist, heute Abend jedenfalls, eine ebenso unerlässl i che Sünde wie Zuspätkommen.
    Sie tut mir den Gefallen nicht. Auf die Minute genau wird es still im Raum. Die Leute bilden eine Gasse. Selbst das letzte Murmeln erstirbt. Ich sauge die Gesichter der Menschen in mich auf. Gier bei den Kerlen. Neid bei den Mädchen. Weil die Frau im knielangen Kimono, die mit gesenktem Kopf ziels i cher auf die Bühne zugeht, sensationell aussieht.
    Ich erwarte sie vollkommen bewegungslos. Vielleicht, weil mich der Anblick geradezu lähmt. Aber das braucht niemand hier zu wissen.
    Jemand hilft ihr auf die Bühne. Es ist so still, dass ich ihren Kimono rascheln höre. Sie bleibt am Rand der Bühne stehen und sieht mich nicht an. Sie spielt ihre Rolle bis zur Perfektion. Ich trete langsam auf sie zu. Von all den Leuten da unten wi s sen nur George, Michaela und Jessie, dass das hier kein einst u diertes Bühnenstück ist. Für alle anderen muss es aussehen, als hätten wir all das, für den besten Effekt, monatelang geprobt. Ich habe immer gewusst, dass Amber eine talentierte Scha u spielerin ist. Ich habe nicht geahnt, wie grandios sie ist.
    Aber jetzt wird nicht mehr geschauspielert, meine Schöne. Ich ziehe den Flogger aus meiner Gesäßtasche und lege den Knauf unter Ambers Kinn. Sie hebt den Kopf, ihre Augen, flüssiges Silber, strahlen jetzt Unsicherheit aus.
    „Du hast mich verlassen, Amber Rain“, sage ich. Leise g e nug, dass nur diejenigen, die der Bühne am nächsten stehen, mich hören können. Das hier ist kein Spiel. Das hier ist bitterer Ernst, und es geht niemanden da unten etwas an.
    „Ja, Sir.“
    „Ich habe dir nicht erlaubt, mich zu verlassen.“
    „Nein, Sir.“
    „Tut es dir leid?“
    Sie zögert. Ich denke an den Brief, den ich ihr geschrieben habe. Ich denke an all den Schmerz der vergangenen Tage. Ich denke an unsere Zeit zusammen und daran, dass es mir nicht leid tut, dass ich ihr nicht die Wahrheit gesagt habe, weil ich ihre Vergebung nicht verdiene. Sie verdient meine Vergebung ebenfalls nicht. Sie hat mich durch die Hölle gehen lassen.
    „Nein, Sir“, sagt sie, es sind nur ihre Lippen, die sich bew e gen.
    Ich packe ihren Arm und verdrehe ihn brutal, bis sie sich leicht nach vorn beugen muss, wenn sie nicht will, dass ich ihr den Arm breche. Ich drehe sie, hilflos in meinem eisernen
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