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Am Ufer der Traeume

Am Ufer der Traeume

Titel: Am Ufer der Traeume
Autoren: Thomas Jeier
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Männer, geschweige denn Frauen, würden einem Comanchen so furchtlos gegenübertreten. Mut ist das Einzige, was sie an einem Menschen schätzen.«
    »Ich hatte weiche Knie.«
    »Und Nerven aus Stahl.«
    Molly wollte keine Heldin sein und wusste nur zu gut, welche Gefühle sie beim Anblick der bewaffneten Comanchen bewegt hatten. Wahrer Mut sah anders aus. Es war wohl eher die pure Verzweiflung gewesen, die sie aus dem Haus getrieben hatte. Die Verzweiflung darüber, ihren Traum von einer Zukunft mit Bryan begraben zu müssen, noch bevor er ihr gemeinsames Ziel erreicht hatte. Der Herrgott musste ihnen wenigstens die Chance geben, etwas Gemeinsames aufzubauen, denn welchen Sinn hätte ihr Leben, wenn sie es in ihrem eigenen Blut oder im Tipi eines Comanchen beenden würde?
    Und die Gefahr war noch lange nicht vorüber. Jedes Mal, wenn sie das Haus verließ, rechnete sie damit, Bärenohr und seinen Kriegern zu begegnen. Noch hatte er ihr kein Ultimatum gestellt, doch er konnte jeden Tag die Geduld verlieren und vor der Station auftauchen. Selbst wenn er nicht da war, ahnte sie, dass er sich in der Nähe aufhielt und beobachtete, was auf der Poststation vor sich ging. Lange würde er bestimmt nicht auf sich warten lassen.
    Molly wurde mit jedem Tag nervöser. Schon wenn sie am frühen Morgen die Tür öffnete, zitterte sie und das Sharps-Gewehr, ohne das sie nicht mehr aus dem Haus ging, wog immer schwerer in ihren Händen. Ihr Blick schweifte weit in die Ferne und hielt jede Staubfahne und jeden Umriss einer Antilope oder eines verirrten Bisons für ein bedrohliches Zeichen. Einmal ließ sie den Eimer in den Brunnen fallen, griff nach dem Gewehr und schoss beinahe auf einen streunenden Kojoten, der sofort das Weite suchte, so sehr machte ihr die bevorstehende Rückkehr des Häuptlings zu schaffen, und ohne dass sie es sich selbst gegenüber eingestand, begann sie sogar, am Auftauchen von Bryan zu zweifeln. »Warum lässt du mich so lange warten, Bryan?«, rief sie.
    Statt einer Antwort nahte eine große Staubwolke, aus der sich keine Comanchen, sondern Texas Rangers lösten. Zehn Reiter trieben sechs stämmige Pferde vor sich her und begleiteten die Kutsche auf ihrem Weg nach Westen. Molly hatte eigentlich damit gerechnet, dass die Gesellschaft mit einer Fahrt aussetzen würde, hatte aber sicherheitshalber einen großen Topf mit Bohnen und Speck auf dem Herd stehen, um etwas zu essen für die Passagiere zu haben.
    Sie wartete geduldig, bis die Kutsche vor dem Haus hielt. Auf dem Bock saßen dieselben Männer wie auf ihrer Fahrt. »Howdy, Miss Molly!«, rief ihr der Beifahrer zu. »Keine Passagiere, aber wir beide und die Texas Rangers wären ihnen sehr verbunden, wenn sie was zu essen für uns hätten.«
    »Ich hoffe, Sie mögen Bohnen mit Speck.«
    »Wir essen nichts anderes.«
    Die Rangers trieben die sechs Pferde in den Corral und stiegen aus den Sätteln. Captain McGill befahl ihnen, die Pferde zu versorgen und ihr Lager im Schatten des Hauses aufzuschlagen. Nachdem er die Zügel seines Pferdes einem Reiter gereicht hatte, schlug er seinen staubigen Hut an den Beinen aus und begrüßte sie ebenfalls. »Miss Molly Campbell, wenn ich nicht irre. Die Heldin vom Pecos River. Wussten Sie, dass manche Leute sie so nennen?«
    »Ich bin weder eine Heldin, noch fließt hier der Pecos River.«
    McGill lächelte zaghaft. »Aber der Pecos ist nur ein paar Meilen entfernt und es klingt gut. Der
Alamo Star
hat eine große Story daraus gemacht. Können Sie alles nachlesen, Miss, wir haben Ihnen einige Zeitungen mitgebracht, nicht nur den
Star
. Kommt nicht oft vor, dass eine Frau freiwillig in der Wildnis bleibt, schon gar nicht, wenn die Comanchen auf dem Kriegspfad sind.«
    »Und das ist nicht alles«, erklang die Stimme des Oldtimers. Er stand in der offenen Tür, beide Arme auf die Krücken gestützt, und strahlte wie jemand, dem gerade ein neues Leben geschenkt worden war. »Sie hat mich von den Toten zurückgeholt und die verdammten Rothäute so beeindruckt, dass sie uns in Ruhe gelassen haben. Bärenohr und seine Bande.« Er berichtete den verdutzten Männern, was vor einigen Tagen vorgefallen war. »Hätte nicht viel gefehlt und sie hätte dem Chief die Feder von den Haaren geschossen.«
    Molly wurde verlegen. »Warum kommen Sie nicht rein, Captain?« Sie nickte auch dem Kutscher und dem Beifahrer zu. »Ihre Männer haben nichts dagegen, draußen zu essen, nehme ich an. Es sind genug Bohnen für alle da.«
    »Das ist
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