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Am Samstag aß der Rabbi nichts

Am Samstag aß der Rabbi nichts

Titel: Am Samstag aß der Rabbi nichts
Autoren: Harry Kemelman
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Goldman hörte nicht, als Schwarz ihn aufrief; Marvin Brown,
der Ersatzmann, meldete sich aber auch nicht, obgleich ihn Schwarz drei- oder
viermal rief –  es gab ein ziemliches Durcheinander, und Schwarz schimpfte den
ganzen Abend über die schlechte Akustik … Erst dachte ich, er sei neidisch,
weil der Kantor und ich es schafften, aber dann hatte ich das Gefühl, dass er
irgendeinen Hintergedanken hatte. Besonders, als er uns beide für morgen nach
dem Fasten einlud … Hat dich Mrs. Schwarz angerufen?»
    «Ja, heute früh. Ethel hat uns zum Kaffee eingeladen … Ist das
nicht überall so Sitte? Nach dem Jom Kippur -Ausgang sind wir doch immer
beim Gemeindevorsteher zum Kaffee eingeladen.»
    «Ja, schon. Aber zu Wassermans und selbst zu Beckers Zeiten
habe ich es nie als ‹Sitte› empfunden. Ich hatte immer den Eindruck, dass sie
uns einluden, weil sie uns mochten; bei Mortimer Schwarz ist es irgendwie
anders … Weißt du, bei deinem Zustand können wir uns leicht drücken.»
    «Es werden sicher viele Leute dort sein, David. Wir müssen ja
nicht lange bleiben. Ethel schien auf unsere Anwesenheit großen Wert zu legen.
Sie geben sich solche Mühe, nett zu sein. Sicher wollen sie einen Strich unter
alles Vergangene ziehen.»
    Der Rabbi schien davon nicht restlos überzeugt zu sein.
    «Ihr habt euch jedenfalls recht angeregt unterhalten», meinte
Miriam. «Wir können doch nicht da oben sitzen und einander anglotzen. Nach
außen hin ist alles in bester Ordnung. Wir frotzeln sogar miteinander – bei ihm
klingt’s zwar immer ein bisschen gönnerhaft, aber … Wahrscheinlich macht er mit
seinen Angestellten dieselben Witze. Wenn ich aber im selben Ton antworte,
findet er es unverschämt, obwohl er natürlich kein Wort sagt.»
    Sie war besorgt. «Vielleicht bildest du dir das alles bloß ein,
weil er damals gegen die Verlängerung deines Vertrages gestimmt hat.»
    «Ich glaube nicht. Es gab noch andere, die gegen mich
waren, aber als mein Fünfjahresvertrag angenommen wurde, kamen sie zu mir und
beglückwünschten mich. Kann sein, dass sie wieder gegen mich stimmen werden,
wenn die fünf Jahre um sind; aber in der Zwischenzeit verhalten sie sich korrekt
und arbeiten mit mir zusammen. Nur bei Schwarz hab ich das Gefühl, dass er mich
am liebsten schon morgen rauswerfen würde, wenn er könnte.»
    «Das ist es ja, David: Er kann nicht. Du hast einen
Fünfjahresvertrag, der erst in vier Jahren abläuft. Und seine Amtszeit dauert
nur ein Jahr. Du überlebst ihn auf alle Fälle.»
    «Der Vertrag taugt nicht sehr viel, weißt du», sagte er.
    «Wieso?»
    «Es steht praktisch nur darin, dass sie mich nicht
entlassen können, solan ge ich mich anständig benehme. Was aber ‹anständiges
Benehmen› ist , das entscheiden sie allein. Und wie sie
sich benehmen müssen, darüber steht gar nichts drin … Sie können alles Mögliche
tun, ohne dass ich mich dagegen wehren kann. Nehmen wir an, sie wollen
irgendeine Änderung in der Gottesdienstordnung einführen und ich bin damit
nicht einverstanden – was dann? Dann kann ich höchstens zurücktreten.»
    «Und du glaubst, dass Schwarz so etwas …?»
    «Nur um mich loszuwerden? Nein. Aber er könnte jede Meinungsverschiedenheit
zwischen uns als Vorwand benutzen … Ich will ihn nicht schlecht machen: Er wäre
davon überzeugt, dass es zum Wohl der Gemeinde ist.»
     
     
     
     
    7
     
    Kurz vor Mitternacht klingelte das Telefon.
    «Barnard’s Crossing Police Department, Sergeant Jeffers …»,
meldete sich der Dienst tuende Beamte. «Ja. Ich verstehe … Ja. Wie war der
Name? Bitte buchstabieren … H-I-R-S-H … Ja, ohne C, Mrs. Isaac Hirsh»,
wiederholte er, während er schrieb. «Bradford Lane … In Colonial Village, nicht
wahr? Wann hat er das Haus verlassen? So, ja … Und wann haben Sie im Labor
angerufen … Aha. Ja, ich verstehe … Können Sie mir den Wagen beschreiben? Wie
ist das Kennzeichen? Irgendwelche besonderen Merkmale am Wagen? Gut, Mrs. Hirsh.
Ich werde alle Dienststellen in der Umgebung benachrichtigen. Und ich schicke
gleich einen Wagen bei Ihnen vorbei … Ja, in ein paar Minuten. Würden Sie bitte
das Licht vor dem Haus anknipsen … Ja, natürlich. Wir tun unser Möglichstes.»
    Der Streifenwagen antwortete sofort auf das Funksignal.
    «Notier mal, Joe: Viertürige Chevrolet-Limousine,
hellblau, am hinteren linken Kotflügel Lackschaden, Kennzeichennummer 438972 – ich wiederhole: 438972 . Eigentümer ist Isaac
Hirsh, Bradford Lane  4  … Es ist
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