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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)
Autoren: Claire McGowan
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Überwachungskamera gesehen, er war am Torkeln, als wär er betrunken, ja. Und er hatte kein Blut an sich. Ich hab das alles aufgeschrieben, auf dem Computer da, als ich mal hier drin war.«
    Ronald machte eine plötzliche Bewegung, als würde er gleich um sich schlagen, und sie wich zurück. »Hör mal zu! Warte mal! Das haben alle gesehen, ich weiß, aber ich konnte von der Stelle aus, wo ich stand, in den Korridor schauen. Verstehst du? Ich stand direkt neben der Tür, und dann geht die auf, und ich seh Dan Stockbridge, wie er die Bierflasche auf den Boden fallen lässt, und die zerbricht. Auf dem Korridor. Nicht im Büro.« Sie zeigte in die Richtung. »Da draußen, auf dem Korridor. Nachdem er hier raus ist. Verstehst du? Ich hab das gesehen .«
    Darauf folgte eine lange Pause. Schließlich fragte er mit schmerzerstickter Stimme: »Hast du auch meinen Bruder gesehen? Hast du ihn gesehen, als er noch am Leben war?«
    Keisha versuchte, sich zu erinnern – der dunkle Club, die blitzenden Lichter und ein Blick in den Korridor, nur ganz kurz, bis die Tür wieder zufiel. Woher hätte sie wissen sollen, dass das mal so wichtig sein würde, dass so viele Leben von diesen wenigen Sekunden abhängen würden?
    »Ich … ich glaube schon«, sagte sie leise. »Ich bin mir nicht sicher, ich wusste ja nicht, was ich da sah und dass das wichtig war. Aber ich glaube schon. Da stand jemand … Weißt du, Ron, es kann sein, dass ich auch in den Knast muss. Und Ruby – was wird dann aus ihr? Wer soll sich dann um sie kümmern? Sie hat doch niemanden. Also, Ronald Johnson, sag mir: Soll ich’s tun?«
    Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Was? Zur Abwechslung mal die Wahrheit sagen? Ja, tu das, Keisha. Aber hier brauchst du dich nicht mehr blicken lassen, klar?«
    »Es tut mir leid!«
    Er schüttelte den Kopf. »Hau ab.«
    Sie wich zurück. »Du bist doch der mit dem Scheiß-Computer. Was hast du denn da drauf? Das hast du den Bullen auch nie gezeigt, stimmt’s?«
    Ronald erstarrte.
    »Ja, Rachel hat mir alles erzählt. Dein Bruder war so was von dicke mit den Scheiß-Gangs. Glaubst du wirklich, das war irgend so ein Banker aus der City, der ihn umgelegt hat?«
    Er sank in sich zusammen. Es war schlimm, das mit anzusehen: so ein großer, starker Mann. »Er war mein Bruder.«
    »Ja – und Chris war mein Freund.«
    Ronald sah sie an. Eine ganze Zeit lang schwiegen sie beide. »Ach, Scheiße«, sagte sie schließlich, ging hinaus und knallte die Tür hinter sich zu.
    Sie hatte das nicht mehr im Griff, seit dem Abend nicht mehr, an dem sie wegen dem blöden Ian Stone geweint hatte. Tränen liefen ihr die Wangen hinab und in den Mund, während sie im Personalraum ihren Spind ausräumte, eine leere Spraydose Impulse rausnahm und ein Foto von Ruby.
    »Was ist denn hier los?« Dario platzte herein und checkte mit einem Blick in den Spiegel seine Frisur. »Du bist spät dran.«
    »Ich bin gefeuert. Jetzt musst du Rachel wieder an die Kasse stellen.«
    »Mist«, murmelte er. »Alles in Ordnung mit dir?« Er sah sie ohne jedes Mitgefühl an.
    Sie schluckte die Tränen hinunter, aber die hörten einfach nicht auf. Eine Woche zuvor wäre es ihr noch sterbenspeinlich gewesen, vor Dario zu heulen, aber jetzt schien das keine Rolle mehr zu spielen. Jetzt war alles egal. »Ich werd schon wieder. Ich hab das bloß so satt – das ewige Weiterziehen, das ewige Leute-Zurücklassen. Selbst bei so ’nem Scheißjob. Man gewöhnt sich einfach an die Leute.«
    Dario sah wieder in den Spiegel, richtete eine Augenbraue. »Leute gibt’s wie Sand am Meer, Baby. Und wenn du denkst, dass du sie brauchst, stimmt das meistens gar nicht.«
    Aber Ronald. Wo fand man noch mal so einen wie Ronald? Einen Schrank, der Curry kochen konnte und nett zu seiner Mutter war.
    »Schau mich an«, sagte Dario und zeigte auf sich. »Meine Familie hat mich rausgeschmissen, die haben behauptet, so einer wie ich wär ’n Verstoß gegen den Willen Gottes.« Er wandte sich zum Gehen und tätschelte ihr den Arm, mit mehr echtem Gefühl als alle seine Luftküsse zusammen. »Neue Leute warten schon auf dich. Du fällst auf die Füße, Keisha Collins.«
    Sie war drauf und dran, ihn zu fragen, ob er wirklich Dario hieß. Aber vielleicht war es besser, das nicht zu wissen. Als sie hinausging in den warmen Londoner Herbstabend, die Bars brechend voll, die Busse vorüberbrummend, war es ein komischer Gedanke zu wissen, dass Chris nicht in der Nähe sein konnte. Ausnahmsweise
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