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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)
Autoren: Claire McGowan
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die beiden in gewisser Hinsicht noch mehr verlieren als sie. »Mein Vater hat mich eingeladen, erst mal für einige Zeit nach Singapur zu kommen. Na ja, wir werden sehen.«
    Sie sprachen darüber, was sie tun würden, falls Dan verurteilt würde. Als wüssten sie, dass es keine allzu große Hoffnung mehr gab.
    »Komm, wir bringen dich noch nach Hause«, sagte Dans Vater und reichte Charlotte den Arm, und da verstand sie, was hier vor sich ging. Auf ihre ungelenke Art und Weise versuchten sie, ihr zu danken.
    Hegarty
    Hegarty trank mal wieder eine Tasse scheußlichen Kaffee, diesmal in der Gerichts-Cafeteria. Er hatte ein Beutelchen Milchpulver hineintun müssen, und das Pulver aus dem ersten Beutel war beim Aufreißen auf seiner Hose gelandet. Eines Tages, das schwor er sich, würde er nur noch guten Kaffee trinken. Wenn er befördert würde, würde er fürs Büro eine eigene Kaffeemaschine anschaffen. Aber das erschien jetzt nicht mehr sehr wahrscheinlich – nicht bei all den unguten Gefühlen, die dieser Fall ausgelöst hatte, und nicht, nachdem nun aktenkundig war, dass er eine Schwäche für die Verlobte eines Verdächtigen gehabt hatte. Er trank einen Schluck von dem scheußlichen Gebräu und verzog das Gesicht. So oder so: Diese Sache konnte nur schlecht für ihn ausgehen. Entweder hatte er eine Verurteilung verbockt, oder er schickte einen Mann ins Gefängnis, der womöglich unschuldig war. Wie sein Vater gesagt hatte: Wenn Daniel Stockbridge hinter Gittern landete, würde er sich immer fragen: Hatte er es vermasselt? War es seine Schuld?
    Die ewig bockige junge Frau stand neben dem Eingang, das fiel ihm auf. Keisha. Er sah sie hier zum ersten Mal. »Ich hab gehört, Ihr Freund hat neulich Besuch bekommen«, sagte er und stellte sich mit seiner Tasse körnigem Kaffee zu ihr.
    »Hä?«
    »Ihr Freund in Wormwood.«
    »Sie kennen wohl überall irgendwen, was?« Sie konnte ihn nicht ausstehen, das merkte er. Das hatte nichts mit ihm persönlich zu tun, nur etwas mit seinem Beruf.
    »Ja, das tu ich tatsächlich. Und ich hab gehört, Ihr Chris war nach diesem Besuch nicht allzu erfreut. Hat einen Stuhl durchs Fenster geschleudert.«
    »So, so.« Es klang gelangweilt, aber er sah, dass sie die Hände so fest zusammenpresste, dass die abgenagten Fingernägel Kerben in der Haut hinterließen. »Kriegt er jetzt Ärger?«
    »Ja. Sie haben ihn in Einzelhaft verlegt. Und dann hat er auch noch einem Wärter die Nase gebrochen. Das wird ihm vor Gericht nicht gerade helfen.«
    Sie sah ihn aus ihren dunklen Augen an. »Wird er denn verurteilt? Für diese Körperverletzung?«
    »Ich denke schon. Der ist jetzt erst mal eine ganze Weile weg vom Fenster.«
    »So, so.« Sie verschränkte die Arme und atmete tief durch. »Gibt’s in diesem Land eigentlich so was wie ’n Zeugenschutzprogramm?«
    Er war erstaunt. »Wir könnten dafür sorgen, dass Sie anonym bleiben, falls es das ist, was Sie wollen.«
    Sie lachte. »Dafür ist es jetzt ja wohl ein bisschen zu spät, meinen Sie nicht? Was ist mit Wegziehen?«
    »Sie wollen wegziehen?«
    »Ich frage nicht für mich. Ich frage nur so. Was wäre, wenn …«
    »Hypothetisch.«
    Sie funkelte ihn an.
    »Ich erkundige mich gern. Warum? Sind Sie zu einem Entschluss gekommen?«
    »Das geht Sie einen Scheißdreck an, Officer.«
    Die Tür der kleinen Cafeteria ging auf, und Charlotte kam herein. Sie trug ein graues Etuikleid und hochhackige Stiefeletten und hatte sich das Haar wieder zu einem Knoten hochgesteckt. Sie sah sie beide an: Keisha, die so viel in ihren rauen Händen hielt, und ihn, der gegen ihren Verlobten ausgesagt hatte – und den sie so leidenschaftlich geküsst hatte. Und das konnte man doch nicht, wenn man es nicht auch so meinte, oder?
    »Sie gehen schon rein«, sagte sie.
    Es war eine seltsame Woche gewesen. Am Tag zuvor, als er auf dem Revier versucht hatte, mal ein wenig mit seinem Papierkram voranzukommen, war Susan bei ihm aufgetaucht. Sie hatte Kekskrümel auf der Bluse. »Besuch für dich«, sagte sie mit einem vielsagenden Blick.
    »Wer?« Er sah gerade seine Post durch und hoffte, dass nicht schon wieder einer von Susans Kirchen-Handzetteln darunter war – Gebets-Barbecue! Gratis Limonade!
    »Das solltest du dir selber ansehen.«
    Im Wartezimmer saß ein großer, kräftiger Schwarzer, der eine weinende junge Frau mit etwas hellerer Haut im Arm hielt. Ohne Schminke und Afrolook brauchte Hegarty einen Moment, bis er Rachel Johnson erkannte, und dann wurde ihm auch
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