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Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Titel: Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht
Autoren: Jon Ewo
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Zeitungsständer.
    Kommt sie hinterher?
    Nein, sieht nicht so aus.

10.   MURMELN UND SCHNARCHEN AUF DEM SOFA
    »Was ist denn mit dir los?«, fragt Jerry. »Du störst mich mitten im wichtigsten Augenblick meines Lebens. Ich habe nämlich ziemlich viel an Selma gedacht & jetzt weiß ich, dass ich sie liebe, & das ist ein unglaubliches Gefühl & ich war mir zuvor nur noch nicht sicher, als ich im Bus saß & gedacht habe & gedacht. Ich wollte sie erst sehen, nur um dann absolut sicher zu sein, dass es auch wirklich so ist. Aber nachdem ich sie an der Bushaltestelle gesehen habe   – was habt ihr da eigentlich auf dem Boden gemacht? Zuerst habe ich gedacht, ihr knutscht, & da habe ich mich gefragt,ob ich dich umbringen sollte, weil du mit der schönen Selma abgehauen bist   – ja, ich gebe es zu: Sie ist schön, abgesehen davon, dass sie ein paar Kilo weniger haben könnte   – so ungefähr zehn. Aber was ich sagen wollte: Als ich sie vom Bus aus da draußen gesehen habe, da wurde mir klar, dass ich absolut 100%ig in sie verliebt bin & sie haben muss, & jetzt ist die Zeit gekommen, dass ich ihr das sagen will, & was wäre romantischer, als aus dem Bus zu steigen & sich einfach hinzugeben? Liebe ist doch ein Wahnsinnsgeschenk, nicht wahr? Wirklich XXL, oder, Bud? Deshalb   …«
    »Jerry!« Ich versuche, seinen Redeschwall zu stoppen. »Das ist   … äh   … das ist nicht so einfach«, setze ich an und verfluche meine Unfähigkeit, mich klar auszudrücken.
    Ich sollte ihm sagen, dass Selma ein Hai ist.
    Ich sollte ihm sagen, dass solche Liebeserklärungen zu 92   % missglücken. (Wenn sie an Bushaltestellen stattfinden, stehen die Chancen noch schlechter   – 96   %.)
    Ich sollte ihm sagen, dass Selma nach einem Typen Ausschau hält, der cooler und angesagter ist als wir beide und definitiv besser aussieht. Wir gehören in die Loser-Liga, während Selmas kommender Lover aus der Superstar-Liga stammt.
    Stattdessen stammele und stottere ich etwas in der Art, dass Selma in einer Woche abreisen und bis zur Unkenntlichkeit abnehmen wird, eine Karriere als Model beginnen und den Mann fürs Leben finden will. Ich brauche fünf Minuten für etwas, das andere in einer herausgespuckt hätten.
    Zuerst kapiert Jerry nicht, was ich sagen will. Er plappert was über Sinn und Ziel solcher Schlankheitskuren und wie ungesund es ist, sein Gewicht auf eine brutale Art und Weise zu verlieren, und dass Selma natürlich   …
    Dann bricht er ab. Als wäre die Bibliothekarin dahinten ein Scharfschütze und hätte aus ihrer Elefantenbüchse einen Schuss abgefeuert und ihn mitten in der Brust getroffen.
    »Öhhh«, murmelt er mit glasigem Blick. »Ähhh.«
    Nach einigen weiteren Murmel- und Grunzgeräuschen kommt sein Motor wieder in Fahrt: »Aber das wird sie ja vollkommen verändern?! Wenn sie ins Fernsehen kommt, dann wird sie nicht mehr so sein wie vorher, oder wieder so werden, wie sie einmal war, oder die Selma sein, die wir aus unzähligen Sommern kennen, & nicht zuletzt wird sie überhaupt nicht wieder hierher zurückkommen   – denn es ist noch niemand wieder hierher zurückgezogen, der von hier weggegangen ist, & all das zusammen ist eine totale Katastrophe für mich & jetzt muss ich meine Pläne vollkommen ändern & habe ich dir eigentlich erzählt, was für ein unglaubliches Gefühl das war, im Bus zu sitzen & die Gedanken um Selma kreisen zu lassen   – als wäre sie eine Statue   – eine schöne Statue   –, & jetzt muss ich erst einmal nachdenken.«
    Seine Worte schwappen wie kleine Wellen am Strand, an einem lauen Sommertag, über mich hinweg. Kann sein, dass ich einnicke. Mein Gehirn ist ein Stück Kork, das in den Wellen schwimmt und sich von ihnen wiegen und einlullen lässt.
    Schlafe ich fünf Minuten lang? Oder nur drei? Vielleicht sogar zehn?
    Auf jeden Fall werde ich aus dem Land ohne Sorgen zurück zu Jerry gespült, der mir gnadenlos aufs Knie klopft.
    Er schiebt mir ein altes, abgegriffenes Buch zu.
    »Hier ist die Antwort«, sagt er aufgekratzt und wirft mir das Buch in den Schoß. Das Buch ist grün, abgewetzt und riecht etwas merkwürdig, was mich an das Säubern von Fischen erinnert. Ich nehme es in die Hand und lese auf der Titelseite: »Henry Walden: Der Fisch meines Lebens. Die Jagd auf den Riesenhecht.«
    Ich ziehe meine Augenbrauen fragend nach oben und er erwidert verschmitzt: »Das ist einfach genial & oft entspringen die genialsten Dinge direkt dem Zufall   – ist dir das schon mal
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