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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters
Autoren: Robert Silverberg
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Harruel.
    Staip wandte sich an Konya. »Hast du es nicht gehört?«
    »Ich war mit meiner Aufgabe beschäftigt«, sagte Konya gelassen. »Meine Aufmerksamkeit war auf das konzentriert, weswegen ich hier bin.«
    »Genau wie ich«, schnaubte Staip, inzwischen leidlich hitzig. »Aber ich habe einen schrecklichen Schrei gehört. Zweimal. Vielleicht waren’s auch drei. Was, wenn da draußen irgendwas los ist. Was meinst du? Konya? Harruel?«
    »Also, ich… ich hab nichts gehört«, sagte Harruel. Er bearbeitete das Dawinno-Rad und ließ die gewaltige schwere Spule kreisen und kreisen. Konya hielt die Garnspulen des Emakkis-Webstuhls. Staip hatte sein Pensum an Yissous Leiter absolviert. Sie waren die drei Senioren-Krieger des Stammes, starke düstre Männer, und auf diese Weise wurden sie ein wenig von ihren überquellenden Energien los, an jedem Tag und Tag für Tag, die sich in der langen faulen süßen Etappe-Isolation im Kokon in ihnen ansammelte.
    Staip starrte sie kalt an. Er sah den funkelnden Hohn in ihren Augen, und er trieb ihn zum Wahnsinn. Er hatte genauso schwer und hart an seinen Übungen geschuftet wie sie. Und wenn sie diese drei schrecklichen Schreie nicht gehört hatten, also, war das dann seine Schuld? Die hatten kein Recht, sich über ihn lustig zu machen. Er spürte, wie der Zorn in ihm höherschwoll. In seiner Brust hämmerte etwas. So stolz waren die auf ihr blödsinnig-braves Training. Nannten ihn einen Kneifarsch! Beschuldigten ihn der Unkonzentriertheit und Disziplinlosigkeit, nur weil…
    Bildete er sich das nur ein, oder hatten die beiden tatsächlich seit ein paar Wochen immer wieder einmal ein paar kleine Giftpfeile gegen ihn abgeschossen? Sie hatten Zeug gesagt, das er ganz beiläufig übergangen hatte, doch jetzt, während er noch einmal darüber nachdachte, bekam er doch das Gefühl, daß sie ihm auf vielfältige Weise zu verstehen gegeben hätten, er sei ein Faulpelz, er sei ein Trottel, er sein ein Lahmarsch.
    Das Leben war heutzutage wirklich kompliziert. Alle waren sie von einer ganz neuen Stimmung erfaßt: sie waren schärfer, wachsamer, leichter erregbar, empfindlicher, jeder Mann sozusagen auf dem Sprung. In der letzten Nacht war es Staip schwergefallen, Schlaf zu finden; den andern ging es offenbar ebenso… Es gab mehr Gemecker und Zank als früher… alle verloren viel zu rasch die Geduld und gingen hoch.
    Aber trotzdem – derartige Beleidigungen… sie hatten einfach kein Recht dazu…
    Dann brodelte sein Zorn über, und er trat auf sie zu, in der heißen Absicht, sie herauszufordern. Er schob sich auf Konya zu und nahm bereits die Position zum Kickringkampf ein, doch dann bremste er sich und wich beiseite. Er und Konya waren so ziemlich gleichstark. Und darin würde sich für ihn keine Genugtuung finden lassen. Nein, er wollte mit Harruel ringen. Mit dem gewaltigen Überheblichen turmhohen Harruel, dem Besten unter den Männern – ja, genau das war die rechte Art! Wenn er ihn zu Boden streckte, würden alle es wissen, daß Staip nicht einer war, den man leichtnehmen durfte! »Also, komm!« sagte er und funkelte zu Harruel hinauf, während er die als »Doppelangriff« bekannte Stellung einnahm. »Komm und ring mit mir, Harruel!«
    Aber Harruel blieb ganz gleichmütig. »Was ist denn mit dir los, Staip?« fragte er ruhig.
    »Du weißt schon, worum es geht. Also, komm! Miß dich mit mir!«
    »Wir müssen unsere Übungen machen. Ich hab noch die Leiter vor mir und den Webstuhl, und dann eine Stunde lang Hüpfen und Rumpfbeugen…«
    »Fürchtest du mich?«
    »Du hast wohl den Verstand verloren.«
    »Du hast mich beleidigt. Darum kämpfe mit mir. Deine Übungen haben Zeit.«
    »Die Übungen sind unsere geheiligte Pflicht, Staip. Wir sind Krieger.«
    »Krieger? Für welchen Krieg bereitest du dich denn vor, Harruel? Aber, wenn du dich schon einen Krieger nennst, gut, so kämpfe gegen mich. Kämpfe – oder – bei Dawinno! – ich werfe dich zu Boden, ob du die Kampfposition beziehst oder nicht!«
    Harruel seufzte. »Zuerst der Drill, kämpfen können wir dann später.«
    »Bei Dawinno…«, keuchte Staip mit belegter Stimme.
    Hinter ihm war ein Geräusch. In die Kriegerkammer trat Lakkamai, ein drahtiger dunkelpelziger Mann von nüchtern-brüskem Gehabe, der nicht zu vielen Worten neigte. Schweigend schritt Lakkamai an ihnen vorbei und plazierte sich an den Fünf Göttern, dem anstrengendsten Drillgerät, das sie benutzten. Sodann schien er die Gespanntheit in der Kammer
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