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Am Ende der Straße

Am Ende der Straße

Titel: Am Ende der Straße
Autoren: Brian Keene
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unserem Fall waren das Sachen, die wir dringend brauchten. Wer klaut denn bitte den verdammten Rasierschaum? Und auch noch derart methodisch. Nimmt sich die Zeit, von Haus zu Haus zu gehen und dann damit abzuhauen. Ich meine, das ist doch wohl total irre.
    Aber heutzutage sind überall Irre unterwegs, und der Diebstahl von Rasierschaum gehört da noch zum weniger bizarren Verhalten.
    Jedenfalls spielt es wahrscheinlich gar keine Rolle, wie lange wir jetzt hier sind. Wichtig ist nur, wie alles angefangen hat und was seitdem passiert ist.
    Es lief folgendermaßen. An einem Mittwochmorgen Ende September wachten ich, Christy und alle anderen in der ländlichen Kleinstadt Walden im Bundesstaat Virginia auf und mussten feststellen, dass der Rest der Welt verschwunden war.
    Wohlgemerkt nicht zerstört, sondern verschwunden.
    Einfach … weg.
    Walden war noch da. Da hatte sich nichts geändert. Unsere Häuser, Geschäfte und Schulen, unsere Haustiere und Liebsten, unsere wertvollen Andenken und persönlichen Sachen, unsere Straßen und Bürgersteige – das
alles existierte noch. Aber die Außenwelt, alles außerhalb der Stadtgrenzen, war durch eine makellose, schwarze Wand ersetzt worden. Ein Vorhang aus Dunkelheit umgab die Stadt. Er dehnte sich nach Osten und Westen aus – von dem Schild auf der Route 711, das stolz Willkommen in Walden, Einwohnerzahl 11 873 verkündete, bis zu den waldigen Hügeln hinter der Highschool – und erstreckte sich von der Texaco-Tankstelle auf der Maple Avenue im Norden bis zu dem unbebauten Platz hinter dem halbleeren Einkaufszentrum an der Tenth Street im Süden. Alles innerhalb dieses Radius existierte noch. Alles jenseits dieser Grenzen war von einer dichten, undurchdringlichen Dunkelheit verschluckt worden. Innerhalb der Stadtgrenzen war es ebenfalls dunkel, aber nicht so schlimm wie auf der Außenseite. In Walden schien es einfach nur Nacht zu sein. Am Stadtrand war die Schwärze dunkler. Irgendwie dichter, wie geronnenes Fett oder Motoröl.
    Einige Leute bemerkten die Dunkelheit zunächst gar nicht. Sie wachten auf und stellten fest, dass Strom, Gas, Wasser und andere Annehmlichkeiten nicht mehr funktionierten. Natürlich war das beunruhigend. Aber erst als sie nach draußen stolperten, um nachzusehen, ob ihre Nachbarn das gleiche Problem hatten, entdeckten sie, was wirklich los war – auch wenn niemand von uns genau wusste, was es eigentlich war.
    Ich persönlich dachte zuerst an eine Sonnenfinsternis, aber Russ machte diese Idee schnell zunichte. Er sagte, wenn es eine Sonnenfinsternis gegeben hätte, hätte er davon gewusst, und das bezweifelte ich nicht. Russ lebt
in dem Einzimmerapartment über Christy und mir. Er ist ein Hobbyastronom, und bevor die Dunkelheit kam, verbrachte er den Großteil seiner Nächte auf dem Dach, starrte durch sein Teleskop in die Sterne und regte sich über die Straßenbeleuchtung auf. Er sagte, sie würde Lichtverschmutzung verursachen, so dass er nichts mehr klar erkennen könne.
    Heutzutage muss er sich über Lichtverschmutzung keine Sorgen mehr machen. Das Dumme ist nur, dass es am Himmel auch nichts mehr für ihn zu sehen gibt. Die Sterne sind verschwunden. Er sagt, es sei, als würde man in einen Teich voller Teer starren.
    Nach und nach erwachten die Leute in den Häusern und Wohnungen von Walden und mussten feststellen, dass der Sonnenaufgang abgesagt worden war. Die unterschiedlichen Reaktionen waren interessant. Einige beharrten darauf, dass es keine große Sache sei. Sie waren überzeugt, dass es sich bei der Dunkelheit nur um ein seltsames Wetterphänomen handelte, irgendeine komische, atmosphärische Erscheinung, die in ein paar Stunden abziehen würde. Sie stiegen in ihre Autos, Laster und SUVs und machten sich auf den Weg zur Arbeit. Andere warfen einen Blick auf die Dunkelheit, gerieten in Panik und wollten fliehen. Sie hielten es für alles Mögliche, von einem Terroranschlag bis hin zur Wiederkunft Jesu Christi, der über uns alle richten würde, beluden ihre Autos und Trucks und drückten aufs Gas, fest davon überzeugt, der Weltuntergang sei gekommen.
    Was diese beiden Gruppen angeht, verstehe ich eines nicht. Die erste Gruppe, also alle, die zur Arbeit gingen,
als wäre es ein ganz gewöhnlicher Tag: Was zur Hölle haben sie sich dabei gedacht? Ich meine, man muss doch eine verdammt abgestumpfte Drohne sein, um einfach seiner Alltagsroutine zu folgen und völlig zu ignorieren, was sich um einen herum abspielt, oder? Waren sie
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