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Am Anfang war das Chaos

Am Anfang war das Chaos

Titel: Am Anfang war das Chaos
Autoren: Hans Kneifel
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gewesen war.
    »Ich verstehe nichts. Weißt du mehr?«
    »Woher kommt ihr?«
    »Aus der Dunkelzone. Wir waren gefürchtete Wegelagerer und machten reiche Beute. Euch müßten wir wohl noch etwas schenken, wie ich sehe.«
    »Der große Helmond hat ein lohnendes Ziel ausgesucht«, keifte Sgnore vom löchrigen Dach des Wagens herunter. Helmond winkte ab und schob sein Schwert in die eisenbeschlagene, rostige Scheide.
    »Halt’s Maul, Sgnore«, sagte er knapp und blickte wieder in die feurigen Augen der verwahrlosten Frau.
    »Durchsucht die Wagen. Werft den Inhalt unserer Taschen ins nasse Gras… wir haben nichts. Ihr werdet nichts finden«, sagte Sophela. »Wollt ihr mit uns essen? Wir kochen eine Suppe aus den Abfällen von gestern.«
    Sie zeigte auf das Feuer. Unter dem Kessel schob ein Junge halb angekohlte Zweige und Aststücke in die kleinen Flammen.
    Helmond zischte einen schauerlichen Fluch und gab es auf.
    Hier war nichts zu erbeuten. Und er war kein Mörder, der Unschuldige, die sich nicht wehren konnten, hinschlachtete. Er entspannte sich und sagte in versöhnlichem Ton:
    »Vergessen wir’s. Aber ihr könnt uns wenigstens Neuigkeiten berichten. Wo sind wir?«
    »In einem Land, das sich einst Gorgan nannte.«
    Er sagte sich im stillen, daß es doch einen Sinn gehabt hatte, jenen Gefangenen nicht getötet, sondern zum Sprachunterricht benutzt zu haben – damals, in weitaus besseren Zeiten.
    »Weißt du, was geschehen ist?«
    Tautason und Santauta kamen zurück und stellten sich rechts und links von Helmond auf.
    »Ich weiß wenig. Aber ich sage euch, was ich weiß«, antwortete die Anführerin. »Großes Unglück ist über alle Welt gekommen. Über die Dunkelzone ebenso wie über Gorgan und das Meer. Ich kenne die Legenden, aber nicht die einzelnen Unglücke, und schon lange nicht die Wahrheit.«
    »Sprich trotzdem«, forderte Sgnore von ihrem Sitz auf.
    »Es kam, sagten alle, zu einem gigantischen Kräftemessen zwischen der Lichtwelt und dem Dunkel, zwischen den Kriegern für eine bessere Welt und den Dämonen.
    Doch in der Stunde, als die Mächte des Bösen ALLUMEDDON für sich entscheiden wollten, kam der Lichtbote. Viele ersehnten sein Erscheinen, doch kaum einer, der ihn herbeiflehte, lebte heute noch.«
    Helmond glaubte ihr, verstand aber nur wenig. Wieder einmal wurde er sich bewußt, daß er und die Reste der Rotte nur Sandkörner in der Ewigkeit darstellten. Er brummte:
    »Davon wissen wir nichts. Wir wurden aus der Schattenzone hierher geschleudert. Wie sieht es ringsum aus?«
    Sophela schenkte ihm einen mitleidigen Blick.
    »So wie hier. Öde und leer… triefend, ohne Sonne, alles tot, fast alles zerstört, Ruinen, Verletzte, Tote und solche, die nicht wissen, wie der nächste Tag aussieht«, sagte sie. Helmond schrak zusammen; er hatte es immer geahnt, aber diese Frau wußte es besser. Inzwischen umgab ihn und Sophela ein dichter Kreis von Menschen. Auch die Mimesen waren neben ihm, blickten die Fremden an und schwiegen, begierig zu hören, was diese Menschen zu sagen hatten.
    »Ist es so schlimm?« erkundigte er sich stockend mit rauher Stimme.
    »Noch viel schlimmer. Phantasie reicht nicht aus, um zu schildern, was wirklich ist«, bemerkte mit müder Stimme ein alter Mann, der aussah, als würde er die morgige Helligkeit nicht mehr erleben.
    »Sprich!« forderte Helmond die Frau auf.
    »Der Lichtbote kam, als die Schlacht tobte. Das Böse und Dunkle war zu mächtig geworden, war auf der Straße des Sieges. Als er dies sah, hatte er keine Wahl mehr. Das Böse war zu stark und unbesiegbar geworden. Also nahm er den einzigen Ausweg, den er erkannte. Er stürzte die Welt ins Chaos. So erreichte er ein Unentschieden auf und über den Gefilden des größten Kampfes, den diese Welt je gesehen hat.«
    Helmond keuchte auf und fragte:
    »Woher weißt du dies alles?«
    Die Frau maß ihn mit einem mitleidigen Blick.
    »Wir erfuhren es entlang unseres Weges. Viele sprachen, viele sagten wirre Dinge, und beim Lagerfeuer setzten wir einzelne Bemerkungen zusammen.«
    »Weiter!« schrie die Haryie. »Sprich weiter! Wohin müssen wir fliegen?«
    Auch sie erntete ein Lächeln voller Mitleid und Abschätzigkeit.
    »Der Lichtbote kam also und stürzte die Welt ins Elend und in die vollkommene Zerstörung«, ließ sich die Frau nicht beirren. Ihre Stimme nahm einen prophetischen Klang an. »Ein Gleichgewicht zwischen Gut und Böse sollte entstehen, zwischen Lichtwelt und schwarzer Dämonie. Kein Heer sollte
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