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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman
Autoren: H kan Nesser
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die ärztliche Verordnung? Und falls er nicht weiterkommen sollte, schadet es jedenfalls auch nicht.«
    Backman entgegnete nichts.
    »Würdest du bitte so nett sein, das Material durchzusehen, bevor er es tut«, fuhr Asunander mit einer Miene fort, die wahrscheinlich illustrieren sollte, dass sie zu einer gemeinsamen Entscheidung gekommen waren. »Dann kannst du den Fall heute Nachmittag für ihn zusammenfassen. Aber nicht vergessen, er wird der Sache alleine nachgehen müssen. Ein oder zwei Wochen, damit er sich wieder einleben kann. Was denkt die Frau Inspektorin darüber?«
    »Ich denke absolut nichts«, erwiderte Eva Backman.
    »Schön«, sagte Asunander. »Der Staatsanwalt ist informiert, aber es wird keine offiziellen Vernehmungen geben. Er soll nur vorsichtig sondieren, du wirst das Barbarotti schon auseinandersetzen.«
    Vorsichtig sondieren, dachte sie gereizt, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Eine Ein-Mann-Ermittlung? Wenn man schon arbeiten sollte, konnte man es doch genauso gut mit voller Kraft tun? Oder etwa nicht?
    Und würde Barbarotti Asunanders Schachzug nicht mit Sicherheit durchschauen? Begreifen, dass es hierbei im Grunde lediglich um eine Beschäftigungstherapie ging. Dass man ihm eigentlich absprach, arbeitsfähig zu sein.
    Oder war es genau das, was er jetzt brauchte? Die Medizin, die Gunnar Barbarotti in seiner momentanen Lage selbst bevorzugen würde? Eine geschützte Spielwiese in einem abgelegenen Winkel der wahren Polizeiarbeit.
    Wenn man ihn denn gefragt hätte.
    Und er einen eigenen Willen hätte. In den Gesprächen, die sie mit ihm geführt hatte, war davon nur wenig zu spüren gewesen. Genau genommen nichts.
    Trauer, dachte sie und betrat ihr Büro. Darum geht es hier. Um den Permafrost der Seele.

3
    B eim Fall Morinder ging es zwar um Arnold Morinder, aber die Hauptperson war er eher nicht.
    Diese Rolle hatte vielmehr seine Lebensgefährtin inne, wofür es gute Gründe gab. Eva Backman benötigte zwanzig Minuten, um die Zusammenfassung des Falls zu lesen; Inspektor Borgsen – der wegen seines ernsten Auftretens von allen nur »Sorgsen«, also schwermütig, genannt wurde – hatte sie verfasst, und obwohl sie in der Tat nicht sehr viel mit den Ermittlungen zu tun gehabt hatte, erinnerte sie sich doch recht gut an die Geschichte, als sie ihr nun hiermit erneut vor Augen geführt wurde.
    Es war im August 2007 passiert. Vor knapp fünf Jahren, wie Asunander korrekt bemerkt hatte. Arnold Morinder, 54 Jahre alt und Angestellter bei Elektrik Buttros in Kymlinge, war von seinem Sommerhaus am nördlichen Ufer des Sees Kymmen aus verschwunden. Er hatte sich auf sein Moped gesetzt, um zur Statoil-Tankstelle in Kerranshede zu fahren und sich dort eine Zeitung zu kaufen. Drei Tage später war er immer noch nicht zurück, und seine Lebensgefährtin, eine gewisse Ellen Bjarnebo, hatte die Polizei verständigt. Inspektor Sorgsen und Kriminalassistent Wennergren-Olofsson waren zu ihr gefahren und hatten sie befragt. Einigermaßen umgehend tauchte dann der Verdacht auf, dass ein Verbrechen begangen worden war.
    Nicht weil besonders viele Indizien darauf hingedeutet hätten – am Anfang nicht und im Grunde auch später nicht –, sondern weil Ellen Bjarnebo die Frau war, die sie war.
    Die Schlächterin von Klein-Burma.
    Ende der achtziger Jahre hatte sie unter dieser Bezeichnung kurzfristig einen gewissen Ruhm genossen. Klein-Burma war der Name des mittelgroßen Bauernhofs fünf Kilometer nordöstlich von Kymlinge, auf dem sie mit ihrem Mann und einem Kind gelebt hatte. Es gab auch ein Groß-Burma, und die Straße, die zu den beiden Höfen führte, hieß Burmavägen, eine Leihgabe von einem berühmten Straßenbau in Asien, der gerade vollendet wurde, als die Höfe Ende der dreißiger Jahre gegründet wurden. Die Siedler waren damals zwei Brüder namens Sven und Arvid Helgesson gewesen, und Arvids Sohn Harry war fünfzig Jahre später zerstückelt worden.
    Vorher wurde er jedoch, Anfang Juni 1989, mit einem Vorschlaghammer erschlagen, und ungefähr fünf Monate später verurteilte man seine Frau, Ellen Helgesson, geborene Bjarnebo, wegen Mordes und Störung der Totenruhe, wonach sie in Schwedens einziger Justizvollzugsanstalt für Frauen, Hinseberg bei Frövi in der mittelschwedischen Bergbauregion, einsaß. Dort blieb sie bis zu ihrer Entlassung elf Jahre später.
    Es war eine ziemlich finstere Geschichte, erinnerte sich Eva Backman, was sich auch Sorgsens Zusammenfassung mit aller
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