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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman
Autoren: H kan Nesser
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Gedanken zu fassen.
    Die Versteinerung der Trauer . Der freundliche Therapeut, der zwei Mal mit ihm gesprochen hatte, kannte diese Bezeichnung für seinen Zustand.
    Was ihn ebenso wenig getröstet hatte wie alles andere.
    Åke Rönn hieß er, dieser Therapeut. Er war sanftmütig, stammte aus Nordschweden und tauchte auf dem Parkplatz des Präsidiums in Barbarottis leerem Kopf auf. Mit kariertem Flanellhemd und so weiter; das bisher letzte hatte Rot- und Blautöne gehabt.
    Trauertherapeut . Was für ein hoffnungsloser Beruf, denn er war tatsächlich auf diese Art von Gebrechen spezialisiert, das hatte er zugegeben.
    Oder war er etwa doch nicht so hoffnungslos? Vielleicht gelang es Åke Rönn ja tatsächlich manchmal, dem einen oder anderen armen Schlucker eine Hilfe zu sein. Mit der Zeit. Trauer braucht immer Zeit, hatte er erklärt. Sie ist ein träger Fluss, aber man kann auf ihm in die richtige Richtung fahren und kommt früher oder später zum Meer. Die Strömung ist schwach, Sie dürfen es nicht eilig haben. Sie haben keine Ruder, und es geht kein Wind.
    Gunnar Barbarotti hatte genickt, sich jedoch jedes Kommentars enthalten. Es gab so viele Worte. So viele mehr oder weniger neunmalkluge Bilder. Wohlwollende, aber neunmalkluge.
    Du musst versuchen, dich auf die Kinder zu konzentrieren, hatte Eva Backman ihm gesagt, als sie gestern Abend telefoniert hatten.
    Ich weiß, hatte er erwidert. Das tue ich. Ich konzentriere mich auf die Kinder.
    Möchtest du, dass ich vorbeikomme?
    Nein, nicht nötig.
    Sind Jenny und Johan von ihrem Vater zurückgekommen?
    Ja, heute Vormittag.
    Wie geht es ihnen?
    Den Umständen entsprechend gut, denke ich.
    Und dir selbst?
    Nicht besonders.
    Wie hast du geschlafen?
    Nicht so gut.
    Nimmst du Tabletten? Ich weiß, dass du dagegen bist, aber …
    Nein.
    Fragen und Antworten. Am Ende hatte er erklärt, er habe nichts mehr zu sagen, irgendwelche Haushaltsarbeiten vorgeschoben und aufgelegt.
    Als auch dieses Gespräch seinen Kopf verlassen hatte, atmete er zwei Mal tief durch und stieg aus dem Auto. Als er den Parkplatz Richtung Eingang überquerte, regnete es, aber das machte ihm nichts aus.
    Es wurde Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen. Zeit, sich dem Alltag zu stellen.
    »Danke.«
    »Wofür bedankst du dich?«
    »Für sie. Eine Mörderin, die ihr Opfer anschließend zerlegt hat. Ich hatte gar kein Willkommensgeschenk erwartet.«
    Eva Backman versuchte sich an einem entschuldigenden Lächeln, spürte jedoch, dass es keinen Halt fand. »Ich glaube, es ist einer dieser alten Fälle, die Asunander wurmen. Er hat ja nur noch anderthalb Monate oder so. Jedenfalls war es seine Idee.«
    »Ich verstehe sein Kalkül.«
    »Wie? Was denn für ein Kalkül?«
    »Er ist sich nicht sicher, ob ich arbeitsfähig bin.«
    Sie dachte rasch nach. » Bist du arbeitsfähig?«
    Barbarotti zuckte mit den Schultern. »Ich bin wahrscheinlich auch nicht schlechter als sonst.«
    »Mir hat gefallen, was du auf der Beerdigung gesagt hast.«
    »Was meinst du?«
    »Nach vorn zu schauen und sie trotzdem in einem inneren Raum zu behalten.«
    »Es ist eine Sache, so etwas zu sagen. Eine andere, danach zu leben.«
    »Aber ein Leitstern kann nicht schaden, oder?«
    »Nein, da hast du recht. Er hängt sozusagen auch dann noch da, wenn man ihn gar nicht anschaut.«
    »Worüber reden wir hier eigentlich?«
    »Keine Ahnung. Erzähl mir lieber von dieser Mörderin. Ich trinke übrigens immer noch Kaffee.«
    Sie stand auf, um ihm einen zu holen. Gunnar Barbarotti schaute in den Regen hinaus.
    »Du hattest auch nichts mit den Ermittlungen zu tun?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Das muss gewesen sein, als unser Freund, der Briefeschreiber, sein Unwesen trieb. Ich erinnere mich nur noch an ein blaues Moped in einem See.«
    »Einem Moor«, berichtigte Backman ihn. »Aber Ellen Bjarnebo ist dir ein Begriff? Oder Helgesson, wie sie damals hieß.«
    Barbarotti nickte. »Wann war das noch mal?«
    »1989. Ich war mit Viktor in Elternzeit.«
    Gunnar Barbarotti betrachtete mit einer Falte auf der Stirn seine Kaffeetasse. »Das war das Jahr, in dem man mich versetzt hatte. Drogenfahndung in Eskilstuna, wozu das nun wieder gut sein sollte. Ich kam erst Weihnachten zurück, da hatte sie schon gestanden. Aber die Zeitungen waren natürlich voll davon.«
    »Allerdings«, sagte Backman. »Die Schlächterin von Klein-Burma. Schwer zu vergessen. Ich frage mich, wie es heute um den Hof steht.«
    »Hm«, machte Barbarotti.
    Eva Backman schwieg eine
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