Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Altern verboten

Altern verboten

Titel: Altern verboten
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
Fische fangen Sie mit bloßen Händen, so zahm sind die …«
    »Ach ja? Ich hab schon gehört von Hawaii-Novum, die Hauptinsel sei so märchenhaft …«
    »Märchenhaft ist gar kein Ausdruck …!« Norge Holm verwickelte den Neuen in einen Smalltalk über Planeten, die sie gesehen oder angeblich gesehen oder von denen sie gehört hatten, über Raumhafenstädte, die sie angeflogen, über Landschaften und Gebirge, in denen sie Urlaub gemacht hatten.
    Danke, altes Haus , dachte Yakubar Tellim, dabei war der Pilot dreiundzwanzig Jahre jünger als er. Aber was sind dreiundzwanzig Jahre, wenn man auf ein ganzes Leben zurückblickte? Himmel über Doxa IV – was für ein kurzes Tänzchen! Er nahm die Arme aus dem Nacken, beugte sich vor und stützte sich auf der Instrumentenkonsole auf. Was für ein kurzes Tänzchen, weiß Gott!
    Moses flatterte auf, drehte eine Runde durch die Kommandozentrale und landete auf der linken Schulter des Kommandanten. Mit dem Schnabel pickte er nach dem großen Elfenbeinring in seinem Ohrläppchen, einmal, zweimal – bis der Weißhaarige ihn anzischte.
    Wieder versank Tellim in den Anblick der Sonne Doxa. Sicher gab es schönere Sonnen – und schönere Planeten sowieso. Wer wüßte das besser als er? Sein Heimatplanet Tell zum Beispiel: jede Klimazone, die man sich vorstellen konnte, Gebirge, Meere, einsame Wälder. Oder Woodstock mit seinen Vulkaneisbergen und Geysiren an den Polen, seinen Dschungeln auf der Nordhalbkugel und seinen Savannen im Süden. Oder eben Hawaii-Novum mit seinem unendlichen Warmozean; selbst Berlin, der heiße Wüstenplanet mit seinen Rennpisten, seinen traumhaften Oasen und seinen gespenstischen Canyons war interessanter. Yakubar hatte sie alle gesehen.
    Fast achtzig der hundertzwölf Lebensplaneten, die zum Territorium der Galaktischen Republik Terra gehörten, hatte er gesehen, und etwa die Hälfte der Planeten, auf denen terranische Kolonien unter Biosphären siedelten. Dazu noch eine ganze Reihe der knapp fünfhundert zum Teil lebensfeindlichen Welten, auf denen die Republik Bodenschätze abbaute. Von den außerterritorialen Welten gar nicht zu reden. O ja, Yakubar Tellim war weit herumgekommen, sehr weit.
    In diesen Minuten jedoch, seit sie die Umlaufbahn von Doxa XIII gekreuzt hatten, erschienen sie ihm unverwechselbar – dieses zentrumsnahe Sonnensystem, in dem er sich vor dreißig Jahren niedergelassen, und dieser Planet, auf dem er seine Firma gegründet hatte. Unverwechselbar und einmalig erschienen sie ihm, weil ihm nämlich von jetzt auf nun diese verfluchte Frage im Hirn brannte, die Frage, wie es sich wohl anfühlen mochte, wenn man zum letztenmal nach Hause kam; zum wirklich allerletzten Mal.
    Der Kolk beäugte ihn von links, Holm von rechts, und im Viquafeld unter der Frontkuppel entdeckte der Reeder einen kleinen grünlich schimmernden Punkt: Doxa IV. Während er die dreidimensionale Darstellung vergrößerte, mußte er schlucken. Die ganze Reise über hatte er versucht, das Gefühl der Letztmaligkeit gar nicht erst aufkommen zu lassen. Nun aber hatte es ihn doch erwischt. »Sentimentaler alter Knochen«, flüsterte er. Moses knarzte sein Chrjaku . Es war zärtlich gemeint. Yakubar lächelte wehmütig – er wußte die Zwischentöne des Gekrächzes herauszuhören.
    Über Bordfunk meldete sich die untere Ebene der Kommandozentrale. Dort arbeiteten Kommunikator und Aufklärung. Über eine Galerie und Treppen waren beide Ebenen miteinander verbunden. Norge Holm nahm das Gespräch an. Der Kommunikator hatte Kontakt mit Doxa IV. »Wie ist es, Yaku?« fragte Holm Sekunden später. »Die Raumfahrtbehörde hat uns die Einflugkoordinaten und den Landeplatz zugeteilt. Bringst du das Hufeisen runter, oder mach' ich das?«
    Wortlos und mit einer Kopfbewegung deutete der Kommandant auf die ISK-Kappe neben Holms Instrumentenkonsole. »In Ordnung, Sir!« Zum Spaß nahm Holm militärische Haltung an und mimte den beflissenen Untergebenen. »Ist mir eine Ehre, Ihren Befehl ausführen zu dürfen, Exzellenz!« Mit spitzen Fingern langte er nach der blauen Kappe und setzte sie so feierlich auf seinen kahlen Schädel, als wäre sie eine Krone. »So sei sie denn mir nichtswürdigem Individuum geliehen, die individuelle Steuerungskompetenz über das schönste Schiff des Universums im Umkreis von anderthalb Metern …«
    Meyer-Ruland machte erst ein verblüfftes Gesicht, dann lachte er gekünstelt; er war die komödiantischen Einlagen des Piloten noch nicht gewohnt. Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher