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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht
Autoren: P. G. Wodehouse
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Register.«
    »Bestimmt war er voll wie eine Strandhaubitze?«
    »Im Gegenteil. Er war geradezu unanständig nüchtern.«
    »Na, das ist ja mal was Neues.«
    Eine Zeitlang schwiegen wir versonnen und erinnerten uns an jenen Sommernachmittag in Tante Dahlias heimatlichem Worcestershire, als ein schwer beduselter Gussie aus Anlaß der alljährlichen Preisverleihung vor den Zöglingen der höheren Schule von Market Snodsbury eine unvergeßliche Ansprache hielt …
    Also, wenn ich loslege und eine Geschichte von jemandem erzählen will, von dem ich früher schon mal eine Geschichte erzählt habe, dann weiß ich nie so genau, wie viele Einzelheiten ich vorneweg erst mal erklären soll. So was will ja genau überlegt sein, denn wenn ich zum Beispiel im vorliegenden Fall einfach voraussetze, daß meine Leser über Gussie Fink-Nottle im Bilde sind, und gleich mit meiner Story losschieße, dann werden sich diejenigen, die damals nicht an meinen Lippen hingen, wahrscheinlich ratlos am Kopf kratzen. Wenn ich aber andererseits erst mal ein paar hundert Seiten mit der Lebensgeschichte dieses Menschen fülle, bevor es richtig losgeht, dann werden die alten Hasen nur mühsam ihr Gähnen unterdrücken und murren: »Alles olle Kamellen. Komm endlich zur Sache!«
    Deshalb ist es wohl das beste, ich mache Gruppe A mal schnell mit den wichtigsten Fakten vertraut und signalisiere der Gruppe B mit einer entschuldigenden Handbewegung, daß sie inzwischen einen Augenblick weghören kann. Es geht dann gleich weiter.
    Dieser Gussie war also ein Freund von mir, ein Typ mit einem Gesicht wie ein Fisch. Schon als junger Kerl hatte er sich auf dem Land vergraben, und seither beschäftigte er sich nur noch mit Molchen, die er in Glasbehältern züchtete und tagein, tagaus hingebungsvoll beobachtete. Sie hätten ihn vermutlich als eingefleischten Eremiten bezeichnet, falls Ihnen dieses Fremdwort eingefallen wäre, und damit hätten Sie den Dingsda auf den Kopf getroffen. Daß so einer jemals einem weiblichen Wesen zärtliche Worte ins Ohr flüstern und anschließend die üblichen Ringe kaufen und das Aufgebot bestellen würde, war nach menschlichem Ermessen so unwahrscheinlich wie eine Woche von Sonntagen.
    Aber irgendwann erwischt es jeden mal. Eines Tages begegnete Gussie Madeline Bassett, verknallte sich in sie und kam aus seiner Abgeschiedenheit hervor, um ihr den Hof zu machen. Und nach allerhand Zwischenfällen zündete es dann schließlich, so daß er jetzt drauf und dran war, in die Graugestreiften zu steigen, sich eine weiße Nelke ins Knopfloch zu stecken und mit diesem gräßlichen Mädchen zum Altar zu schreiten. Ich sage »gräßliches Mädchen«, weil sie wirklich ein gräßliches Mädchen war. Wir Woosters sind zwar Kavaliere, aber wir können auch sehr unverblümt sein. Sie war eine gefühlsduselige Schnulzensuse mit Plüschaugen und Säuselstimme, die in bezug auf Sterne und Hasen die absurdesten Ansichten vertrat. Einmal hat sie mir zum Beispiel erzählt, Hasen seien Zwerglein vom Hof der Feenkönigin und die Sterne wären des lieben Gottes Gänseblümchen. Das ist natürlich alles Quatsch. Sie sind nichts dergleichen.
    Tante Dahlia ließ ein leises Glucksen vernehmen, denn an die Rede, die Gussie in Market Snodsbury gehalten hatte, erinnerte sie sich immer mit größtem Vergnügen.
    »Der gute alte Spink-Bottle! Wo steckt er denn jetzt?«
    »Auf dem Landsitz der Bassetts – Totleigh Towers bei Totleigh-in-the-Wold in Gloucestershire. Er ist heute früh hingefahren. Sie wollen in der Dorfkirche heiraten.«
    »Gehst du auch hin?«
    »Auf keinen Fall!«
    »Na ja, es wäre auch zu schmerzlich für dich. Schließlich bist du selbst in das Mädchen verschossen.«
    Ich sah sie entsetzt an.
    »Verschossen? In eine Person, die ernsthaft glaubt, daß jedesmal, wenn sich eine Elfe das Näschen putzt, ein kleines Kind geboren wird?«
    »Du warst aber mal mit ihr verlobt.«
    »Ja, ungefähr fünf Minuten lang und ohne daß ich etwas dafür konnte. Und das«, sagte ich mit einiger Heftigkeit, »weißt du auch ganz genau, meine liebe Tante!«
    Ich zitterte leicht, denn an diese Episode aus meinem Leben wurde ich nicht gern erinnert. Damals war nämlich, um es kurz zu sagen, folgendes passiert: Gussie, dessen Nerven unter dem Zusammenleben mit Molchen gelitten hatten, brachte es nicht fertig, der Bassett seine Liebe zu gestehen, und er bat mich, ich solle das für ihn erledigen. Und als ich ihr dann was von einem liebenden Herzen erzählte,
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