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Alte Feinde Thriller

Titel: Alte Feinde Thriller
Autoren: Duane Louis
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Gehör funktionierte noch lang genug, um mitzukriegen, wie Erna den Rest des braunen Papiers von den Fenstern riss. Die Nervenbahnen unter meiner Haut registrierten, wie Hitze und Licht stärker wurden, zogen sich zusammen und vertrockneten.
    Und dann war ich fort.
     
    Als ich zu mir kam, lag ich immer noch in derselben Position wie vorhin auf dem Boden. Mit dem Bauch nach unten. Den Kopf zur Seite gedreht. Aus meinem Mund tropfte Spucke.
    Keine Ahnung, wie lange ich dort lag oder wie lange ich dort noch liegen würde, denn ich war komplett gelähmt, von Kopf bis Fuß. Genau wie meine Finger, genau wie mein rechter Arm. Ich wusste zwar, dass mein Körper noch da war, und zwar in seiner Gänze. Doch ich hatte null Kontrolle über ihn.
    Ich konnte hier sterben.
    Ich konnte hier sterben, und niemand würde es mitbekommen.

     
    Ich glaube, es waren mehrere Stunden vergangen, als sich die Tür quietschend öffnete. Ich hörte schwere Schritte.
    »Hallo, du Scheißkerl. Wir haben den 18. Juni 2009.«
    Mein Gott. Nein.
    Zunächst trat sie vor mich hin. Sie wollte sichergehen, dass ich sie ebenfalls erkannte, dass ich wusste, wer mir das antat. Es war Erna, die Stadtstreicherin von der Frankford Avenue. Dort war sie schließlich gelandet, nachdem sie erlebt hatte, wie man ihren Sohn in die Anstalt gesteckt und ihren Liebhaber unter der Hochbahn erstochen hatte. Bereits 1972 war sie verrückt gewesen, und die darauffolgenden Jahre hatten kaum dazu beigetragen, ihren Zustand zu verbessern.
    Doch was sie wirklich in den Wahnsinn getrieben hatte, das wurde mir jetzt klar, waren all die Toten, die vor ihren Augen durch ihr Apartment spaziert waren, und durch die leeren Apartments, die sie saubermachte. Dabei schnitten sie Grimassen, sie blödelten einfach herum und hatten ihren Spaß. Dr. DeMeos Patienten, die in die Vergangenheit oder zum Teil sogar ein paar Jahre in die Zukunft gereist waren. Sie dachte, sie verlöre den Verstand, und trotzdem hatte sie Angst gehabt, sich dem Doktor anzuvertrauen, denn dann hätte sie ihre Wohnung und ihren Job eingebüßt, und was hätten sie dann tun sollen? Also behielt sie die Sache für sich und versuchte, die Erinnerung an die toten Menschen in Alkohol zu ersäufen.
    Außer die Erinnerung an jenen Toten, der ihr die
Wahrheit gesagt hatte. Dass er in Wirklichkeit noch am Leben war, in einem ganz anderen Jahr. Er war sogar so freundlich gewesen, ihr das Datum zu nennen.
    Also hatte Erna gewartet.
    Und am 18. Juni 2009 suchte sie erneut diesen Wohnblock auf.
    Und feuerte die drei verblieben Kugeln aus der Pistole ab, die sie siebenunddreißig Jahre lang aufgehoben hatte.
    »Verstehst du jetzt?«
    Sie schoss mir dreimal in den Rücken, direkt zwischen die Schulterblätter.
     
    Willie Shahid, der Besitzer des Kiosks im Erdgeschoss, hörte drei laute Explosionen hintereinander, dann trampelte jemand die Treppe hinunter und lief aus der Haustür. Er schaffte es gerade noch rechtzeitig nach draußen, um zu sehen, wie eine alte Frau die Frankford Avenue hinunterhastete. Bestimmt fragte er sich, was hier los war. Dann verriegelte er die Eingangstüren seines Ladens und lief, das Handy in der Hand, nach oben, um nachzusehen.
    Willie stand jetzt vor meiner Wohnungstür - 3-A. Er klopfte und wartete. Irgendetwas stimmte nicht. Er schnupperte; der beißende Geruch von Magnesium und verbranntem Papier stieg ihm in die Nase. Schießpulver. Der Geruch war Willie Shahid nicht unbekannt. Nicht in diesem Viertel.
    Also klappte Willie sein Handy auf und wählte den
Notruf, gab die Adresse und sogar das Stockwerk durch.
    Kurz darauf trafen die Rettungssanitäter ein und schließlich drei Streifenwagen der Polizei vom 15. Revier.
    Die Rettungssanitäter hievten mich auf eine Trage und brachten mich aus dem Gebäude, während über uns die Hochbahn vorbeidonnerte.
    Doch zu diesem Zeitpunkt war ich bereits tot.

XIII
    Mein anderes Leben

    Seht ihr die Leiche auf dem Stahltisch des Bestatters, die darauf wartet, dass man sie mit Formaldehyd und einer Reihe anderer Konservierungschemikalien vollpumpt?
    Das bin ich.
    Keine Ahnung, wie lange ich schon tot bin, aber ich schätze, ungefähr einen Tag. Wie bereits erwähnt, für einen Toten passiert offensichtlich alles gleichzeitig. Wenn man lebt, scheint der Zeitpfeil lediglich in eine Richtung zu fliegen. Für die Toten ist das anders. Sobald man jene unsichtbare Grenze überschritten hat, sieht man die Dinge, wie sie wirklich sind.
    Ich habe mich von meinem
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