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Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)

Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)

Titel: Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
Autoren: Philip Carter
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hinter sich her schleifen, um ihre Spur zu verwischen und ihren Geruch vor den Hunden zu verschleiern.
    Es dauert zu lange, es dauert zu lange.
    Jede Sekunde würden die Suchlichter zurück sein, Maschinengewehrfeuer würde sie niedermähen, und ihre Leichen würden am Lagertor hängen, als Fraß für die Wölfe.
    Sie merkte erst, dass Nikolai stehen geblieben war, als sie gegen ihn stieß, so heftig, dass er aufstöhnte und fast in die Stacheldrahtrollen gestolpert wäre.
    Er machte ihr ein Zeichen, sie solle zuerst gehen. Sie kroch auf dem Bauch durch die Öffnung, nachdem sie ihr unhandliches Gepäck zuerst durchgeschoben hatte, und die ganze Zeit schrie es in ihrem Kopf: Es dauert zu lange, es dauert zu lange. Die Suchscheinwerfer würden über sie streichen, es würde Rufe geben, Kugeln…
    Dann war sie endlich auf der anderen Seite des Drahts. Sie rappelte sich hoch und blickte zurück. Alles, was sie von Nikolai sah, war sein Kopf, der aus dem Schnee ragte. Er bewegte sich nicht.
    Erst dachte sie, er sei beim Anblick eines Wächters erstarrt, aber dann begriff sie, dass er mit dem Rücken seines Mantels im Stacheldraht hängen geblieben war. Er schüttelte sich, zerrte und zerrte, aber er kam nicht los. Eisbrocken rieselten in den Drahtwindungen nach unten. Einen Augenblick später hörte sie, wie eine Waffe durchgeladen wurde.
    » Halt!«
    2
    Ihr Herz blieb beinahe stehen vor Angst.
    » Heilige Muttergottes, nicht schießen«, hörte sie die Stimme eines alten Mannes von den Latrinen herüber. » Ich fliehe nicht. Das Einzige, was sich hier dünnmacht, ist der Inhalt meiner armen Eingeweide.«
    Lena versuchte, Nikolais Mantel freizubekommen, aber er hing weiter fest.
    » Kann das nicht bis morgen warten?«, ertönte eine andere, jüngere Stimme. Sie gehörte dem Mann mit der Waffe.
    » Kurz gesagt… nein.«
    » Dann beeil dich.«
    Lena riss noch einmal mit aller Kraft an dem Mantel, und endlich kam er mit einem Ruck frei.
    » Beeil dich. Was habt ihr nur immer mit eurem: Beeilung, Beeilung? Der Staat hat mir fünfundzwanzig Jahre in diesem Paradies geschenkt, warum sollte ich da etwas überstürzen?« Die Stimme des Alten verstummte abrupt, als der gefrorene Schnee ringsum in ein gelbes Gleißen ausbrach.
    Die Suchscheinwerfer waren wieder an.
    Nikolai stürmte unter dem Zaun hervor. Er packte Lena am Arm und zog sie mit sich. Aus dem Augenwinkel sah sie einen hellen Lichtbogen auf sich zuschwenken, immer näher und näher. Furcht packte sie. Sie würden es nicht schaffen…
    Wildes Heulen, Fauchen und Schnappen erfüllte plötzlich die Nacht. Die Wölfe hatten sich endlich an den toten Zek herangemacht. Die Suchscheinwerfer schwenkten zum Eingangstor herum. Die Wachen auf den Türmen feuerten. Ein Mann schrie.
    Lena stolperte, fiel beinahe, aber sie sah nicht zurück.
    Außerhalb der Reichweite der Suchscheinwerfer angekommen, blieben sie gerade lange genug stehen, um ihre Schneeschuhe anzuschnallen. Lena lauschte nach dem Gebell von Hunden, dem Knirschen der Kufen an den Schlitten der Soldaten, aber nur der Wind war zu hören.
    Sie waren kaum eine Meile weit gegangen, als der Wind stärker wurde, ihnen Kügelchen aus Schnee ins Gesicht trieb und den losen Schnee auf der Erde zu Eiswolken in die Höhe peitschte. Lena blieb stehen, um sich die Augen zu reiben und die Eiszapfen von den Brauen zu klopfen.
    Nikolai taumelte an ihre Seite. Er beugte sich vor, stützte die Hände auf die Oberschenkel und rang nach Atem.
    » Der Schneesturm wird bald über uns hereinbrechen.« Lena musste ein wenig schreien, damit er sie über den Wind hören konnte. » Dann wird das Vorwärtskommen mühsam.«
    Nikolai legte den Kopf schief und grinste. » Mühsam, ja? Und wie nennst du das bis hierher? Einen Strandspaziergang?«
    Lena schüttelte den Kopf. Es würde zu viel Atemluft kosten, es zu erklären, und man konnte es ohnehin nicht erklären. Ein Purga war etwas, das man erlebt haben musste, um es zu glauben, und wenn es so weit war, konnte man nichts tun als beten, dass einen das Erlebnis nicht umbrachte. Bald würde es keine Spuren hinter ihnen geben und keinen Horizont vor ihnen, keine Erde und keinen Himmel. Nur Schnee und Wind jenseits aller Vorstellung.
    Nikolais ganzer Körper hob und senkte sich plötzlich in einem Hustenanfall. Als er schließlich wieder bei Atem war, sagte er: » Das ist die verdammte Kälte. Sie zerfetzt deine Lunge zu Konfetti. Wie weit ist es noch bis zu dieser Höhle von dir?«
    » Nicht
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