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Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)

Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)

Titel: Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
Autoren: Philip Carter
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dich gern siehst, was, Nikki?
    Hinter dem Plakat war ein Wandbrett nur lose angeschraubt statt festgenagelt, und dahinter befand sich eine sechzig mal neunzig Zentimeter große Vertiefung in der Wand. Lena spürte förmlich, wie wertvolle Minuten verrannen, während sie die aus Häuten gefertigten Schlafsäcke, die Handschuhe und Pelzmützen herauszog sowie eine Foffaika für jeden von ihnen– Mäntel aus dem wärmsten Teil von Rentierfellen. Für Nikolai gab es noch Hosen mit Wollfutter wie ihre eigenen und ein Paar Filzstiefel.
    Sie gab ihm diese Dinge schweigend, und er begann, sie über seine abgerissene Gefangenenkleidung zu ziehen.
    Sie grub den Rucksack aus, den sie mit getrocknetem Schwarzbrot vollgestopft hatte; er enthielt außerdem einige Brocken Fett, die sie aus der Personalküche stibitzt hatte, eine Drahtschlinge zum Fallenstellen, eine Zunderbüchse, eine kleine Flasche Wodka und die paar hundert Rubel, die sie von ihrem kleinen Gehalt zusammenkratzen konnte. Sie gab Nikolai die Schlafsäcke und lud sich den Rucksack selbst über die Schultern.
    Als Nächstes holte sie die Schneeschuhe heraus– dünne Leisten Splintholz, zu Bogen geformt und mit Streifen aus Rentierleder verwoben. Jede Spur, die sie hinterließen, so hoffte sie, würde vom fallenden Schnee verdeckt werden.
    Nikolai lachte, als sie ihm sein Paar Schneeschuhe gab. » Du meinst, wir müssen zu Fuß hier rausmarschieren? Nach all den Wundern, die du aus diesem Loch zauberst, habe ich jetzt nicht weniger als einen Schlitten und acht Rentiere erwartet.«
    Lena legte den Zeigefinger an die Lippen, aber sie lächelte wieder. Dann zog sie eine letzte Sache aus dem Versteck: ein in schlecht gegerbte Schafhaut gewickeltes Messer, das sie dem Koch gestohlen hatte; der Mann war die ganze Zeit so betrunken von selbst gebranntem Wodka, dass er es nicht einmal gemerkt hätte, wenn man mit seinem Kopf davonspaziert wäre.
    Es war ein Kandra, ein Yak-Messer mit einer furchterregend krummen doppelschneidigen Klinge, und Nikolai pfiff leise durch die Zähne, als er es sah. Lena machte Anstalten, es ihm zu geben, aber im letzten Augenblick steckte sie es stattdessen in den Bund ihrer eigenen Hose. Dann band sie das Schaffell mit einem langen Stück steifem Seil um ihre Hüfte.
    Sie sah unter ihrer Fellmütze hervor Nikolai an. » Bist du bereit?«
    Er salutierte großspurig, und in diesem Augenblick liebte sie ihn mehr als das Leben selbst.
    Das Fenster war zugefroren, aber Nikolai zerbrach das Glas mit dem Ellbogen. Lena kroch zuerst hinaus und ließ sich zu Boden fallen, und sie befürchtete, einen Wächter Alarm schlagen zu hören. Eine plötzliche Bewegung beim Eingangstor ließ ihr Herz für einen Moment aussetzen, aber es waren nur die gespenstischen Silhouetten der Wölfe.
    Vom Krankenrevier schlichen sie in tiefer Dunkelheit zu den Latrinen. Es schneite jetzt heftiger, große nasse Flocken. Der Sergeant hatte recht gehabt, dass ein Purga kam. Die Kälte wog jetzt schwerer und roch metallisch.
    Der Strahl eines Suchscheinwerfers strich an ihnen vorbei, und sie drückten sich an die raue Latrinenwand.
    Lena betrachtete die weite, offene Fläche der Zaprethaya Zona – des Niemandslands. Es erstreckte sich vom Rand der Lagerbauten zu einem sechs Rollen hohen Zaun aus Stacheldraht. Das Gelände wurde beständig von einem Paar Suchscheinwerfern bestrahlt, die auf den Wachtürmen links und rechts davon montiert waren. Jeder, der einen Fuß in die verbotene Zone setzte, ob Gefangener oder freier Arbeiter wie sie selbst, wurde unter Beschuss genommen.
    Es war Nikolai, dem eine Stelle aufgefallen war, wo der Zaun nicht den Konturen des Untergrunds folgte. Eine kleine Senke hier hinter den Latrinen bildete eine Lücke, die groß genug war, dass sie sich unter dem Stacheldraht durchzwängen konnten. Und Nikolai war auch dahintergekommen, dass die Suchscheinwerfer beim Wachwechsel für fünfundvierzig Sekunden dunkel blieben.
    Jetzt aber schnitten leuchtend gelbe Lichtkegel kreuz und quer über die glatte weiße Schneefläche. Lena sah auf ihre Uhr, an ihren Wimpern hingen Eiskristalle. Schon nach Mitternacht. O Gott … Sie waren zu spät dran. Die Wachen mussten bereits gewechselt haben, als sie noch im Lagerraum gewesen waren, und jetzt saßen sie hier draußen fest und konnten weder vor noch zurück…
    Die Scheinwerfer gingen aus.
    Nikolai lief bereits. Lena folgte in seinen Fußspuren und ließ die kräftig riechende, nur halb gegerbte Schafhaut
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