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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda
Autoren: Magdalen Nabb
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Schlag auf meinen Kopf. Dann packte er mich an den Haaren und zog mein Gesicht so nahe an sich heran, daß ich garantiert jedes geflüsterte Wort verstehen mußte. Fettiger Talg, getrocknetes Blut. Ich hielt den Atem an. »Wir sind nicht deine Scheißdiener. Ich weiß, du bist es gewöhnt, daß dir ständig so ein armes Schwein hinterherscharwenzelt und deinen Mist wegräumt, aber hier ziehen wir andere Saiten auf! Es langt schon, daß wir deine Scheiße wegputzen müssen…«
    »Das ist nicht meine Schuld!« Ich konnte nicht mehr an mich halten. Wozu mich beugen, wenn er trotzdem auf mich einschlug? »Sie haben mich verschleppt! Sie haben mich hier drin angekettet! Ich hätte draußen im Wald austreten können. Es ist nicht meine Schuld!« Ich war darauf gefaßt, daß er mich jetzt umbringen würde. Statt dessen schob sich ein zweiter schwarzvermummter Kopf ins Zelt.
    »Was ist denn los?« Das war die Stimme des Holzfällers. »Komm raus da, ich mach das.«
    Was meinte er?
    Sein Kopf verschwand. Der Metzger versetzte mir einen Tritt. »Das liest du auf, du Schlampe, bis auf den letzten Krümel!«
    Als er weg war, begann ich mit einer angefeuchteten Papierserviette die Brotkrumen aufzutupfen. Der Metzger würde weiter nach Vorwänden suchen, um mich zu schlagen, das wußte ich – sei es, weil er mich für eine skrupellose Kapitalistin hielt, sei es aus einem anderen Grund. Wie töricht, eigens nach einem Vorwand zu suchen, um eine hilflos angekettete Gefangene zu mißhandeln. Oder mußte er sich vor den beiden anderen rechtfertigen? Waren die mit seinen brutalen Methoden nicht einverstanden? Der Wortwechsel im Auto fiel mir ein.
    Du rührst sie nur an, wenn ich es sage. Ich hafte für die Ware… Und wer führte hier das Kommando? Um das herauszufinden, mußte ich einen kühlen Kopf bewahren. Wenn sie Geld von mir erpressen wollten, mußten sie mich am Leben erhalten. Doch schon ein unglücklicher Schlag auf den Kopf, eine verschleppte Infektion, eine Lebensmittelvergiftung – so vieles konnte tödlich sein. Wenn ich überleben wollte, mußte ich mit ihnen zusammenarbeiten. Ich wünschte mir den Holzfäller als Anführer. Vielleicht war er es, immerhin hatte er den Metzger aus dem Zelt gewiesen.
    Der Reißverschluß ging auf. Ein maskierter Kopf lugte herein. Ich erkannte den Holzfäller sofort.
    »Rutsch rüber, ich muß rein.« Er kroch neben mich und legte sich auf die rechte Seite, das Gesicht mir zugewandt. Ich versuchte, seine Augen zu erkennen, aber es war ganz schummrig im Zelt, und die Augenlöcher seiner Strumpfmaske waren bis auf winzige Schlitze zugenäht. Er war groß und kräftig, muskulös, aber nicht dick, und seine Stimme klang eher jung. Er trug eine Pistole im Gürtelhalfter.
    »Leg dich auf den Rücken. Ich muß dir die Augen verbinden.«
    »Nein! Oh, bitte nicht! Hier drin ist es doch ganz dunkel, und ich werde keinen Blick nach draußen riskieren, Ehrenwort…«
    »Sei still, es ist zu deinem Besten. Denn wenn du was siehst, bist du tot.«
    »Aber ich bin doch ständig hier drin. Ich habe keine Ahnung, wo wir sind, und Sie, Sie tragen alle Masken.«
    »Was auf die Dauer verdammt lästig ist. Es ist sicherer für dich, wenn du nichts sehen kannst.«
    Aus der Plastiktasche, die der Metzger herausgesucht hatte, zog er eine breite Rolle baumwollbeschichteten Klebebands und riß ein paar Streifen davon ab.
    »Du sollst stilliegen, verdammt noch mal!« herrschte er mich plötzlich an. Ich lag ganz ruhig, atmete kaum. Warum dann dieser Ton? Nach all dem stimmverzerrenden Geflüster erschreckte mich allein schon seine unvermutete Lautstärke. Trotzdem spürte ich, daß sein Zorn nicht echt war. »Glaub mir«, raunte er gleich darauf leise, »so ist es sicherer für dich. Hier, halt mal, damit die nicht verrutschen.« Er hatte mir je ein Mullpolster auf die Augenlider gelegt, und ich hielt sie mit den Fingern fest, während er das Klebeband zurechtschnitt. Je ein Pflaster, um die Mullpolster zu befestigen, dann drei lange, breite Streifen, die von Schläfe zu Schläfe reichten und von denen der mittlere direkt über, die beiden anderen oberund unterhalb der Augenpartie verliefen. Während er das Klebeband über dem Nasensattel gewissenhaft festklopfte, fühlte ich mich mit jeder neuen Lage Pflaster blinder und blinder werden, eine paradoxe Reaktion, hatte ich doch schon nach dem ersten nichts mehr sehen können.
    »Rühr die Pflaster ja nicht an! Laß die Finger davon, hörst du?«
    Warum schrie er
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